testsiegerin - 11. Feb. 10, 14:52

Schön geschrieben. Und wahr.
Manchmal frag ich mich, ob ich nicht ganz normal bin, weil ich mich noch immer ins Zeug lege, weil mir manche Dinge (wie gute Schulungen etc.) einfach ein Herzensanliegen sind und ich mir da die Hax'n ausreiße.
Hätte ich diese Nischen nicht, ich wäre frustriert und ausgeblutet.

Zum Thema Schule eine kleine Geschichte aus dem Schulalltag von Frau Dr. Blubb (meine Tochter).
Sie hat auf alle Deutsch-Schularbeiten eine Eins, weil sie sich halt da einfach leicht tut. Weil sie aber die Projekte nie zeitgerecht abgibt, wirds im Zeugnis immer eine schlechtere Note (was mir wurscht ist).
Bei der letzten Schularbeit mussten sie ein Gedicht analysieren. Das hat sie kurz und bündig gemacht (Versform, Metaphern, irgendwelche Schemata bla bla bla) und dann einen Essay darüber geschrieben, wie hirnverbrannt sie es findet, Gedichte zu analysieren. Gedichte wären dazu da, zu berühren, zu provoieren, aufzuwühlen, aber nicht um analysiert zu werden. Sie könne sagen, was ein Text bei ihr auslöst, aber sich nicht anmaßen, zu zerlegen, was der Dichter sich dabei gedacht hat. Auch nähme man der Sprache die Schönheit, wenn man sie in Einzelteile zerlegt und die Geheimnisse nicht mehr auf sich wirken lassen könne.

Ich fand das grandios. Die Lehrerin nicht so. Und obwohl kein einziger Fehler in dem Text war, bekam sie eine Drei.
Ich bin trotzdem stolz auf sie. Weil sie das gemacht hat, obwohl sie gewusst hat, was das bei der Lehrerin auslösen wird. Möglicherweise nicht sehr pragmatisch. Aber mit Rückgrat.

bonanzaMARGOT - 11. Feb. 10, 15:12

ja, deutsch war damals auch ein problemfach für mich, wo ich extrem mit den noten schwankte. gott sei dank hatte ich dann in der oberstufe eine deutschlehrerin, die mir und meinen etwas unüblichen interpretationen platz einräumte und nicht per se nach im unterricht vorgegebenen mustern die aufsätze verlangte. natürlich wies sie die subjektivität von sich.
mit den schularbeiten tat ich mich leider nie leicht, dabei hatte ich gar nicht das gefühl, dass ich begriffsstutzig sei. sicher ist, dass ich mich schwer tue, lernstoff einfach in mich aufzusaugen. ich lerne am besten, wenn ich eine beziehung zu dem stoff bekomme - also wenn ich dahinter auch einen sinn entdecke. leider trifft das nur auf sehr wenig zu, was man in der schule lernt.
deine tochter (dr. blubb) bewies rückgrat - respekt! sie sollte sich nur nicht den spaß an der sache (literatur, gedichte ...) verderben lassen.
ich erworb den lesespaß erst richtig nach dem abitur, als ich durch freiwillig ausgewählte bücher/autoren immer mehr auf den geschmack kam.
schade, dass für mich der deutschunterricht nur wenig motivation darstellte. es lag rückblickend einerseits am lehrplan, andererseits an deutschlehrern, die eine lebendige materie wie literatur relativ tot und unattraktiv vermittelten.
bonanzaMARGOT - 11. Feb. 10, 15:28

apropos:

deutsch war mein schriftliches abi-prüfungsfach, und ich wählte in der prüfung den gedichte-vergleich, "weltende" von jakob van hoddis gegenüber "weltende" von else lasker schüler.
die anderen prüfungsoptionen waren literaturinterpretationen, die für mich wegen nicht-lektüre nicht in frage kamen. ich hatte fast keine der pflichtlektüren ganz gelesen.
ich weiß noch, wie meine kumpels und ich vorher im pausenhof eine flasche wein tranken, um uns mut zu machen. bei mir reichte es schließlich zu konzeptlos heruntergeschriebenen 10 seiten.
meine deutschlehrerin sagte mir hernach auf einer abiturfeier, dass sie sich beim lesen meiner arbeit köstlich amüsiert hatte - immerhin erhielt ich dann im resultat zusammen mit den wertungen der anderen prüfer noch neun punkte, also so viel wie eine 3+.
von gedichte-vergleichen hatte ich nicht viel schimmer, und so hielt ich mich höchstens die ersten zwei seiten mit der "sezierung", also mit versform etc.etc., auf. danach laberte ich einfach drauf los - keine ahnung, was ich mir da alles aus den fingern saugte.

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