Danke für den Anstoß
Es gibt Menschen, die sich in allen Bereichen des Lebens zuhause fühlen: in der Partnerschaft, im Beruf und an ihrem Wohnort. Das müssen wahrhaft Glückliche sein. Sie hadern weder mit der Welt um sich herum noch mit sich. Sie ruhen in sich selbst. Dazu passt, was mir IGING auf meinen letzten Beitrag schrieb: „Wenn man glücklich ist, fragt man gar nicht nach dem Sinn. Denn dann ist der Sinn erfüllt, also braucht man ihn nicht zu suchen, also fragt man auch nicht danach. So einfach ist das.“
Meine erste Reaktion auf ihren Kommentar war ungläubiges Staunen: Ist das ihr Ernst, was sie mir da schreibt? Kann die Sinnsuche einfach aufhören, wenn man glücklich ist? Oder: Ist vielleicht die Sinnsuche gar schuld an unserem Unglücklichsein? Es könnte doch so einfach sein, wie IGING es schreibt – ein paar Mantras aufsagen (oder Gebete sprechen), und alles ist gut*. Religionen und Sekten bieten allerlei Anleitungen zum Glücklichsein an. Man muss nur daran glauben.
Es gibt auch Zeitgenossen, die sich im Materialismus ausgesprochen wohl fühlen. Für sie gilt das gleiche. Sie haben ihren Sinn gefunden. Oder sie mussten ihn erst gar nicht suchen. Sie liefen konform mit den Werten, die sich ihnen präsentierten. Sie reihten sich einfach ein. Ihre Mantras kriegen wir Tag für Tag über die Werbung vorgespielt. Ganz einfach das eigene Denken loslassen, falls es überhaupt vorhanden ist, und in den Ideologie-Pool seiner Wahl springen, oder sich in dem Pool freischwimmen, in den man hineingeboren wurde – das ist sowieso das super einfachste (was jeder quasi aufgenötigt bekommt).
Seltsamerweise erlebe ich (mal ganz abgesehen von meiner eigenen Person) keine Welt, welche vor Glücklichen geradezu platzt. So einfach kann es also doch nicht sein. Es mag einige Menschen geben, die von sich behaupten, dass sie glücklich sind – und darum nicht ruhelos nach einem Sinn suchen müssen. Offenbar passen für sie die Vorgaben der Gesellschaft, in welcher sie leben - sie sind glücklich mit der Familie, dem Beruf, ihrem Wohnort und dem gesamten Dasein; sie nehmen fatalistisch hin, wie es ist und passen sich weitgehend kritiklos an die Gegebenheiten an. Ein Aufbegehren macht schließlich wenig Sinn – damit verdirbt man sich nur sein kleines Glück, - ist reine Energieverschwendung.
Und trotzdem wählen viele Menschen (wie ich) andere Wege…, Wege, die nicht so einfach -, die nicht unbedingt Glück verheißend sind. Sind wir krank im Kopf? Tragen wir in uns ein falsches Gen? Warum stören wir mit unseren ständigen Fragen das einfache Glücklichsein? Wir machen es damit nicht nur uns selbst, sondern auch denen schwerer, mit denen wir zusammenleben. Da ist z.B. meine Partnerin, die viel zufriedener und glücklicher mit der Welt und ihrem Dasein ist als ich…
Ich sollte an meiner Assimilierung in die Welt arbeiten. So kann`s nicht weitergehen. Ich merke selbst, wie mich dieser geistige Kampf gegen Windmühlen immer mehr schwächt. Mein Weg ist selbstzerstörerisch. Schließlich dreht sich nicht die ganze Welt um mich. Stellt sich nur die Frage, wie ich mich am besten selbst überliste. Ich bräuchte eine Gehirnwäsche, die nachhaltig wirkt…
Mal im Internet suchen.
Danke für den Anstoß, IGING.
* evtl. missverständlich: das sagte IGING nicht, sondern ich führte ihren Ansatz zu Glück und Sinn im Leben gedanklich weiter
bonanzaMARGOT
- 23. Dez. 17, 10:25
- Sonstiges zur Diskussion
tatsächlich ist glück nur ein wort, hinter dem genau genommen nichts konkretes steht, weil jeder etwas anderes damit meint.
sich von diesem konzept zu verabschieden, kann auch weiterhelfen; mir zumindest.
es ist in diesem falle immer gut, wenn man einen direkten bezug herstellt, wie: ich bin glücklich damit, bzw. ich bin unglücklich mit dieser sache...
das absolute glücklichsein im leben kann man nur erreichen, wenn man mit den meisten lebensumständen einverstanden ist, oder einer gehirnwäsche unterliegt.
am glücklichsten war ich immer frisch verliebt, weil dies alle anderen weniger guten umstände überstrahlte... (ähnlich wie bei einer gehirnwäsche, denke ich)
wenn man von kontrolle spricht, muss man sich fragen, wer die kontrolle mit welchen mitteln ausführt und warum.
david, meinst du wirklich, dass geistige abschottung eine befriedigende lösung darstellen kann? gläserne wände? oder die verabschiedung von diesem konzept?
damit kastrieren wir uns doch selbst geistig und auch emotional.
das konzept des glücks ist kein konzept im sinne einer verschwörungstheorie, was man natürlich leicht aus meinem oberen kommentar annehmem könnte... an die glaube ich nämlich auch nicht.
