11.09.01
Heute vor acht Jahren. Ich war in Südfrankreich. Auf dem Campingplatz von Cassis, 15 km von Marseille. Der Boden war hart wie die vorherigen Male. Ich sah auf die Felsenküste und fuhr zu den Calanques. Ich hatte mein Fahrrad im Zug von Karlsruhe-Straßburg bis Marseille mitgenommen. Früh morgens kam ich in Marseille an. Es war schön. Der kalte Wind war schön. Ich brannte innerlich.
Ich erinnerte mich an den Campingplatz. Und ich erinnerte mich an Cassis, an den kleinen Hafen, die Bucht, den Strand, den Felsen, die Calanques ..., den Sternenhimmel.
Eine Woche Cassis, Altweibersommer am Mittelmeer, das Meer glitzerte kalt ...; um mir die Zeit zu vertreiben, fuhr ich mit dem Rad zu den kleinen Felsbuchten und zu den Nachbarorten Richtung Toulon.
Ich weiß nicht mehr, wie ich es mitbekam. Es gab keine deutschen Zeitungen. Aber in den Cafés mit Fernsehen waren alle ganz aufgeregt. Ich sah die Bilder der einstürzenden Türme, ich hörte die Diskussionen und die Betroffenheit in der fremden Sprache (mein Schulfranzösisch war zu schlecht).
Mein Gott, dachte ich, was ist da passiert? Am nächsten Morgen kaufte ich mir die "Daily Mail" mit den schockierenden Bildern als Aufmacher. Das Ganze war irgendwie unreal. Ich schaute aufs Meer. Es war nach wie vor herrlich, und doch lag etwas Unbestimmtes in der Luft. Ich war allein. Ich hatte niemanden. Zuhause war nur meine Exfreundin, die mit ihrem neuesten Freund beschäftigt war. Meine Reise ans Mittelmeer war eine Flucht gewesen. Und während ich einsam und melancholisch die mediterrane Schönheit genoss, passierte diese grauenhafte Geschichte mit den Twin Towers - für mich am anderen Ende der Welt. Wie unheimlich ist doch die Vorstellung, dass wir (die westliche Welt) von arabischen Terroristen bedroht werden. Als ich in den Cafés saß, beobachtete ich die Menschen und versuchte zu unterscheiden, ob sie betroffen - erschrocken auf den Anschlag reagierten oder gegenteilig eine gewisse Genugtuung, gar Freude empfanden. Letzteres war durchaus zu beobachten.
Ich relaxte manche Stunden auf dem Mäuerchen, das den Bowlesplatz umschränkte. Viele Erinnerungen flogen mich an. Doch war alles anders. Ich war anders. Der Ort Cassis dagegen schien in den Jahren still gestanden zu haben. Im Kern hatte sich kaum etwas verändert.
Nach einer Woche brach ich mit dem Fahrrad nach Marseille auf. Ich wollte über Avignon zur Rhône fahren, dann den Fluss hoch bis Lyon ...; doch riss mir die Kette in den Banlieues von Marseille. Es war Sonntag. Ich war fertig. Die Spätsommersonne blendete mich, und die Einsamkeit ... Noch am selben Tag fuhr ich abends im Zug zurück in die Heimat.
Heute vor acht Jahren. Wo stehe ich heute? Wo steht meine Angst?
Was wissen wir wirklich von der terroristischen Bedrohung? Schauen wir nicht nur voyeuristisch auf solche monströse Geschehen - wie am 11.09.01? Haben wir uns damit wirklich psychologisch auseinandergesetzt? Was passiert heute noch im Namen dieses Terroranschlags?
Gibt es eine realistische Bedrohung von islamischen Terroristen auf unsere westlichen Werte, die einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten in Afghanistan rechtfertigen?
(11.09.09)
Ich erinnerte mich an den Campingplatz. Und ich erinnerte mich an Cassis, an den kleinen Hafen, die Bucht, den Strand, den Felsen, die Calanques ..., den Sternenhimmel.
Eine Woche Cassis, Altweibersommer am Mittelmeer, das Meer glitzerte kalt ...; um mir die Zeit zu vertreiben, fuhr ich mit dem Rad zu den kleinen Felsbuchten und zu den Nachbarorten Richtung Toulon.
Ich weiß nicht mehr, wie ich es mitbekam. Es gab keine deutschen Zeitungen. Aber in den Cafés mit Fernsehen waren alle ganz aufgeregt. Ich sah die Bilder der einstürzenden Türme, ich hörte die Diskussionen und die Betroffenheit in der fremden Sprache (mein Schulfranzösisch war zu schlecht).
