Ausgeraubt


Ein verregneter Pfingstsonntag. Leise Bluesmusik am Vormittag. Vogelgezwitscher von draußen. Ich schaue auf die Hausfassade gegenüber, auf das nasse Pflaster…
Unter was für Menschen lebe ich? Wo sind diese Verbrecher? Wenn ich einen von ihnen zu fassen kriege, drehe ich ihm die Gurgel um!
Meine Partnerin wurde ausgeraubt. Gestern am späten Abend. Im Berliner Hauptbahnhof. Sie hatte ein Seminar in Bielefeld gehalten. Der Zug zurück hatte Verspätung – aber alles war gut, bis sie in Berlin ankam.
An einem Kiosk holte sie sich ein Getränk, und von da an kann sie sich nur noch wirr und bruchstückhaft erinnern. Wahrscheinlich K.O. Tropfen. Sie muss stundenlang durch die Gegend geirrt sein. Total weggetreten. Am frühen Morgen klingelte sie an der Haustür. Ich schreckte hoch und wusste sofort, dass etwas passiert war…
„Ich bin ausgeraubt worden“, sagte sie, „alles ist weg.“
Man hatte ihr sogar den Ring vom Finger gezogen, den ich ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Selbst die Ohrringe an der einen Seite sind weg. Die anderen hatten sie wohl nicht abbekommen. Seltsamerweise ließen sie ihr die Armbanduhr.

Nun kommt auf uns einiges zu. Pass und Kreditkarte weg, außerdem die Wohnungsschlüssel.
Und das Dumme ist, ich kann sie nicht mal gescheit trösten… Sie machte in den letzten Stunden so viel durch, aber ich sitze hier wie gelähmt – nur mit dieser wahnsinnigen Wut im Bauch!
Und gleichzeitig diese Ohnmacht. Ich habe versagt.

Lo - 04. Jun. 17, 12:15

Das ist ein verdammter Mist, der richtig wütend macht. Ich kann diese Wut und dieses Gefühl von Ohnmacht gut nachempfinden, weil eine Freundin von uns in unserem Beisein in Barcelona bestohlen wurde, ohne, dass wir es bemerkten - obwohl wir von der Gefahr wussten und uns gegenseitig immer im Blick hatten.
Deiner Partnerin ist weit Schlimmeres passiert, weil Leib, Leben und ihre Gesundheit in Gefahr gebracht wurde. Das wirkt nach.
Ich kenne das, weil ich beruflich häufig mit Opfern von Einbruch und Raub zu tun hatte.
Nur eines trifft nicht zu: dass Du versagt hast.
Wo denn?
Was Dir zu schaffen macht, ist Wut und besonders Ohnmacht.
Alles Gute für Euch!

bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 15:42

danke

weiß nicht. ich bin quasi co-opfer.
ich war nicht zur stelle..., um ihr die nötige sicherheit zu geben.
natürlich kann man nicht immer da sein. trotzdem fühlt es sich nach versagen an.

ich verstehe nicht, wie menschen so skrupellos sein können. wie vereinbaren sie das mit ihrem gewissen?
man ist so naiv, solange man die schlimmen dinge nur in der zeitung liest...
da draußen sind raubtiere. und jede menge arschlöcher!
NBerlin - 04. Jun. 17, 13:02

Scheiße! Irgendwie bgrüßt euch Berlin nicht so nett, erst der Einbruch, jetzt ausgeraubt. Zum Glück warst du zu Hause als sie klingelte, ohne dich wäre sie ja noch nicht mal mehr in ihre eigene Wohnung gekommen. Lasst das erstmal sacken und kümmere dich um sie, vielleicht solltest du auch ein paar Tage frei machen um für sie da zu sein.

bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 15:53

klar war ich morgens halb sechs zu hause (- lach!)
ich dachte o. sei noch bei einer ihrer arbeitskolleginnen (kommt öfter mal vor). zu manchen hat sie ein freundschaftliches verhältnis. sie wollte bestimmt über das seminar erzählen. ich machte mir darum nicht zu viele sorgen. aber irgendwie schon..., - bin halt auch nicht der typ, der seiner partnerin gern hinterher schnüffelt. mist! verdammte quadratscheiße!
o. steckt das erlebte momentan besser weg als ich. so hat es zumindest den anschein. aber ich denke, dass da noch was nachkommt. erst ist man mal nur geschockt.
nach einem solchen verbrechen geht es weniger um die materiellen werte als vielmehr um die schmach, die man dadurch erleidet.
mein vertrauen an die menschheit bekam jedenfalls einen derben tiefschlag.
iGing - 04. Jun. 17, 16:02

Das ist grausam. Und in keiner Weise ein Versagen auf eurer/deiner Seite. Ich weiß, wie mir zumute war, als ich einmal nur dachte, ich wäre bestohlen worden, was sich dann aber als Irrtum herausstellte.

Die K.O.Tropfen waren also in dem Getränk?
Die Frage mag naiv klingen oder für Berliner Verhältnisse unangebracht, aber habt ihr denn nicht die Polizei eingeschaltet?

HARFIM - 04. Jun. 17, 16:34

smile

auch in Berlin schaltet man in so einem Fall die Polizei ein.
Gut, dass die Freundin nicht körperlich zu Schaden kam.
bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 16:40

natürlich, o. war heute vormittag bei der bahnhofspolizei, um eine anzeige zu machen. sie braucht das u.a., um an der botschaft einen neuen pass zu beantragen. dann kommt noch die schlüsselgeschichte mit dem vermieter auf uns zu etc. (wir sind nich ganz so naiv, wie`s von außen erscheint.)
dabei ist natürlich außer papierkram nichts rumgekommen. nicht mal das handy wollten sie per nummer orten - weil sie dazu eine richterliche verfügung brauchen.
die diebe haben`s leicht in deutschland.
man sollte das gesetz selbst in die hand nehmen. zumindest denke ich das gerade. wie gesagt, ich bin sehr-sehr wütend...
hoffentlich kommt mir jetzt niemand blöd.
bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 16:43

was soll das "smile"?!?

- lese ich da häme?
harfim, ja, das ist gut, dass meine partnerin alles gut überstand.
wo schreibe ich bitte, dass wir die polizei nicht einschalteten?
im beitrag ging es mir um ein erstes vor allem emotionales statement.
iGing - 04. Jun. 17, 17:16

@BoMa

Jetzt reg dich bitte nicht noch darüber auf - Harfim hat über meine Frage gelächelt und sein erster Satz war an mich gerichtet. Das versteht man, wenn man unaufgeregt liest.

Ich habe einmal ein Handy orten lassen, dazu brauchte ich keinerlei richterliche Verfügung, sondern lediglich einen Anruf bei der Polizei, die auf meinen bloßen Verdacht und ausdrücklichen Wunsch hin das Handy ortete (es stellte sich heraus: Es war da, wo es auch sein sollte.)
bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 18:03

seltsam. seltsam. diese welt.
aber gut. wahrscheinlich würde die ortung eh nichts bringen. weiß der teufel. wer rechnet schon damit, dass so was quasi aus heiterem himmel passiert? von den eigenen mitmenschen angetan...

gerade sahen wir einen bericht über den neuerlichen terror-anschlag in london. was ist das für eine welt, iging? wie viele von diesen idioten gibt es? skrupellose verbrecher und terroristen?
darf man da nicht auch mal richtig böse und empfindlich werden??!

woher kommen diese diebesbanden? wie sind sie organisiert? ausländer?
die machen das doch bereits nach schema f. warum kann die polizei nicht mehr sicherheit bieten, gerade an solchen orten wie bahnhöfen?
C. Araxe - 04. Jun. 17, 18:07

Ziemlich mieses Erlebnis...

