Geben und Nehmen


Wer hasst nicht Situationen, in denen er sich ausgesprochen dumm und überfordert fühlt? Als Berufseinsteiger in die Tumordokumentation erlebe ich genau das (beinahe permanent). Ich kann nur schwer meine Konzentration hochhalten vor dem Computer im Praktikum, wo ich mühsam die Krankengeschichten nach den für die Dokumentation notwendigen Informationen durchforste. Nach drei Stunden brummt mir der Schädel. Die Praktikumsleiterin zeigt wenig Verständnis, als ich um einen freien Tag bitte. „Natürlich, Sie sind erwachsen“, sagt sie, „wir wollen natürlich, dass Sie möglichst bald für uns Aufgaben übernehmen…“ Ich blicke sie an und suche nach Worten. Überall dieselbe Tretmühle, denke ich und erkläre, dass ich in der Woche einfach einen Tag brauche, um von dem ganzen abzuschalten. Schule und Praktikum schlauchen mich mehr, als ich dachte. Natürlich ist die Thematik ungeheuer interessant aber auch sehr umfangreich und komplex. Ich komme mir vor wie ein Fahranfänger im Berliner Verkehrschaos – am liebsten würde ich das Auto abstellen und davonrennen.
„Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt die Praktikumsleiterin. Ich nicke und verlasse das Büro.

Als der Pathologe in die Biochemie und Molekularbiologie vordringt, verstehe ich nur Bahnhof. „Sie müssen sagen, wenn`s Ihnen zu viel wird“, meint er. Keiner von uns traut sich was zu sagen. Er wirkt wie in Trance, wenn er redet und verfällt automatisch in einen Hochschuldozenten-Vortrag. Wir sehen uns zig Bilder von mikroskopischem Tumorgewebe an, und er erklärt, woran man die entarteten Zellen erkennt. Ich kratze mich am Kopf und schaue ungläubig. Krampfhaft versuche ich ihm zu folgen, aber alles, was ich sehe, ist ein eingefärbter, abstrakter Mischmasch. Der Pathologe grinst, als hätte er Spaß an unseren dummen Gesichtern. Aber das ist wahrscheinlich Einbildung.

In der Pause gebe ich der Sekretärin den ablehnenden Bescheid von der Rentenversicherung zum Kopieren. Die Schulleiterin will ihre Kontakte spielen lassen. Ich hege wenig Hoffnung diesbezüglich. Sieht so aus, als bliebe ich auf den Kosten sitzen.

rosenherz - 24. Nov. 16, 22:04

Villeicht ist das eine Wirkung von Alkoholkonsum, es fällt schwerer, die Konzentration über längere Zeit aufrechzuerhalten.

bonanzaMARGOT - 25. Nov. 16, 06:23

sagst du das aus eigener erfahrung?

ich schreibe in dem text nichts über alkoholische exzesse.
SpeziellesKänguru - 25. Nov. 16, 08:25

apropos wird "vielleicht" mit "ie" geschrieben. konzentration also..
AlterRettich - 26. Nov. 16, 08:30

@Rosenherz

Dumme Gedanken hat jeder, aber der Weise verschweigt sie.
AlterRettich - 26. Nov. 16, 21:12

Wie kann man nur so giftig sein. Dann wäre wohl eine Kiste pro Tag zu wenig.
bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 09:06

da habe ich wohl was verpasst...
darf ich fragen, um was es ging?

schönen sonntag allen! die sonne ist hier schon mal da.
AlterRettich - 27. Nov. 16, 09:19

Na, ein galliger Kommentar wurde inzwischen gelöscht.. Da gings wieder um Alkohol, um was denn sonst.. Ich konnte mir die Antwort nicht verkneifen.

Danke, euch auch ein schönes Wochenende!

bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 09:23

alkohol ist ein problematisches thema - da gehört fingerspitzengefühl dazu. rosenherz verlor einen ihr nahestehenden menschen durch den alkohol... vor diesem hintergrund sehe ich ihre (giftigen) äußerungen.
rosenherz - 27. Nov. 16, 10:15

Wenns dem Rettich Spass macht, meine Äußerungen als giftig oder gallig zu definieren, na bitte, dann dann soll er seine Freude damit haben. Mich rührt so ein Vorwurf wenig, ich weiß ja, wie es ich es im Herzen empfunden hab beim Schreiben.
Ich bin von dir, BonanzaMargot, stets freundlich und respektvoll behandelt worden, wieso sollte ich mich da giftig oder gallig äußern.

bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 10:16

guten morgen rosenherz,
da du deine antwort gelöscht hast, kann ich mir in diesem speziellen fall schwer eine meinung bilden.
dein erster kommentar zu meinem beitrag, in dem du einen zusammenhang zwischen denen von mir im text erwähnten konzentrationsschwierigkeiten und dem alkohol herstellst, finde ich nicht giftig, aber unpassend.
rosenherz - 27. Nov. 16, 10:20

Gräme dich nicht wegen meines unpassend erscheinenden Kommentars, er ist sowieso bedeutungslos.
bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 10:24

ich grämte mich nur kurz. allerdings fragte ich mich, was bzw. wie ich darauf antworten soll.
um alkohol ging es mir wie gesagt gar nicht in dem beitrag.
bedeutungslos war dein kommentar natürlich nicht für mich, weil er auf meine alkoholgeschichte anspielte.
rosenherz - 27. Nov. 16, 10:39

Dabei war mein Gedankengang nicht mal als Anspielung gedacht. Zudem kenne ich deine persönliche Akoholgeschichte nicht.
bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 10:56

wenn`s keine anspielung war - warum hast du dann diesen zusammenhang hergestellt?
AlterRettich - 27. Nov. 16, 10:53

Klar, jeder, der eine Alkoholgeschichte hinter sich hat (so wie ich auch), reagiert logischerweise auf derartige Äußerungen. Man muss nicht unbedingt diese Geschichte kennen, könnte aber ein wenig sensibler und rücksichtsvoller sein - wenn man schon auf dem Blog liest. Is meine Meinung.

bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 12:21

stimmt. ist irgendwie so, als würde man einem aus dem knast entlassenen straftäter immer wieder seine verfehlungen vorhalten.
bei alkohol verhält es sich dazu komplizierter, denn der konsum ist legal. die gesellschaftliche ächtung beginnt, wenn man alkoholkrank wird und dadurch beruflich und sozial scheitert. auch wer offen darüber redet, wird mit vorurteilen und ablehnung konfrontiert. ich möchte den alkoholiker gar nicht als opfer stilisieren. er ist wie jeder mensch verantwortlich für sein tun. ich mag nur diese hinterfurzigkeit nicht, wie ich sie leider manchmal im zusammenhang mit alkohol (oder drogen) erlebe.
rosenherz - 27. Nov. 16, 12:45

Der Umgang mit Menschen, die ein Alkoholproblem haben/hatten, ist halt für Außenstehende wie das Betreten eines Minenfeldes. Man weiß nie, wo man auf eine vergrabene Mine tritt, die dann expoldiert. Als Außenstehender kann man es nie recht machen, mal passt diese Aussage nicht, mal jene, mal dieses Verhalten, mal jenes Verhalten. Als Außenstehnder macht man dauernd was falsch im Umgang mit Menschen, die in Alkoholproblem haben/hatten.
bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 13:18

rosenherz, hier ist gar nichts explodiert. niemand wurde verletzt.
alkoholiker sind auch nur menschen - sie sind wie andere menschen zu beurteilen. wenn sie scheiße bauen, dann muss man sie dafür rügen...
alkoholiker haben wie andere menschen ihre schwächen oder ihre wunden punkte. ich gehe relativ offen mit meiner alkoholgeschichte und meinem alkoholkonsum um, zumindest im privaten bereich.
du schreibst, dass man als aussenstehender im umgang mit alkoholikern nichts richtig machen kann... kommt auf den fall an, meine ich, wie man mit dem menschen verbunden ist, und welche unter umständen negativen erlebnisse man bereits mit dem thema alkohol hatte.
jede kommunikation zwischen menschen, die sich wenig oder gar nicht kennen, ist nicht ganz einfach. normalerweise versuche ich alle meine aussagen zu erklären, wenn jemand fragen hat.
ich kann dabei keinen unterschied zu menschen sehen, die keinen alkohol trinken oder nur mal ein gläschen.
vom gefühl (falls das gefühl eines alkis was gilt) würde ich sagen, dass du mit deinem verhalten hier eher anlass dafür gibst, sich auf einem "minenfeld" zu befinden.
AlterRettich - 27. Nov. 16, 12:35

Bin ganz deiner Auffassung. Muss nun (leider) wieder arbeiten. Nochmals einen schönen Tag und danke für die Diskussion!

bonanzaMARGOT - 27. Nov. 16, 12:54

danke auch für deine antworten. ich freue mich immer, wenn du hier schreibst.
ein alter kumpel/freund von mir sagte in diesem sinne: "es menschelt."

alles gute für die arbeit!
AlterRettich - 27. Nov. 16, 13:23

Ich freue mich ebenso, hier bei dir zu schreiben. Zu dem Spruch deines Freundes könnte man sagen: "Es retticht". Gruß vom Arbeitsplatz!

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