Zeitmüll


Es gibt Dinge, die die Zeit überstehen. Andere fliegen weg. Als ich mich vorhin in meinen vier Wänden umguckte, fielen mir noch einige Relikte aus der Vergangenheit auf… gar nicht wenige, wenn ich mir überlege, wie viel ich zwischenzeitlich wegschmiss. Vor meinem Umzug nach Berlin mistete ich gründlich aus – was auch nötig war. Und erst vor kurzem wanderte so einiges in den Müll. Wozu etwas aufheben, mit dem man schlechte Erinnerungen verbindet. Trotz allem bleibt genug alter Kram übrig, vor allem wenn die Zweckdienlichkeit im Vordergrund steht. Es wäre ziemlich aufwendig, die gesamte Wohnungseinrichtung auszutauschen. Bloß weil wir damals nach dem Einzug diese Sachen zusammen einkauften? Nö, so krass bin ich dann doch nicht drauf. Ich würde auch nicht die Kneipe wechseln, oder bestimmte Orte nicht mehr besuchen, an denen wir mal zusammen waren… Obwohl, es war schon ein Stück traurig, als ich in Warnemünde über den Strand schlappte. Aber dann dachte ich mir, dass ich mir solche schönen Orte nicht vermiesen lassen will, bloß weil ich hier schon mal mit meiner Ex war. Ich werde die Erinnerungen daran mit neuen besseren überschreiben. Es war gut, hier zu sein, auch wenn es wehtat. Irgendwann wird mein Herz einer neuen gehören, und ich werde kaum noch daran denken, dass es einmal eine andere Frau und eine andere Zeit gab. Der Horizont und die Sonne werden den Liebenden gehören, als wäre es nie anders gewesen.
...
Könnte man doch die Zeit wie anderen Müll entsorgen. Ich stelle mir vor, dass alle paar Monate die Zeitmüllmänner an meiner Tür klingeln und mich fragen: „Haben Sie Zeitmüll?“
Wenn sie heute vorbeikämen, würde ich lächeln und antworten: „Ja, ich habe da noch einiges…“

NBerlin - 10. Okt. 18, 17:11

Schönes Wort: Zeitmüll. Gut dass nicht alle Orte und Dinge die mit ihr zu tun haben tabu sind. Ich bin da radikaler, auch wenn es dann teuer wird. Falls du doch noch Sachen verschwinden lassen willst und neue anschaffen, kann ich dir nur Ebay Kleinanzeigen in der Rubrik "Verschenke" empfehlen, so bin ich auch zu einem neuen Sofa gekommen, nachdem er meines zerstört hatte.

bonanzaMARGOT - 11. Okt. 18, 05:28

danke für den tipp.
C. Araxe - 10. Okt. 18, 21:21

Letztendlich geht es doch darum, was für einen selbst Bedeutung hat. Und das ganz unabhängig von Vergangenem oder Zukünftigem. Bzw. kann man schöne Erinnerungen auch als solche (meist mit etwas mehr zeitlichem Abstand) auch als solche bewahren, auch wenn man darauf folgend durch unschöne Erinnerungen im „akuten Zustand” alles verdammt. Eine Trennung, die mit vielen Enttäuschungen einher geht, beinhaltet dann gleichfalls aus meiner Sicht eine Trennung in vielen Bereichen, was das unmittelbare Umfeld angeht – einfach weil man diesen Abstand (erst einmal) braucht. Also weniger um sich einfach nur enttäuscht zurückzuziehen, sondern mehr um zu sich selbst kommen. Also wieder zu sich selbst zu kommen, denn vor einer (gescheiterten) Beziehung war man das schließlich auch oder wenn das vielleicht nicht so „perfekt” war, so ist eine Beziehung hierzu auch keine Lösung. Ebenso zukünftige Beziehungen. Was ich meine ist ein Klarkommen mit sich selbst, das unabhängig von äußeren Umständen ist. (Was das Äußere betrifft, gibt in der Tat zu vieles, das man nicht schön denken kann.) Jedenfalls meine ich, dass man so auch die schönen Erlebnisse bewahren kann, ohne die negativen zu vergessen.

bonanzaMARGOT - 11. Okt. 18, 05:31

es gibt keine schönen erinnerungen - das war alles trug.
widder49 - 12. Okt. 18, 10:23

Was wäre, wenn in der Beziehung ein Kind entstanden wäre? Auch Zeitmüll?
Verlassene Männer in meinem Bekanntenkreis fühlen sich, wenn die Frau sich getrennt hat, allesamt gekränkt und beleidigt. Monate, manchmal Jahre, hat sich sichtbar angekündigt, dass die Beziehung zu Ende geht. Aber geändert haben sie nichts. Nur die Frauen waren schlecht. Und die Kinder waren angeblich nicht ihre.

bonanzaMARGOT - 12. Okt. 18, 16:00

@ widder

es hängt doch ganz von den umständen ab, wie man sich trennte, ob man sich betrogen fühlt, wie sehr man an die liebe glaubte ... das können die beteiligten sehr unterschiedlich sehen. ob männer mit trennungen mehr schwierigkeiten haben als frauen, kann ich aus meiner erfahrung nicht unbedingt feststellen. da gibt es ausser dem geschlecht noch andere persönlichkeitskriterien, die eine rolle spielen.

falls während meiner letzten beziehung ein kind entstanden wäre, würde ich von meinen heutigen überlegungen ausgehend einen vaterschaftstest verlangen.
und zu dem anderen punkt, den du erwähnst: was sich vorher ankündigte, kann unterschiedlich interpretiert bzw. gewertet werden. nicht jede schlechte zeit, die man zusammen hat, muss zwangsweise in eine trennung münden. oft werden missverständnisse und fehler aus der vergangenheit hervorgeholt, um die trennung vor dem gehörnten zu rechtfertigen.
alles nicht so einfach.

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