Mittwoch, 29. August 2018

Mittwochs-Bild




mein Reise-Bock in Dömitz an der Elbe

Was man nicht alles macht


Der neue Sattel prunkt bereits auf dem Reise-Bike. Ein Flyer Special, gefedert. Nicht dass ich nächstes Mal erneut mit dem Cambium auf Reise gehe. Ich mag`s zwar gern hart, aber diesmal zollte ich Tribut und scheuerte mich wund an Stellen, die kein Mensch je gesehen hat außer meine Mutter damals und eventuell einige Frauen… Die Schmerzen waren zwischenzeitlich höllisch. Die Unterhose klebte an den wunden Stellen. Jedes neue Niedersetzen auf den Sattel wurde zur Qual, bis ich eine halbwegs tolerable Sitzposition gefunden hatte. Ohne dieses pikante Problem wäre ich sicherlich um einiges besser unterwegs gewesen und auch flotter. So saß ich sprichwörtlich wie der Affe auf dem Schleifstein auf meinem Rad und vermied nach Möglichkeit streckengegebene Unebenheiten, die ich sonst locker weggesteckt hätte. Doch leider passierte es immer wieder und „Autsch!“ – mancher Ritt auf Wald- und Feldwegen wurde regelrecht zur Folter. Augen zu und durch. „Was man nicht alles macht…“, sagte ich dann wiederholt zu mir selbst.
Das Fahrrad steckte die Reise gut weg. Es steht mit dem neuen Sattel im Zimmer und grinst mich frech an. Gut, wenn das Material mehr aushält als ich. Eine Sorge weniger auf der Tour. Nach Kopenhagen meine zweite Reise mit dem Fahrrad, das ich mir erst letztes Jahr zulegte. Ich bin mehr als zufrieden. Langsam wachsen wir zusammen. Ich mag`s, wenn auf etwas Verlass ist. Das gilt nicht nur für Dinge. Und ich mag`s, wenn etwas was darstellt ohne viel Aufhebens darum. Ich liebe die Ästhetik der schlichten Funktionalität. Okay, ein Schuss Extravaganz darf schon sein. Der Cambium war so ein Schuss…, der aber in die Hose ging.

Dienstag, 28. August 2018

Wieder hier!


Jesus Christus, fühle ich mich ausgelutscht! Zurück am Schreibtischplatz in meiner Wohnung – der Blick aus dem Fenster zeigt die vertraute Kulisse von parkenden Autos, gegenüberliegender Häuserfront und Litfaßsäule. Die Sonne scheint aufs Kopfsteinpflaster, Passanten laufen durchs Blickfeld im sommerlichen Outfit, ein leichter Wind weht durch die Stadtbäume. Als ich gestern gegen 21 Uhr den Hauptbahnhof verließ, fühlte sich das Radeln durchs abendliche Berlin wie ein wohliges Wannenbad an. Vorbei an Reichstag, Brandenburger Tor und Potsdamer Platz erreichte ich nach wenigen Minuten meine Haustür. UFF! 12 Stunden vorher hatte ich noch mit den widrigen Wetterverhältnissen an der Nordsee gekämpft, baute das Zelt bei Wind und Regen ab, Lufttemperatur dort gerade mal 13 Grad Celsius. Die letzten drei Nächte verbrachte ich auf einem Campingplatz in St. Peter Ording. Die Nächte im Zelt waren ein Graus, weil der Wind mit 50 km/h tobte, und der Regen fast ununterbrochen auf die Zeltwand prasselte. Beides zusammen, Wind und Regen, sorgte in der Nacht für ein infernalisches Lärmspektakel! Nichts für schwache Nerven. Nordsee halt.
Inzwischen sind die Packtaschen ausgepackt. Die Waschmaschine läuft mit der Schmutzwäsche von der Reise. Die nasse Zeltplane liegt zum Trocknen aus. Ich sitze am Computer, lese die Nachrichten und einige Blogeinträge. Ich kriege nicht zusammen, was ich in den 12 Tagen auf der Strecke an mannigfaltigen Eindrücken erlebte. Wie die Schmutzwäsche in der Waschmaschine gerade geschleudert wird, wirbeln diese Eindrücke bunt durcheinander durch meinen Kopf, ein einziges konfuses Knäuel. Wahnsinn, denke ich, ich habe es wiedermal geschafft! Es war keine meiner leichtesten Touren. Ich startete konditionell in relativ schlechter Verfassung. Zwischendurch wurde es zur Tour de Torture
Schön, dass ich zurück in meinen vier Wänden bin. Der Bluessender läuft. An den Wänden prangen meine Bilder. Ich bewege mich in meinem abgesicherten Raum mit dem bescheidenen Komfort von Federkernmatratze, elektrischem Strom und warmem Wasser auf 50 Quadratmetern. Nicht zu vergessen mein Computer und der WLAN Anschluss. Schön. Ich bin zuhause. Ein Empfangskomitee gab es zwar nicht, aber egal. Eine Nachricht befand sich im Briefkasten, eine Karte, auf der stand:
„Ihr Ablesedienst war da. Wir kommen aber noch einmal.“
Schön.

