Wer liebt, verliert


Immer wieder muss ich über die Flüchtigkeit im Leben nachdenken - wie die Zeit vergeht und alles mit sich nimmt, schöne und hässliche Erlebnisse, wie man altert und die Jugend verliert, wie Menschen ins Leben treten und das Herz leer hinterlassen ... Mein Stolz war verletzt, als sie mir sagte, dass sie sich unsere Beziehung nur als Freundschaft vorstellen kann, allerdings mit Sexeinlage. "Wir haben einfach zu unterschiedliche Lebenseinstellungen", meinte sie. Auf der anderen Seite könne sie sich aber nicht vorstellen, mich nicht mehr in den Arm zu nehmen, und so weiter ... Wir saßen vorm Kaffeehaus und genossen die letzten Strahlen der Abendsonne. Sie trank Bananenweizen. Ich zog meine Hand von ihr zurück. Alles in mir verfinsterte und verhärtete sich. "Ich bin also nichts weiter als ein Notnagel für dich", sagte ich und trank hastig von meinem Bier. Ich wollte allein sein mit meiner Enttäuschung und meinem Schmerz. Sie schwieg und startete auf dem Weg zum Auto noch einen Annäherungsversuch, den ich abschüttelte.
Wir haben wirklich ziemlich verschiedene Lebensanschauungen. Sie ist materialistischer eingestellt, was sie auch unverhohlen zugab. Sie träumt von einer Karriere im Vertrieb von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten. "LR" heißt die Zauberfirma. In der Realität lebt sie in Scheidung, hat zwei Jungs im Alter von Zehn und Sieben und muss 50% als Nachtwache im Altenheim arbeiten, um über die Runden zu kommen. Bei der Arbeit hatten wir uns auch kennen gelernt.
Wir redeten selten über Politik, da schnell klar war, dass wir auf diesem Feld unterschiedlich gepolt sind.
Vorm TV kristallisierte sich diese Unterschiedlichkeit am Stärksten heraus. Während ich bei Problemfilmen mit litt, mich bei politischen Fernsehdiskussionen ereiferte, bevorzugte sie leichte Komödien mit viel Flitter und konnte sich nicht satt sehen am Leben der Reichen und Schönen. Da kam es schon mal vor, dass ich darüber ablästerte ... Wer lässt sich aber schon gern seine Träume ausreden? Sind Träume von Reichtum und schönem Leben nicht allzu verständlich?
Mir sind Ideale wie Freiheit und Gerechtigkeit wichtiger. Doch habe ich den Eindruck, dass dies nicht gerade "en vogue" ist.
Die beste Übereinstimmung hatten wir beim Sex. Ihr Ehemann muss eine ganz schöne Niete gewesen sein. Am meisten ärgert mich, dass sie wohl recht hat mit ihrer Einschätzung - eine richtige Partnerschaft wäre bei solchen Unterschieden im Denken schwer möglich gewesen. Ich war dumm, als ich mich in sie verliebte. Blind und dumm (ist ja meist ganz normal in einem solchen emotionalen Ausnahmezustand). Jetzt blutet das Herz erneut, und der Stolz hängt in den Seilen. Natürlich hätte ich es gestern noch abbiegen können, vorm Kaffeehaus oder auf dem Nachhauseweg, und wir würden einfach so weitermachen, freundschaftlich und sexuell ...; bis sie mich dann eines Tages abserviert hätte - Männer, die wie sie materialistisch drauf sind, gibt`s schließlich wie Sand am Meer. Ich, ohne Kfz und mit einer bescheidenen 1 1/2 Zimmerwohnung, könnte und wollte da gar nicht mithalten.
Außerdem bin ich nicht so größenwahnsinnig zu glauben, dass ich der beste Stecher weit und breit bin.
Nein, besser ich schlage die Türe hinter ihr zu, als dass ich zeitbegrenzt hauptsächlich als Objekt ihres sexuellen Appetits diene.
Leichter ließe es sich freilich ohne diesen Stolz und die ganzen Ideale leben. Ist mein Idealismus Heuchelei? Aber ich mag nun mal keine Menschen, die im Luxus schwelgen; und davon zu träumen, verbiete ich mir. Das Totschlagargument Neid ist es nicht. Ich empfinde tiefe Abscheu gegenüber allem, was unverhältnismäßig und ungerecht ist. So gesehen fühle ich sozialistisch. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man anders fühlen kann.