Die K.O.-Tropfen waren in einem Getränk, das an einem Kiosk (also ein normaler Späti?) gekauft wurde? Verstehe ich nicht so ganz, da man da ja eigentlich nur geschlossene Getränke kaufen kann und wenn man sie dann gleich vor Ort trinken sollte, ist es ja eine ganz andere Situation als in einer Bar, Kneipe oder so. Also, die Möglichkeiten sind beschränkter. Ich würde gern verstehen, wie es bei einem Kiosk zu so einer Situation kommen kann. (Auch um besser Gefahrensituationen zu erkennen.)

Was die Handyortung betrifft, so kann man das auch selbst machen, wenn man mit entsprechenden Einstellungen bzw. Apps vorgesorgt hat. Das nützt meist nur nichts. Und da spreche ich aus eigener Erfahrung. Mir wurde mal mein Handy aus der Hand gerissen (was rechtlich kein Raub ist, da kein Widerstand – der in so einem überraschenden Moment wohl kaum vorkommt, sondern schnöder Diebstahl ist). Ich habe quasi sofort (also ca. 5 Minuten später) die Ortung ohne Ergebnis eingeschaltet. Das Handy muss gleich ausgeschaltet worden sein und wurde danach nie wieder über meine SIM-Karte aktiviert (auch das kann man selbst sehen). Bei so einer professionellen Vorgehensweise dürfte eine Ortung also auch zu keinem Erfolg führen. Durch solche Sachen wird man weitaus mehr misstrauischer, dennoch habe ich nun kein generelles Misstrauen gegenüber jedem Menschen. Aber das war ja offiziell „nur” ein Diebstahl.
bonanzaMARGOT - 04. Jun. 17, 18:25

keine ahnung, wie die droge ins getränk kommen konnte. sie ist es aber offenbar, denn sonst hätte meine partnerin nicht dieses furchtbare erlebnis gehabt... und ich glaube dem, was sie mir erzählte.
ja. das handy ist längst ausgeschaltet.
leider wurde diese straftat auch "nur" als einfacher diebstahl aufgenommen. der polizist sagte, dass meine partnerin unverzüglich die straftat hätte melden müssen. aber wie bitte??!!?? wenn sie doch durch die droge außer gefecht gesetzt war...
HARFIM - 04. Jun. 17, 18:56

Um Himmels Willen,

das war nicht hämisch gemeint und genau so, wie es IGing auch verstanden hat.
Allerdings hätte es ja auch viel schlimmer ausgehen können und deshalb auch eine Erleichterung, die in meinem "smile" mitschwang. Alles Gute euch, bleibt dran bei der Polizei, denn das ist doch offensichtlich ein Fall für die Kripo und nicht für Bahnpolizisten.
Und die gibt es auch in Berlin, sorry.
Und sichert um Himmels Willen als erste Massnahme die Wohnungstür.
C. Araxe - 04. Jun. 17, 18:57

Ich will das Erlebnis keinesfalls in Zweifel stellen – wie gesagt nur verstehen, wie es dazu kommen konnte. Kann O. sich da noch an irgendetwas erinnern? Beim deutschen Recht finde ich einiges nicht nachvollziehbar. (Ob es irgendwo wirklich vollkommen nachvollziehbar ist, weiß ich allerdings auch nicht.) Der Straftatbestand dürfte sich jedoch nicht zeitlich verändern. Ich habe damals sofort online eine Anzeige erstattet. Es war auch mitten in der Nacht und ich finde es sehr gut, dass es diese Möglichkeit gibt, denn zu dieser Uhrzeit zu den inzwischen rar verteilten Polizeistationen zu laufen ist in so einer Situation auch nicht so optimal. Am nächsten Tag war dann auch gleich nach telefonischer Rücksprache ein Kommissar nebst Assistentin bei mir (ganz klassisch mit Notizbuch). Aber das hätte O. ja auch nicht „unverzüglich” können. So oder so ist man in einer solchen Situation recht hilflos und kann nichts weiter machen.
HARFIM - 04. Jun. 17, 19:21