Mittwoch, 15. August 2018

Mittwochs-Worte


Mit Vollrausch in den Urlaub...

Brasko und die geklauten Minuten


V


Es gibt nichts gruseligeres als die letzte Minute vor einem tragischen Unglück, das die Beteiligten in den Tod reißt. Brasko liest vom Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua. Du denkst an nichts Böses, summst die Melodie eines Songs mit, den das Radio spielt – z.B. „Beds Are Burning“ von Midnight Oil, längst ein Klassiker, der aber immer noch rockt. Du siehst die riesige Brücke bereits vor dir. Es ist mitten am Tag. 100 Meter vor dir ein LKW. Vielleicht denkst du an deine Frau, deine Kinder, deine Eltern, oder du denkst an die Arbeit und an scheiß Probleme. Vielleicht denkst du auch an gar nichts, weil du ganz in der Musik aus dem Autoradio versinkst… the time has come, to say fair's fair, to pay the rent, to pay our share, the time has come, a fact's a fact, it belongs to them, let's give it back… Du bist mit gut 100 Sachen auf der Brücke unterwegs. Du setzt den Blinker, um den LKW zu überholen. Im Rückspiegel dein bisheriges Leben. Vor dir… kein LKW mehr, vollkommen irreal. Dir bleiben nur noch wenige Sekunden, die Hände verkrampft am Lenkrad, die Augen weit aufgerissen…
Brasko wankt zur Küche, um seinen Drink nachzufüllen. Wie wäre das, wenn sich Minuten aus der Zukunft generieren ließen. Wozu etwas nacherleben, was längst vorbei ist? ... Irgendwann wird auch seine letzte Minute kommen. Unter welchen Umständen auch immer. Wahrscheinlich wird es keine einstürzende Brücke sein, sondern eher Leberzirrhose oder ein Sturz besoffen die Treppe runter. Alles irgendwie gleichblöd.
Plötzlich klingelt es an der Tür. Er erwartet niemanden. Er ist ganz schön durch den Wind. Der Sandmann? Jetzt schon mit der Test-Minute?

„Mr. Brasko?“
„Äh ja.“
„Ich bin Mrs. Sandmann.“
„Das ist fantastisch! Kommen Sie doch bitte herein.“
An Brasko vorbei schwebt eine überirdische Erscheinung, glattes schulterlanges Haar, sandfarben, und eine Figur, die jeder Sanddüne Konkurrenz machen würde. Ein enganliegendes schwarzes Kleid betont die Kurven. Verdammt aber nochmal! Verlegen bittet er seinen Überraschungsgast Platz zu nehmen.
„Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?“
„Nein danke. Ich vertrage nicht viel.“
„Ein Glas Wasser?“
„Gern.“