Good Bye, My Love.
Ranunkelchen - 12. Aug. 10, 20:21

vielleicht hast du auch garnicht sie geliebt, sondern ein bild, was du von ihr hattest?

du stellst sie dar als eine person, die sich einfach nimmt, was ihr gefällt (vielleicht ohne viel gedanken drum herum...) und jetzt nimmt sie sich auch noch die freiheit, dich abzuservieren?! das zumindest schreibt dein gekränkter stolz...du wolltest dich mit dieser wenigen übereinstimmung zufrieden geben, begnügen. sie nicht. das wirfst du ihr vor?

bonanzaMARGOT - 13. Aug. 10, 09:30

geliebt habe ich bestimmt kein bild, ranunkelchen, sondern eine ganze frau.

ich beendete die geschichte, weil sie mich vor ihren freunden/freundinnen verleugnet, und ich keinen bock auf ein schattendasein für sex und eine seltsame nicht näher definierte art von freundschaft habe.
es ist schlicht demütigend für mich. bevor ich abserviert werde, ziehe ich allerdings lieber selbst einen schlußstrich.

man kann einen menschen trotz wesentlicher unterschiede in der gesinnung lieben - dummerweise ...

was soll ich ihr vorwerfen? ich bin wütend, enttäuscht und verletzt. einfach scheiße.
Ranunkelchen - 13. Aug. 10, 15:45

hat nicht sie "die geschichte" beendet im kaffee? sicher wußte sie doch um deine prinzipien und ehrenhaften moralvorstellungen...
aber ich versteh schon deine gefühle. laß sie raus, das ist auf jeden fall gut!
und fühl dich mal unbekannt gedrückt von ferne.
Lange-Weile - 13. Aug. 10, 18:12

Projektion der Sehnsüchte

Hallo Bo.,

das Liebe und Leid eng beieinander liegen, wurde schon in so vielen Liedern besungen. Aber wer liebt, der öffnte sich und ist dem Partner gegenüber ohne emotionalen Schutz. Aber wie sonst sollte der Mensch sich selbst kennen lernen, wenn nicht durch die Nähe eines anderen Menschen und den damit verbundenen Emotionen, die in jede Richtung ausschlagen, ja sogar wuchern können.

Wer aus einer frustrierden Ehe in eine neue Beziehung einsteigt, projeziert gern seinen Traumprinzen in den neuen Partner und der erst mal heiße Sex übertrahlt alles. Doch dann klärt sich ganz langsam das verklärte Bild und die Realitäten dringen ins Bewußtsein und nachdem man sich an die Gemeinsamkeiten gewöhnt hat, erfolgt die Darstellung der Unterschiedlichkeiten und mit ihm die Desillusionen vom verklärten Bild des Gegenübers.

Ernüchterung ist immer schmerzlich und es beginnt die Phase der Akzentanz, Anpassung und Zusammenwachsen. Wenn jeder dem anderen in seiner Lebensauffassung etwas näher Rückt, kann dies auch geschehen. Aber all zu oft, verhaart jeder zu gern auf seinem Ende der Fahnenstange und möchte sich auf die andere Lebensweise nicht so wirklich einlassen.

Während ich mich gern anspruchsvoll mit meiner Umwelt auseinander setzte, sah mein damaliger Bekannter am liebsten die Rosamunde Plicher Filme. Während er sich schon an den ersten Bildern erfreute, wurde mir von dem Kitsch schon schlecht. Die Frau Rosamunde Pilcher lebt und schreibt in der Wiederholungschleife der kitschigen Sehnsüchte und trifft damit den Nagel vieler Menschen auf den Kopf. Alles was darüber hinaus geht, ist anstregend und langweilig.

Aber mich würde das zu Tode langweilen, ja es würde sogar meinem Leben den Sinn stehlen.

Mit anderen Worten gesagt, ich schwang nicht im entferntesten in Resonanz mit den (aus meiner Sicht) kitschigen Sehsüchten und sah zu, dass ich aus der Nummer wieder raus kam.

Jede gescheiterte Beziehung hat mich ein wenig nüchterner und kritischer für die Lebensweisen anderer werden lassen und mit dem älter werden bin ich auch stärker mit meiner Lebenseinstellung verwachsen.

Ich denke, dass heut viele Beziehungen aus Angst vor dem Allein sein eingegangen werden und so kann es zu kommen, dass jemand zum Notnagel gemacht wird, ohne sich dessen bewußt zu sein.