Mein Gott, dachte ich, was ist da passiert? Am nächsten Morgen kaufte ich mir die "Daily Mail" mit den schockierenden Bildern als Aufmacher. Das Ganze war irgendwie unreal. Ich schaute aufs Meer. Es war nach wie vor herrlich, und doch lag etwas Unbestimmtes in der Luft. Ich war allein. Ich hatte niemanden. Zuhause war nur meine Exfreundin, die mit ihrem neuesten Freund beschäftigt war. Meine Reise ans Mittelmeer war eine Flucht gewesen. Und während ich einsam und melancholisch die mediterrane Schönheit genoss, passierte diese grauenhafte Geschichte mit den Twin Towers - für mich am anderen Ende der Welt. Wie unheimlich ist doch die Vorstellung, dass wir (die westliche Welt) von arabischen Terroristen bedroht werden. Als ich in den Cafés saß, beobachtete ich die Menschen und versuchte zu unterscheiden, ob sie betroffen - erschrocken auf den Anschlag reagierten oder gegenteilig eine gewisse Genugtuung, gar Freude empfanden. Letzteres war durchaus zu beobachten.
Ich relaxte manche Stunden auf dem Mäuerchen, das den Bowlesplatz umschränkte. Viele Erinnerungen flogen mich an. Doch war alles anders. Ich war anders. Der Ort Cassis dagegen schien in den Jahren still gestanden zu haben. Im Kern hatte sich kaum etwas verändert.
Nach einer Woche brach ich mit dem Fahrrad nach Marseille auf. Ich wollte über Avignon zur Rhône fahren, dann den Fluss hoch bis Lyon ...; doch riss mir die Kette in den Banlieues von Marseille. Es war Sonntag. Ich war fertig. Die Spätsommersonne blendete mich, und die Einsamkeit ... Noch am selben Tag fuhr ich abends im Zug zurück in die Heimat.
Heute vor acht Jahren. Wo stehe ich heute? Wo steht meine Angst?
Was wissen wir wirklich von der terroristischen Bedrohung? Schauen wir nicht nur voyeuristisch auf solche monströse Geschehen - wie am 11.09.01? Haben wir uns damit wirklich psychologisch auseinandergesetzt? Was passiert heute noch im Namen dieses Terroranschlags?
Gibt es eine realistische Bedrohung von islamischen Terroristen auf unsere westlichen Werte, die einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten in Afghanistan rechtfertigen?
(11.09.09)
bonanzaMARGOT
- 11. Sep. 09, 13:24
- Sonstiges zur Diskussion
Druck zwischen den Welten
das ist ein Tag, der sich wohl fast jeden emtional geprägt hat und er sich an diese Emotionen immer noch erinnert.
Ob sich soetwas wiederholen wird? Ich hoffe nicht, doch der Fanatismus ist unberechenbar und was noch schlimmer ist, er kann ohne Skrupel handeln.
Der Islam an sich wehrt sich gegen die Theorie, dass die Terroristen auf ihren Glauben aufbaut und doch gehören sie wohlk diesen religiösen Bündnis an.
Meinen eigenen terroristischen Gefühle bin ich beim lesen dieses Buches nahe gekommen. Das Handeln im muslimiischen Sytsem dieser Menschen ist in meinen Augen so absurd, dass ich es kaum ertragen konnte, das Buch bis zu Ende zu lesen. Ich denke, dass unser System für diese Menschen ebenso absurt und unerträglich, das sie dagegen handeln müssen und wenn es sein muß, mit Gewalt. Der Druck zwischen den Welten ist ungeheuer groß und eine Anpassung kaum denkbar.
Gruß LaWe
bücher, wie das von dir gelesene, bringen uns die andere kultur näher, auch wenn der inhalt erschreckt und angst macht. wir hatten vor nicht vielen generationen die "monster" der nazis - kaum zu glauben - die menschen sind ja trotzdem heute keine anderen. doch siegte die vernunft und menschlichkeit, wenn auch hart erkämpft. ich hoffe, dass die menschen in der islamischen welt den hass und jene, die öl in das feuer gießen, nicht obsiegen lassen.
auch wir (im westen) sollten weiterhin differenziert auf die islamische welt schauen.
Während dem Krieg in Bosnien, rief ein orthodoxer christ zur ethnischen Säuberung auf und gemeint war der systematische Mord oder Vertreibung der Muslems in Bosnien. 2500 000 Menschen wurden ermordet weil sie muslems waren.