Sonntag, 12. August 2018

Brasko und die geklauten Minuten


IV


Das Schwitzen nimmt kein Ende, obwohl die Temperaturen etwas runtergingen in der Nacht. Brasko fühlt sich am Morgen wie gerädert. Ächzend wandert er durch die Zimmer wie ein Tiger im Käfig, ein alter Tiger. Er hält kurz inne und blickt mürrisch aus dem Fenster: Alles wie gehabt. Ein weiterer Sommertag voller Sonne, Freude und oberflächlichem Glanz. Die Menschen tun, was sie tun müssen im Koordinatensystem ihres beschränkten Verstands, ihrer Bedürfnisse und Wünsche, ihrer Ideen und Phantasmen… auf einem Gesteinsplaneten, den sie Erde nennen, in dessen hauchdünner Atmosphäre sie ihr kurzes Dasein fristen. Und nun kommt dieser Sandmann mit „seinen Minuten“, die ihm wertvoller als alles erscheinen! Was ist schon eine Minute?! Ein Fliegenschiss, der meist nichts bedeutet. Das Leben besteht aus einer riesigen Minuten-Armee, wo eine der anderen gleicht, die allesamt im Gleichschritt in eine Höllenschlacht ziehen, die nicht gewonnen werden kann. Das Leben ist ein Waterloo! Brasko schnauft wütend. Er spürt, dass er langsam in Fahrt kommt. Es wird Zeit für den ersten Drink.
Freilich gibt es auch entscheidende Minuten. In einer Minute kann eine ganze Menge passieren. Little Boy fiel eine Dreiviertel Minute vom Ausklinken aus dem Bombenschacht bis zur Detonation über dem Ziel Hiroshima. Was für eine unendlich schweigsame Minute muss das gewesen sein! Minuten können furchtbar lang werden – wenn sich z.B. der Fallschirm nicht öffnet. Auf der anderen Seite erscheinen uns glückliche Minuten wesentlich kürzer. Brasko sucht nach diesen glücklichen Minuten in seinem Leben und findet auf Anhieb keine. Vielleicht hat er sie alle vergessen…, oder er ignoriert sie schlichtweg. „Bah! Scheiß drauf! Die Nutte kriegt mich nicht!“ sagt er zu sich selbst und fährt sich nach einem kräftigen Schluck aus seinem Drink mit dem Handrücken über den Mund. In Braskos Augen ist die ganze Welt nuttig und verkommen, nur darauf aus, seine Seele zu ficken.
Minuten kann man nicht zurückholen! Der Sandmann ist ein Idiot, ein reicher Spinner! Diese Typen haben alles, und das ist ihr Fluch. Sie kriegen die schönsten Mösen, fahren die teuersten Sportwagen, besitzen auf jedem Kontinent eine Villa, feiern auf ihren Jachten wilde Partys… wissen kaum noch, wohin mit der ganzen Kohle. Sie werden zu Gefangenen ihrer vergoldeten Scheiße, und je nach Charakter sind sie schließlich empfänglich für die verrücktesten Ideen und Sachen...

Brasko gähnt. Er fährt den Computer hoch und schickt dem Sandmann die Koordinaten seiner Test-Minute. Er hatte schließlich schon verrücktere Fälle.

TV-Tipp

"Das ist das Ende", 22 Uhr 20, RTL II

Samstag, 11. August 2018

Brasko und die geklauten Minuten


III


Abschließend macht der Sandmann Brasko darauf aufmerksam, dass man nur einmal dieselbe Minute erzeugen könne, außerdem müsse man die genauen zeitlichen Koordinaten angeben.
„Seien Sie also sehr sorgsam bei der Auswahl“, betont er, „Sie verstehen jetzt vielleicht, warum für mich der Verlust derart groß ist. Sie müssen dem gemeinen Dieb auf die Schliche kommen!“
„Wozu könnte ihm sein Diebesgut denn nützlich sein?“
Der Sandmann zuckt mit den Schultern und meint, dass man, soweit ihm bekannt sei, nur seine eigenen Minuten wiedererfahren könne. Aber der Dieb sah das wohl anders…


Was hat er sich da nur wieder aufgehalst, denkt Brasko müde, als er sich zurück in den eigenen vier Wänden ausstreckt. Plötzlich verspürt er keine Lust mehr an der Geschichte. Und: An was für einer fuckin` Minute seines fuckin` Lebens sollte er die Wirkung testen? Am Ende ist das Zeug giftig oder macht impotent. Am Ende will ihn der Sandmann nur verarschen. Komische Type. Er wirkte unscheinbar, beinahe konturlos, - wie eine Erhebung aus Sand mit Sonnenbrille. Alles an ihm war irgendwie sandig… Manche Menschen sehen aus, wie sie heißen. Oder sie sind das, was ihr Name sagt. Schon seltsam, wie sich der Name mit einer Person verbinden kann. Namen sind eben nicht Schall und Rauch. Und das betrifft nicht nur Menschen, sondern auch Dinge und andere Erscheinungen sowie Ereignisse. Der Sandmann kann unmöglich anders heißen. „Unmöglich“, wiederholt Brasko in Gedanken und grinst sein Braskogrinsen.
Für den Test sucht er sich am besten eine Minute aus, die nicht zu lange zurückliegt, an welche er sich relativ gut erinnern kann, die noch nicht im Nebel liegt. Alles andere kann Einbildung sein, die aber derart stark rüberkommt, dass man sie für wahrhaftig hält. Schließlich will er wissen, was an der Sache dran ist. Auf der anderen Seite wäre es spannend, eine der vielen Minuten zu nehmen, die im Meer des Vergessens auf dem Grund dahinmodern…


