Irgendwas liegt in der Luft


Ein Tag wie Pudding. Prenzlberger Pudding, Ecke Helmholtzplatz. Ein Platz an der Sonne.
„Schön braun sind Sie“, sagt die junge Bedienung. Ein vorbeilaufender Affe mit bis zum Gehsteig herabhängenden Armen: „Die Betonung liegt auf Braun!“
„Na klar!“ meine ich und schaue in das Affengesicht des Widerlings.
„So was!“, empört sich die Bedienung. Der Widerling ist bereits um die Ecke.
„Hier kann man schön in der Sonne sitzen, ein netter Ort“, sagt sie, „sind Sie von hier?“ Und wir kommen kurz ins Gespräch über die Gegend, wo ich wohne, wo sie wohnt, Kreuzberg und Neukölln, das ich durch meine Fortbildung kenne.
„Meine Hochachtung, dass Sie in Ihrem Alter diese Fortbildung machen.“
„Ach was!“ ich bin verdutzt – meint sie das ernst?
Inzwischen kehrte meine Partnerin von der Toilette zurück. Sie ist nicht sehr angetan von unserer Unterhaltung, ihr Gesichtsausdruck eine Mischung aus Abscheu, Ärger und Arroganz. Weiß der Teufel, was in der Luft liegt. Der Tag jedenfalls ist danach gelaufen. Der Pudding schillert in allen Farben, und ich kriege keinen klaren Gedanken zusammen.
Weiter geht`s zur Kulturbrauerei. Das Motto: „Streetfood trifft handgemachte Braukunst“. Die Braukunst ist mir eine Idee zu bitter. Die dicken Backsteinmauern der alten Gebäude werden zum Synonym meines Seelenzustands. Nach zwei Bieren treten wir die Heimfahrt an. Die U-Bahn ist voll. Bayern München gegen Dortmund, Pokalendspiel im Olympiastadion. Alles wirkt sehr befremdlich auf mich, inklusive meine Partnerin.

Heute: Millionen Pappelsamen in der Luft. Die Menschen strömen in sommerlicher Kluft zum Park am Gleisdreieck. Es soll an die 30 Grad werden. Ein Duft von Scheiße wird durchs offene Fenster in die Wohnung getragen…

SpeziellesKänguru - 22. Mai. 16, 11:10

das stimmt aber gar nicht! ich war weder verärgert noch arrogant. du glaubst doch nicht im ernst, dass ich so auf eine bedienung reagieren könnte. ich bin vielleicht bescheuert, aber immerhin noch nicht auf die art und weise. tut mir sehr leid, dass es so rüber gekommen ist. wenn du die wirklichen gründe wissen möchtest, kannst mich fragen. die haben aber ausschließlich mit mir selbst zu tun.

bonanzaMARGOT - 22. Mai. 16, 11:11

wahrnehmungen können leider sehr unterschiedlich ausfallen.
SpeziellesKänguru - 22. Mai. 16, 11:17

natürlich. deswegen sage ich - es tut mir sehr leid. das problem ist, ich will dich mit meinen problemen nicht zu sehr belästigen. und manchmal hat es eine diametral andere auswirkung..

bonanzaMARGOT - 22. Mai. 16, 11:19

das ist nicht thema des beitrags. hier geht es um eine zusammenfassende schilderung meiner empfindungen zum gestrigen tag, welche nicht den anspruch hat, total korrekt oder realistisch zu sein.
SpeziellesKänguru - 22. Mai. 16, 11:22

verstehe, aber da werden meine reaktionen erwähnt, und ich möchte in diesem zusammenhang betonen - die waren ausschließlich gesundheitsbedingt und keinesfalls auf diese konversation bezogen.

bonanzaMARGOT - 22. Mai. 16, 11:27

ich habe es anders in erinnerung und lasse es freilich so stehen.
eigentlich war es noch viel schlimmer, als ich es in dem text beschrieb...
und auch für dich gilt: bitte diskutiere allzu persönliche sachen nicht auf dieser plattform (schon wegen der aasgeier).
iGing - 22. Mai. 16, 17:39

Ich mische mich ja ungern in private Auseinandersetzungen, aber hier erlaube ich mir eine Anmerkung: Nachdem du deine Beziehung durch dein Blog sozusagen öffentlich gemacht hast und deine Partnerin dadurch auch leicht zu identifizieren wäre [wenn jemand das denn wollte!], finde ich es unfair, deine öffentlich geäußerten Empfindungen nun genau von dieser Person privatissime behandelt wissen zu wollen. Nur meine Meinung!

bonanzaMARGOT - 22. Mai. 16, 19:38

alles hat seine grenzen.
dummerweise scheinen die bei unterschiedlichen menschen unterschiedlich gezogen zu werden. man möge es mir verzeihen, dass ich auf meinen blogs eigene grenzen ziehe. dies begründe ich meist. es ist nachzulesen, wenn man hier regelmäßig vorbeischaut.
Lange-Weile - 23. Mai. 16, 11:03

Auslöser

Hallo Bo.,

die innere und äußere Wahrnehmung kann sehr weit auseinander driften, d. h., was man von außen wahrnimmt, kann nach innen die unterschiedlichsten Reaktionen erzeugen. Im Yogaunterricht wurden wir in dem Zusammenhang auf ein inneres "Saatkorn" hingewiesen. Manchmal kann ein ungewohnter Blick dieses Saatkorn zum aufgehen anregen.
Ich fand diese Herangehensweise ganz interessant. lenkte sie meinen Blick auf mich selbst, wenn ich innere Reaktionen spürte und zu Projektionen neigte.

