Altenheime - Lügengebäude

Das Altenheim soll verkauft werden. Ich bin gespannt, wer den alten Bunker haben will, wo er bald auseinander fällt. Es ist schwer vorstellbar, dass es sich für ein Unternehmen rechnet, den gesamten Bau zu renovieren, was dringend anstände, um den Altenheimbetrieb weiterzuführen. Das Fußvolk (also das Personal) wird wie meist als letztes informiert werden, wie es um ihre Zukunft in dem "alten" Altenheim bestellt ist. Na ja, und die Altenheimbewohner haben schon gar nichts zu melden. Gerüchte kursieren freilich schon; und wer weiß, vielleicht schließt der Laden früher, als es uns allen lieb ist. Im Frühjahr will man uns über die Pläne in Kenntnis setzen.
Dreizehn Jahre harre ich nun schon an demselben Arbeitsplatz aus. Man wächst zusammen mit dem Personal, dem Haus, den Bewohnern, sogar mit den Chefs. Mit gemischten Gefühlen denke ich an eine bevorstehende Schließung oder an einen neuen Arbeitgeber. Einerseits würde ein neuer Wind dem Betrieb gut tun, andererseits vertraue ich der Volksweisheit, dass neue Besen besser kehren, nur mit Vorbehalt. Die Altenpflege wird mehr und mehr zum Geschäft. Das Personal und die Bewohner sind Zahlen in einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Zum Glück müssen die Betreiber in ihre Berechnungen den Ruf des Hauses einfließen lassen. Um die Betten voll zu bekommen, braucht man auch in der Altenpflege eine möglichst gute Publicity. Drum wird dem Personal ein Schweigegelübde abgenötigt, dass nur nichts "ungehöriges" über die Zustände nach draußen dringt. Natürlich dringt es doch ..., und darum versucht man von oben die Angestellten und Arbeiter zu beruhigen und appelliert an ihr Gemeinschaftsgefühl. Dass den Alten und den Angehörigen zum Teil unmögliches versprochen wird, dass die Einrichtung für sich einen Pflegeleitfaden propagiert, der der Pflegewirklichkeit größtenteils Hohn spricht, daran gewöhnt man sich mit den Jahren. Es gehört zum Geschäft, denkt man, wie all die trügerischen Verpackungen und Werbeversprechen in der Wirtschaft. Die Kundschaft wird legal hinters Licht geführt.
Nun muss man nur noch irgendwie dem einfachen Arbeiter und Angestellten klar machen, wieso er für weniger Geld mehr und besser arbeiten soll, während die Preise steigen. Zu viel Unruhe und Unmut darf man in den Reihen der Beschäftigten nicht schüren, denn sie sind Mitwisser in dem großen Lügengebäude. Man erpresst sich gegenseitig ohne Worte. Der Arbeitgeber droht mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, und die Angestellten drohen damit, den Dreck unter den Betten ans Licht der Öffentlichkeit zu kehren. Idealerweise entsteht eine Art Symbiose, solange beide Symbionten zufrieden sind - ein wackeliges Gleichgewicht.
In unserem Heim herrschen seit geraumer Zeit atmosphärische Störungen. Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritisierten die Regentschaft der PDL (Pflegedienstleitung). Seitdem fliegen die Fetzen. Das sensible Gleichgewicht der Lügen droht zu kippen. Nun beraten die Direktoren, was zu machen ist.
Am Besten verkauft man den ganzen Laden, bevor alles aus dem Leim geht. Es muss nur sauber von der Bühne gehen, denn man hat noch andere Einrichtungen. Man will keine schlechte Öffentlichkeit. Man verkauft keine Handys wie Nokia ...

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