Sofortige Kontosperrung

ist auch ganz wichtig. Aber das wird du doch wissen, Boma.
Dass deine Freundin total konfus war oder noch ist, kann ich nachvollziehen, aber in solch einem Fall muss von dir ganz hartnäckig gefordert, wirklich längst die Kripo in eurem Wohnzimmer gesessen haben.
Vielleicht bist du doch naiv?
C. Araxe - 04. Jun. 17, 19:21

Ah ja, ist jetzt ca. zweieinhalb Jahre her. Ich fand das ja sehr interessant, dass er mir nahelegte, den Typen, wenn ich ihn sehen sollte, nicht „umzuhauen”. So sagte das der Kommissar wortwörtlich. Anscheinend traute er mir das zu. Normalerweise finde ich, dass Wörter die besten Waffen sind, aber unmittelbar nach diesem Vorfall weiß ich nicht, ob ich bei einem Wiedertreffen nicht anders reagiert hätte. Der Kommissar hat das anscheinend erkannt.
C. Araxe - 04. Jun. 17, 19:26

@Herr Hafrim
Nur weil das hier nicht steht, werden sicher alle Konten etc. gesperrt sein.
HARFIM - 04. Jun. 17, 19:42

ja, davon gehe ich aus.

Doch nachdem ich nochmal hier gelesen, vorher eher flüchtig, bin ich jetzt eh raus hier.
Boma hat offenbar seine Freundin heute Vormittag nach so einer (geschilderten) Nacht allein zur Bahnpolizei laufen lassen.
Dazu sage und schreibe ich nichts mehr, sorry, man sollte sowas im Internet gar nicht lesen, das war mein Fehler.
Lo - 04. Jun. 17, 23:39

Vielleicht hilft das ein wenig:

Zum materiellen Schaden:
wenn Deine Freundin oder Ihr, falls Ihr zusammenwohnt, eine Hausratversicherung habt, dann wird Euch das Gestohlene von dieser auch ersetzt.
In der Hausratversicherung ist der Raub mitversichert. Nicht der sogenannte einfache Diebstahl.
Von einem Raub spricht man, wenn Leib, Leben und Gesundheit in Gefahr war, man bedroht oder bei der Tat körperlich geschädigt wurde. In Eurem Fall also ein klassischer, mitversicherter Raub.
Vielleicht hilft Euch dieser Hinweis ein wenig, auch, wenn es nur um das Materielle geht.
Also: der Versicherung auflisten, was gestohlen oder auch beschädigt wurde (Kleidung) . Wichtig: diese Liste muss mit der Stehlgutliste der Polizeianzeige übereinstimmen. Erstattet wird der NEUwert der gestohlenen Dinge.
Viel Glück.
Lo
bonanzaMARGOT - 05. Jun. 17, 08:21

ja, natürlich die tür - da muss so schnell wie möglich das schloss ausgetauscht werden. das wird teuer, wenn`s der vermieter nicht zahlt.
wir brauchen sicher nicht noch eine ausgeräumte wohnung.
ansonsten scheint es o. ganz gut wegzustecken mit ihrer optimistischen art - eben, es hätte schlimmer kommen können.
@ harfim, tut mir auch leid, dass du hier kommentiertest. als opfer ist man doppelt gearscht. nicht nur, dass man die folgen des verbrechens verdauen muss, werden einem auch noch vorhaltungen gemacht... von leuten, die nicht dabei waren, und keinen einblick in die situation haben. ich befinde mich absolut nicht in der position, mich rechtfertigen zu müssen.
bonanzaMARGOT - 05. Jun. 17, 08:27

@ lo

danke für den hinweis...
aber 1. konnte kein raub nachgewiesen werden, da o. keine verletzungen davon trug... und dass sie unter drogen gesetzt war, lässt sich nicht beweisen.
und 2. haben wir keine hausratversicherung.

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