Achja.. meine Email an dich über GMX kommt mit der Info: "Hallo,
dieses Mail-Konto wurde von mir stillgelegt " wieder zurück
:-(

LG La We


bonanzaMARGOT - 23. Mai. 16, 19:25

hi lawe!

schön, wieder von dir zu hören bzw. zu lesen!
mein gmx mail-konto legte ich schon vor einer weile still. ich schrieb dir heute eine mail, die dich hoffentlich erreichte.

außen und innen können in einem ziemlichen diskurs liegen: es kommt vor, dass ich mich innerlich ganz anders fühle, als ich offenbar nach außen wirke. ebenso kann ich damit falsch liegen, einen mitmenschen nach seiner momentanen ausstrahlung, seiner mimik und gestik und seinen bemerkungen (situativ) einzuschätzen.
wir können diese "fehler" in der einschätzung im alltag unmöglich alle ausräumen. oft bleibt uns darum das verhalten unserer mitmenschen unerklärlich...

was meinst du mit dem beispiel des "inneren saatkorns"? das verstand ich nicht so richtig.
Lange-Weile - 28. Mai. 16, 14:08

Achja.. das Saatkorn...

im Grunde einfach zu verstehen. Eben ein Saatkorn, dass darauf wartet, aufgehen zu können. Liegt es in der Erde benötigt es Wasser und Wärme.. dann bricht die Schale auf und es schlägt Wurzeln in den Boden und treibt die Pflanze über den Boden.

Ähnlich verhält es sich bei den Menschen. Wir haben etwas in uns, dass erst Impulse von außen benötigt, um sich entfalten zu können. Dabei geht es um menschliche Eigenschaften wie die Liebe, oder der Hass oder die Aggression. Das sind nur einige Bespiele, die man sich dabei vorstellen kann.

Ein Beispiel aus der Geschichte sind z. B. Bonnie und Clyde. Jeder von ihnen hatte schon aus seinem eigenen Leben ihr Päckchen zu tragen. Demütigungen und erduldete Gewalt in der Jugend machten sie aggressiv. Das Saatkorn der Aggression war in beiden vorhanden, als sie sich trafen. Mit ihrem Zusammentreffen ging die Saat bei beiden auf und wie es in ihrem Leben weiter ging, weiß fast jeder. Leichen pflasterten ihren Weg bevor sie selber im Kugelhagel starben.

Dito die NSU Gruppe, von denen nur noch Beate Tschäpe lebt. Allein wäre sie diesen Weg womöglich niemals gegangen, wenn sie die beiden Männer nicht getroffen hätte. Das Saatkorn ihrer Aggression bekam die entsprechenden Impulse von außen. Hätte sie dieses Potential nicht schon in sich gehabt, wäre auch ihr Leben anders verlaufen.

Das waren eben nur Negativbespiele, es gibt auch zahlreiche positve Beispiele. wie z. B. die Liebe und das, was mit ihr einher geht - Vertrauen. Wer dieses Potential nicht ins trägt, wird sich nicht wirklich auf die Liebe einlassen können.

Reagiert man als Mensch innerhalb in der Beziehung auf einen Impuls, der nicht im Verhältnis zu dem steht, was aktuell "passiert" ist, kann es sein, dass man zeitverzögert auf ein altes ..vielleicht schon längst vergessenes Ereignis - reagiert Das bezeichne ich auch als eine Art Saatkorn. das aufgehen kann, wenn nur der richtige Impuls von außen kommt.

Puh.. das war jetzt ein langer Text... und mir geht es grade wie den Referenten deiner Fortbildung.. darüber könnte man Wochen regen und diskutieren ;-)

LG La We

bonanzaMARGOT - 29. Mai. 16, 08:54

so gesehen ist das bild des saatkorns im menschen ein sehr schönes - aber eben auch nur eine theorie.
nicht bei jedem menschen geht jedes saatkorn bei gegebenen umständen auf. da müßten noch viel mehr verbrecher herumlaufen. und auch viel mehr "heilige".
die wirklichkeit ist leicht komplexer als dieses bild. ich sehe den menschen in der hauptsache als ein sehr manipulierbares wesen an: menschen werden durch unterschiedliche einwirkungen geleitet, je nach disposition. so entwickeln manche menschen eher eine sucht als andere oder werden schneller aggressiv als andere etc.; manche menschen sind empfänglicher für ideologien oder religionen, und andere wiederum sind empfänglicher für den mammon. das bild des saatkorns bildet diese komplexität nicht ab. die spannende frage ist, in wieweit wir negative verhaltensweisen an uns erkennen und ihnen entgegensteuern können. oft gelingt das nicht ohne hilfe von außen. leider wird einem aber keine oder die falsche hilfe zuteil, z.b. als straftäter... das böse als solches existiert (meiner meinung nach) im menschen nicht, das gute dummerweise ebensowenig. vielleicht gibt es sowas wie ein gewissen, eine art inneres wertesystem, welchem wir uns verpflichtet fühlen. wir menschen sind auf der suche, wir rudern und schwimmen - viele halten sich dann an falsche hüte.

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