nein... ich denke, dass vor allem der begriff des glücks nur ein akt der selbstkontrolle ist, der aber nicht wirklich von einem selbst ausgeht, sondern einer art gruppendynamik entspringt, die soziale gesellschaften generieren. dahinter steht vielleicht sogar ein sinnvoller evolutionärer ansatz: jemand der etwas sucht, ist beschäftigt; ist oft, weil er es noch nicht hat, von antrieb durchdrungen; ist daher auch aktiver und tätiger... und davon lebt ja nicht nur unsere gattung.
trotzdem: ich kann auch antriebsam aus anderen gründen sein, die ich selbst generiere. ich kann begriffe umfassend in frage stellen und statt dessen eigene wertigkeiten einsetzen.
wie sehr das dann im ende eine abkapselung bedeutet, weiß ich nicht - aber das werde ich ja sehen. momentan habe ich das gefühl, zwar sehr stark bei & mit mir aber nichtsdestotrotz mehr in der welt zu sein, als ich es früher in meinem leben jemals war.
von geistiger kastration auch keine spur... mein geist ist produktiver denn je, das sehe ich auch jeden tag praktisch.
ich wünsch dir jedenfalls glückliche tage bei deiner reise! du sollst alles haben, was du dir wünschst. :)
Ich kann das nicht ...
Das ist kein Zwang und keine Verschwörung, sondern einfach eine existenzielle Tatsache.
@DieFrogg
in den meisten fällen aber kann (oder will?) jemand der angeblicherweise "unglücklich" ist, nicht erklären, was ihm zum glück tatsächlich fehlt, es bleibt nebulos und vage, ein selbstläufer... oft wechseln auch die zugehörigen bedingungen tage- oder stundenweise.
daher meine ich, dass man den begriff immer auch klären sollte, sonst engt er mehr ein als er öffnet oder ermöglicht, wird nicht zur existenziellen tatsache, sondern zur tagtäglichen existenziellen bedrohung.
thomas bernhard schreibt im roman "Der Untergeher":
Möglicherweise müssen wir davon ausgehen, daß es den sogenannten unglücklichen Menschen gar nicht gibt, dachte ich, denn die meisten machen wir ja erst dadurch unglücklich, daß wir ihnen ihr Unglück wegnehmen.
da ist schon was dran, denke ich.
@ david
auch wenn du geistig neugierig und wach den dingen gegenüber bist, wie du es behauptest, so erkenne ich doch in deinen aussagen eine art emotionale distanzierung oder abschottung von gewissen dingen. und da stellt sich die frage, ob eine emotionale distanzierung nicht automatisch mit einer geistigen abschottung einhergeht. zu gewissen abstrakten berifflichkeiten (wie glück und liebe) braucht man meines erachtens eine starke emotionale bindung, ein emotionales erfassen, um sie hernach geistig zu reflektieren und zu beschreiben.
die suche nach dem glück. die gibt es vor allem dann faktisch, wenn man mit seiner gegenwärtigen lebenssituation unzufrieden und auch nicht einfach eine besserung in sicht ist.
es gibt nur zwei möglichkeiten: entweder man ergibt sich der depression, oder man macht sich auf den weg... oft wird dieser weg von allen möglichen versprechungen begleitet. man hört von dem verheißungsvollen land oder von einer besseren welt. man gerät in die hände von menschen- und glückshändlern.
mit der suche nach glück wird allerorts geld gemacht. wenn es ein glückskonzept gibt, dann ist es das geschäft mit dem glück bzw. dem glücksbegehren des menschen.
natürlich existiert ein gewisser gruppendruck, der einen dazu bringt, sein glück dort zu suchen, wohin sich die meisten verleiten lassen. in unserer gesellschaft ist dies primär der kapitalismus.
eine interessante theorie finde ich den evolutionären ansatz, den du erwähnst. ja, wo wäre der mensch, wenn er nicht diesen unsäglichen trieb und diese unruhe in sich verspürte, um ständig nach verbesserungen, nach reichtum und nach glück zu streben? gäbe es den menschen ohne diese unaufhörliche suche so, wie wir ihn kennen? und entdecken wir in uns selbst diese unruhe und dieses verlangen nach... erkenntnis, glück, liebe... oder nach macht und reichtum? oder wiegen wir uns bereits in unserem glück, befinden uns am ende der reise, - bereits im nirwana? die allerwenigsten, denke ich.
schön, dass es dir gut geht, david. jedenfalls klingt der letzte absatz danach. ich spüre, wie intensiv du dich mit allem auseinandersetzt. von geistiger abschottung keine spur... (da widerspreche ich mir gern selbst.)
danke für deine guten wünsche. ich freue mich - ist zur zeit ziemlich trist hier. mal sehen, was die reise mit mir macht...
dir schöne tage!
und
Wie Thomas Bernhard ...
Es kann jedoch Momente geben, wo man sich vor dem Unglücklichsein im Beruf nicht mehr ins Glücklichsein im Privatleben flüchten kann - weil es dort mit dem Glücklichsein (oder wenigstens mit dem Nichtunglücklichsein) auch nicht mehr so klappt. Oder weil sich einem über das ganze Leben ein Gefühl der Vergeblichkeit gelegt hat. Da hilft dann alle Analyse nichts, ein Grundgefühl des Unglücklichseins bleibt.
Aber wenn Sie recht haben und Glück nur ein Mittel zur Kontrolle ist, ist vielleicht auch das nicht weiter schlimm.
@diefrogg
das ganz unabhängig von meinen lebensumständen. aber freilich beeinflussen die mich auch. mal mehr und mal weniger.
letztlich ist da immer dieser fluss/kanal in mir, unterirdisch, und dort fließe ich dahin bis zum orkus.