Ich drücke dir meine Daumen, dass dein Stolz sich schnell wieder aus dem Seilen hebt und wie du es tuts, alles noch einmal nüchtern betrachtet.

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 14. Aug. 10, 10:14

natürlich sehe ich es auch ganz nüchtern, lawe. wenn es grundlegende unterschiede in der lebenseinstellung gibt, ist eine partnerschaft kaum vorstellbar. es braucht schon ein paar wichtige überschneidungen, sonst fühlt man sich mehr und mehr unwohl.
die unterschiede machen sich im alltag nicht immer bemerkbar, vorallem wenn man sich relativ selten sieht. da überwiegt dann die wiedersehensfreude ..., die zärtlichkeit und das sexuelle. drum kann sich eine solche beziehung ungleicher partner über viele monate ziehen.
was mich am schluß demütigte und ärgerte, ist, dass sie nicht zu mir stand; trotzdem aber auf die annehmlichkeiten, häuptsächlich den sex, nicht verzichten wollte. so nötig habe ich`s dann aber auch nicht.
ja, du hast recht, es wird nicht leicht, wieder allein zu sein. dieses gefühl ist viel schwieriger zu kompensieren als fehlender sex.

sie ist meist im stress - kein wunder als mutter von zwei kindern, 50% nachtwache und dann noch mit dieser "LR"-kosmetik-sache, wo sie regelmäßig seminare besucht und kontakt mit geschäftskolleginnen und kunden hält. außerdem hat sie einen recht großen freundes- und bekanntenkreis. dafür, wie sie das alles managt (jetzt ja auch noch die scheidung), habe ich sie bewundert.
mein leben ist dagegen eine hängematte.

im nachhinein ist man ja bekanntlich immer klüger ...
auch diese wunde wird die zeit heilen. zurück bleiben erinnerungen, erfahrungen - noch schmeckt die pille bitter.
bonanzaMARGOT - 14. Aug. 10, 11:05

apropos: mit rosamunde pilcher könntest du mich jagen ...
dabei mag ich schon auch mal leichte kost - aber keinen schmalz und auch keinen kitsch.
es gibt tv-serien und filme, die leichte kost trotzdem anspruchsvoll präsentieren - durch gute schauspieler, ein gutes drehbuch, gute kamera, regie etc.

nachhaltig bleiben in mir aber nur filme haften, die mich tief aufgrund ihrer tragik und problematik berühren.
bei literatur verhält es sich ähnlich.
Lange-Weile - 15. Aug. 10, 16:08

aus der Mitte

Hallo Bo.,

ich sag mir immer - entscheidend ich nicht, was der Mensch sagt, sondern wie er handelt. Und damit meine ich nicht nur den Rest der Welt - also mich ausgenommen - sondern auch mich.

Nicht selten überraschte ich mich in der Vergangenheit beim handeln, dass entgegen meiner innerer Absicht war. So verloren sogar mir gegenüber meine Worte an Bedeutung, weil mein unbewußter Wille wohl ein anderer war.

Heut passiert mir das nicht mehr. Ich hab denken und handeln auf eine Schiene gebracht. Was mich vorher zweigleisig erscheinen lies, war die Erwartungshaltung, die ich an mich stellte oder von der ich glaubte, dass man sie an mich stellt. Das war aber ein langer Weg der Irrungen und Wirrungen und ich denke, dass ich auf meinem Weg sicher auch Menschen enttäuscht oder gar verletzt habe.

Wenn deine Bekannte dich in ihren Kreisen nicht einführte, hatte sie sicher auch nie die wirkllich Absicht, obwohl sie es verbal vielleicht sogar anders über die Lippen brachte.

"Weniger ist mehr" sagten meine Yogateilnehmer zu mir, als ich ihnen mal ein karges Yogaprogramm anbot. Ich befürchtete immer, dass sie sich langweilen oder immer das volle Programm für ihr Geld erwarteten, aber dem war nicht so. Heut biete ich weniger an und gebe ihnen ihren Aussagen nach mehr.

Ich denke, deine Bekannte ist in dem Lebensabschnitt, wo sie noch alles will oder auch aus Angst vor einer drohenden Armut handelt.. Viele Jobs zu machen ist hart und treibt jeden Menschen auch irgendwie ais seiner Mitte und der Mittelpunkt verlagert sich auf andere Schwerpunkte.