Ich weiß nicht was wir uns erkämpft haben, wenn so etwas noch möglich ist.
Eine seltsame Sicht haben wir uns erkämpft, wir vergleichen die junge Türkinnen die ein Kopftuch tragen mit irgendwelchen Selbstmordattentäterinnen und wenn schon nicht dass, so wollen sie unsere armen Kinder zum Islam erziehen.
Eine seltsame Sicht die tut, als wären die Iraks in Amerika einmarschiert und nicht umgekehrt, als wären die Afghanen einmarschiert und nicht umgekehrt.
Oh nein, ich bin kein Muslem, ich bin ein Christ, jedenfalls theoretisc, ich versuche nur durch das Netz der Propaganda zu sehen, die telweise so billig ist dass ich mich frage, warum die Leute auf so etwas hereinfallen.
Ich kann mich sehrwohl daran erinnern dass junge Mädchen 1977 auch schon aus der Türkei kamen und Kopftücher trugen, man kann ja durchaus über das zwanghafte tragen von etwas reden, aber man soll nicht so tun, als wäre man da in irgendeiner Weise etwas besseres, wenn hier die sogenannte Fröhlichkeit ausgerufen wird (weil eine Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft stattfindet) sind die Leute auch da und sind fröhlich und sie würden auch Kopftücher tragen wenn man es anordnet.
ich habe da für mich noch keine abschließende meinung, aber ich tendiere dazu, nicht zu viel zu verbieten - weil das dann schon bald in eine unerträgliche zensur ausufern würde.
niemand will als lehrer einen nazi, und niemand will, dass eine fundamentalistische muslime die kinder unterrichtet.
wie du es sagst, verurteilt die gesellschaft oft vor.
solange diese kulturellen spannungen zwischen der islamischen welt und dem abendland bestehen, werden wir uns wohl oder übel auch mit den resultierenden scheiß problemen im täglichen leben herumschlagen müssen.
den hass gibt es auf beiden seiten - bei den christen wie auch bei den moslems. problematisch in der islamischen welt ist, dass viele staaten nicht säkular und nicht demokratisch sind.
hass wird von demagogen geschürt, oder er entsteht durch eigene furchtbare lebenserfahrungen. oder beides greift ineinander.
Verblendung
die Demagogie funktioniert immer noch, denn es gibt noch so viele Menschen, die sich verführen und blenden lassen. Vielleicht verspricht man ihnen einen himmlischen Tod, wenn die sich als lebende Bombe benutzen lassen.
Ich bin auch immer wieder erstaunt, dass es den Fanatiker immer wieder gelingt so viele Menschen zu mobilisieren, formieren und organisieren, die ihnen wie schlachtwillige Lämmer folgen und sich von ihnen für ihre Zeile im Streben nach Weltherrschaft benutzen lassen.
Gruß LaWe
kinder sind sogar scharfsichtiger in ihrer spontaneität und kindlichkeit - ein anderes märchen kommt mir da in den sinn: des kaisers neue kleider ...
wir wollen nicht sehen, was unmöglich zu sein scheint.
wir wollen nicht hören, was uns unangenehm ist.
die rattenfänger haben es leicht mit menschen, die in sich keinen festen stand haben. viele menschen werden von kindheit an demagogisch wie zirkustiere abgerichtet. die haben gar keine chance, auf eigenen füßen zu stehen. sie leben (lebenslang) in einer geistigen abhängigkeit zu der übergeordneten wertegemeinschaft (sekte, kirche, politisch-ideologische ausrichtung).
hinzu kommen noch einige psychotische fanatiker, die völlig durchgeknallt sind. wenn solche dann (wie hitler) sogar noch in führende positionen gelangen, dann ... erleben wir ..., was wir in der menschheitsgeschichte desöfteren schon erlebten. wir haben den irren rattenfänger, und wir haben eine herde relativ dummer, blökender schafe ..., und natürlich die bluthunde, die die herde allzu gern in schach halten.
der gruppendruck in einer solchen herde ist ungeheuer groß. selbst wenn man eigentlich gar nicht mitmachen will, fühlt man sich doch genötigt, sich in dieselbe unheilvolle richtung wie alle anderen zu bewegen ...
aussteigen oder umkehren birgt viele persönliche risiken, also reden sich die menschen die lage gut.
da fällt mir noch die fabelhafte fabel ein von george orwell "farm der tiere", welche die psychologie, die zusammensetzung und die tragik einer unterdrückten (und revoltierenden) gesellschaft ganz gut und einfach schildert.