Mitten in der Nacht schreckt Brasko hoch. Ein Anruf vom Sandmann, der ungeduldig nachfragt.
„Okay, ich schicke Ihnen morgen früh eine Mail mit den Koordinaten.“
„Ich will Sie nicht drängen, aber mir läuft die Zeit davon.“
„Mr. Sandmann, jedem läuft die Zeit davon.“

Mittwoch, 8. August 2018

Mittwochs-Zitat

„Letztes Jahr habe ich den Kapbüffel, einen Löwen, eine Löwin und ein schwarzes Wildebeest erlegt. Dieses Jahr will ich einen Elefanten, ein Nilpferd, ein Krokodil und einen Leoparden vors Gewehr bekommen. Ich nehme mein neues Gewehr mit, ein 416er Rigby."
R. Lee Ermey (alias Gunnery Sergeant Hartman in Stanley Kubricks "Full Metal Jacket")

TV-Tipp

"Full Metal Jacket", 20 Uhr 15, Kabel 1

Sonntag, 5. August 2018

Brasko und die geklauten Minuten


II


„Kennen Sie den größten Schatz zwischen Himmel und Erde?“
„Gesundheit und ein langes Leben, schätze ich…“
„Freilich, Mr. Brasko, fraglos. Ich meine aber etwas anderes, was wir gemeinhin vollkommen verkennen.“
Brasko genehmigt sich einen großen Schluck Bier. Der Sandmann und er sitzen im Halbschatten unter einer großen Pergola. Der Biergarten liegt am Rande einer größeren Parkanlage der Großstadt. Vis-à-vis eine Hochbahntrasse, auf der zitronengelbe Züge in aller Regelmäßigkeit vorbeirattern, um schließlich im Häusermeer zu verschwinden. Gewöhnlich tummeln sich viele junge Menschen und Familien auf dem Parkgelände, nehmen ein Sonnenbad, üben sich in Akrobatik oder spielen ausgelassen Frisbee, Basketball… Bei der aktuellen Hitzewelle ist der Bewegungstrieb allerdings gemindert, die Menschen suchen den Schatten und die Erfrischung. Brasko genießt den Augenschmaus, der sich ihm darbietet. Er liebt die schönen Körper und frischen Gesichter. Er liebt die Vielfalt der menschlichen Erscheinung. Er liebt interessante Menschen.
„Ist Ihnen klar, wie einzigartig jede Minute unserer Existenz ist?“ fährt der Sandmann in seiner Rede fort, „und wie kostbar – wie ungeheuer kostbar?! Denken Sie an die schönsten Momente Ihres Lebens, wie schnell sie unwiederbringlich vorbei sind. Es bleiben nur Fotos und Videos - immer blasser werdende Erinnerungen. Alles verschwindet auf Nimmerwiedersehen im großen Schlund der Vergangenheit. Wie nun, wenn man das ein oder andere konservieren oder zurückholen könnte, nicht nur als Bild- oder Videodatei, sondern 1:1 durch ein Wundermittel wiedererlebbar - vollkommen authentisch? Wäre es nicht fantastisch gerade in schlechten Zeiten, sich zu den besten Minuten seines Lebens quasi zurückzu…beamen, zurück zu den glücklichsten Momenten in der Liebe, zurück zu seinen größten Erfolgen…?“
Brasko starrt in Gedanken versunken auf eine Frau, die am Getränkestand ansteht. Eine interessante Erscheinung. Sie hat die richtige Mischung aus Natürlichkeit und Ästhetik, leicht verdorben in ihrer Haltung, aber ohne vulgär zu wirken.
„Ja, Fantastisch!“
„Nicht wahr?! Und nun halten Sie sich fest, dieses Wundermittel existiert! Keine Alchemie, alles wissenschaftlich fundiert. Ich weiß, es ist schwer zu glauben. Aber ich habe es probiert! … Mr. Brasko?“
„Ja. Äh, entschuldigen Sie, Mr. Sandmann. Es klingt wirklich unglaublich, was Sie mir da berichten. Eine Essenz, die uns längst Vergangenes vollkommen authentisch wiedererleben lässt – habe ich Sie da richtig verstanden?“
„Absolut, absolut. Aber können Sie sich auch vorstellen, was das bedeutet?“
Brasko registriert, dass die Frau seines Interesses zwei Bier zu einem wartenden männlichen Gast trägt. Sie stellt die Bier ab und küsst den Mann. Brasko wäre gern an seiner Stelle.
„Na ja, ich denke, falls zutrifft, was Sie sagen, dann wird daraus ein Riesengeschäft.“
„Sehen Sie, und das ist der springende Punkt. Man klaute mir 10 Minuten! Die wichtigsten Minuten meines Lebens! Unglaublich kostbar in meinen Augen, und außerdem blätterte ich ein kleines Vermögen dafür hin. Mr. Brasko, Sie sind meine letzte Hoffnung. Bringen Sie mir diesen Schatz zurück! Ich bitte Sie eindringlich…“
Brasko fasst die Sache für sich gedanklich zusammen: Irgendjemand braut in geheimen Labors ein Wundermittel, das einem Vergangenes angeblich wieder 1:1 erleben lässt und verscheuert diese Tinktur an leichtgläubige Superreiche zu einem horrenden Preis.
„Okay, Mr. Sandmann, ich bin Ihr Mann, aber vorher liefern Sie mir bitte einen Beweis, dass dieses Wundermittel auch wirklich funktioniert.“
„Kein Problem – ich organisiere das. Überlegen Sie sich in der Zwischenzeit, an welcher Minute Ihres Lebens Sie es testen wollen. Sie werden überrascht sein.“