Das Vertriebsleben kenne ich zu genüge um zu wissen, dass ich mir dies nie wieder antun werde. Du mußt von morgens bis abends ans Geld denken, denn das ist die einzige Motivationsschiene, die einem in diesem Job weiter bringt. Wenn dieser Vertrieb auf einem Netzwerk aufbaut, dann wirkt der Druck ganz subtil. Bei jeden Zusammentreffen der Gruppe werden die Besten der Besten vorgeführt und wer weniger Umsatz als die Besten der Besten hat, fühlt sich bald als ein Versager.

Oh ...neee -.. ich kam mir in einem Moment der Erleuchtung vor wie in einem Affenzirkus - vielleicht war er es auch. Ich ging gegen den Eindruck gegen an und je mehr ich es tat, je mehr entfernte es mich von meinem Leuten, die ich um mich hatte, weil ich mich von ihnen entfernte. Für mich hatte das Network in Nachgang etwas sektenhaftes.

Es könnte sein, dass deine Bekannte einfach zu viel um die Ohren hat und muss einiges über Bord werfen um nicht abzustürzen.

Wie du siehst, es gibt so viele möglchen Gründe für die Motive des handelns.

Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag

Gruß LaWe
bonanzaMARGOT - 16. Aug. 10, 11:17

lawe, ich hatte schon desöfteren ärger, weil ich in der regel sage, was ich denke - weil ich schwer lügen kann.
leider muss man immer mal in der praxis "das handeln in der theorie" korrigieren. so geschieht es z.b. oft beim treueversprechen von liebespaaren.
und es ist wahr, was du sagst, dass man sich aufgrund von erwartungshaltungen oder wünschen gerne mal verplappert - bestes beispiel sind unsere politiker.

starke und besondere menschen ziehen mich an. das war mit ein grund, warum ich mich in diese frau verliebte.
der materialismus ist bei ihr eine lebenseinstellung, der nicht aus der notwendigkeit heraus geboren ist. sie hat an dem flitter und dem luxus-leben, wie es gezeigt wird, wirklich gefallen, während ich da eher mit abscheu reagiere.
sie ist ein mensch, wo "action" braucht. die LR-sache macht sie gern, wie sie sagt. richtig verdienen tut sie damit nicht, aber sie träumt davon aufzusteigen ...
noch ist sie weit davon entfernt, ihre träume von luxus und reichtum zu leben. ich glaube schon, dass sie anfangs auch in mich verliebt war. doch da ich eben mein maul nicht halten kann, merkte sie schnell, dass ich in entscheidenden auffassungen ziemlich konträr drauf bin.
sie hätte mich damals schon in ihren bekanntenkreis eingeführt ..., ich zeigte allerdings kein großes interesse.
das ist auch nicht meine kritik. sie verleugnete mich, indem sie vor ihren freunden/freundinnen vorgab, in keiner beziehung zu sein.
ich habe wirklich keine lust zu warten, bis sie einen passenderen mann aus "ihren kreisen" findet und mir dann endgültig den rücken zukehrt. dann lieber gleich schluss machen, obwohl ich dabei einigen gefühlen die luft abdrehe. nach der trauer kann ich dann wieder freier atmen.
sicher ist es verständlich, dass man sich wünscht, ohne geldsorgen zu leben. das wünsche ich mir auch. doch hasse ich nach wie vor den kapitalismus und das getue der möchtegernreichen und halb-prominenten auf partys, bei empfängen und ehrungen. man sieht davon viel zu viel im tv.
ich kann schwer nachvollziehen, dass menschen daran gefallen finden. aber okay, ich muss nicht alles verstehen und kann mich in toleranz üben. es wäre für mich kein trennungsgrund gewesen, dass wir einige unterschiedliche anschauungen und interessen haben.
ausschlaggebend war für mich, als ich spürte, dass sie eigentlich nur noch den sex und die streicheleinheiten einforderte, aber ansonsten sich zurück zog. und als sie dann von "freundschaft + sex" anfing ..., zog ich die reißleine. eine frau hätte gesagt: geh doch in den puff!
gast - 19. Aug. 10, 16:28

"zog ich die reißleine. eine frau hätte gesagt: geh doch in den puff!"

Und Du hättest ihr sagen sollen, das sie sich nen Callboy bestellen soll.....in diesen "besseren Kreisen" wo sie sich hinträumt ist das doch nichts besonderes.
bonanzaMARGOT - 19. Aug. 10, 16:34

hallo gast, so sexgeil, wie sie nach ihrem "dornröschenschlaf ehe" ist, wird sie bestimmt nicht lange unbemannt sein.

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