Samstag, 4. August 2018

TV-Tipp

"James Dean - Ein Leben auf der Überholspur", 20 Uhr 15, Servus TV

Brasko und die geklauten Minuten


I


Er erlebt den heißesten Sommer, an den er sich erinnern kann. Früher hätte er sich den noch gewünscht, einen Sommer, wie gemacht für die Liebe, einen Sommer, wo man jeden Tag raus an den See fuhr und erst spät abends zurückkehrte. Am Ende war man brutzel-braun gebraten und schlank vom vielen Schwimmen und Herumtoben im Freien…
Brasko schlappt gebeugt in die Küche und reißt das Fenster auf. Noch ist die Lufttemperatur morgendlich lau, das heißt, sie liegt (erst) bei 23° Celsius, 6 Uhr in der Früh. Er füllt in eine Schüssel kaltes Wasser und trägt sie an seinen Schreibtischplatz. Ein bisschen schwappt über den Rand, und er brummelt sowas in seinen Bart wie: „Warum muss man verflucht noch mal alt werden?“
Er fährt den Computer hoch und stellt seine Füße in die Schüssel. Sofort fällt sein Blick auf eine Mail, die als „Wichtig“ gekennzeichnet ist. In der Betreffzeile steht: „Ein Auftrag! Dringend!“ Die Mail war bereits am Abend hereingeflattert, aber da lag Brasko bereits schwitzend in der Heia und träumte von vergangenen Zeiten…
Natürlich kann er wegen der Kohle einen Auftrag gut brauchen. Auf der anderen Seite fühlt er sich so gar nicht nach Arbeit. Ihm ist nach… gar nichts. Genau, Brasko grinst in sich rein und paddelt ein wenig mit den Füßen im kalten Wasser – „Gar nichts, grunz. Trotzdem mal lesen, was da an mich herangetragen wird, haha.“

Sehr geehrter Mr. Brasko,

Sie wurden mir vom Weihnachtsmann empfohlen. Er meinte, Sie seien von den Fußspitzen bis zum Scheitel diskret und hätten ein Faible für ungewöhnliche Fälle. Bitte lassen Sie mich nicht hängen, ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll. Am Besten melden Sie sich bei mir, um zeitnah ein Treffen zu vereinbaren. Ich kann Ihnen die Problematik unmöglich per Mail erläutern. Nur so viel: Mir wurden Dinge gestohlen, die mir sehr teuer sind. Verstehen Sie?! Sehr teuer! Es soll ihr Schaden nicht sein, wenn Sie den Auftrag annehmen.

Herzlichst
Sandmann


Brasko ist solche Anfragen von leicht irren aber zahlungskräftigen Kunden gewohnt. Meist kommt er am Ende dabei gut weg. Wenn es nur nicht so heiß wäre. „Scheiß Klimawandel! scheiß Entropie!“ Er stapft mit der Wanne zurück in die Küche und entleert sie über dem Ausguss. Anstatt kaltes Wasser nachzufüllen, greift er sich ein Bier aus dem Kühlschrank.

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