Samstag, 28. Mai 2016

Fortbildung

...zur neuen ISO 9001, insbesondere Risikomanagement. Das Chefarztehepaar erscheint im ersten und letzten Drittel, als Brötchen, Kuchen und Kaffee aufgetischt werden. Ich halte mich am Mineralwasser. Einige Ärzte und QMBs sitzen in der Runde. Ich wundere mich, wie viel ich von dem Vortrag verstehe. Das meiste sind Allgemeinplätze. Eine Menge Blablabla. Plan-Do-Check-Act, der PDCA-Zyklus etc.. Alles ist bis ins Kleinste vordefiniert und klingt an sich logisch wie Mathematik. Auf der einen Seite die Sprache des Qualitätsmanagements, und auf der anderen Seite sitzen Menschen… Der Dozent bemüht sich. Er ist Sechsunddreißig und sieht aus wie Mitte Vierzig. Ich schätze, er hat ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Meine Praktikumsanleiterin ist begeistert von ihm. Sie initiierte die eintägige Fortbildung.
„Ich musste den Stoff deutlich herunterbrechen. Für das Thema kann man gut und gern eine Woche verwenden“, sagt der Dozent. Zwischendurch schaut er mich an und grinst. Ich grinse zurück und komme mir blöd vor. Der Nachmittag zieht sich mit Risikomanagement. Man diskutiert über vorstellbare Szenarien. Das Chefarztehepaar ist zurück. Ein Tablett mit Kuchen wird herumgereicht, Kaffeetassen werden nachgefüllt. Der Chefarzt schwäbelt mit sonorer Stimme. Er liegt mehr auf seinem Stuhl, als dass er sitzt. Man reagiert recht unterwürfig, wenn er seinen Senf dazugibt. Er gilt als Koryphäe.
Die letzten Minuten fühlen sich an wie eine verstopfte Sanduhr. Der Dozent geht herum und reicht allen die Hand. „Viel Input, aber interessant und anschaulich“, sage ich ihm.
Auf dem Heimweg atme ich auf, aber der schwüle Tag macht es mir schwer. Er lässt mich nicht los, und ich kann auch nicht loslassen.

Wochen-Impressionen




Bummeln




Büroalltag




morgendliche Andacht




... der Weg ist das Ziel

Freitag, 27. Mai 2016

TV-Tipp:

"Unter dem Teppich", 20 Uhr 15, Arte

Mittwoch, 25. Mai 2016

Mittwochs-Erfindung

Zahnpasta und Shampoo in einem:
reinigt die Zähne und bringt Glanz in die Mähne.

Montag, 23. Mai 2016

TV-Tipp:

"Die Mörder sind unter uns", 20 Uhr 15, Arte

Sonntag, 22. Mai 2016

Irgendwas liegt in der Luft


Ein Tag wie Pudding. Prenzlberger Pudding, Ecke Helmholtzplatz. Ein Platz an der Sonne.
„Schön braun sind Sie“, sagt die junge Bedienung. Ein vorbeilaufender Affe mit bis zum Gehsteig herabhängenden Armen: „Die Betonung liegt auf Braun!“
„Na klar!“ meine ich und schaue in das Affengesicht des Widerlings.
„So was!“, empört sich die Bedienung. Der Widerling ist bereits um die Ecke.
„Hier kann man schön in der Sonne sitzen, ein netter Ort“, sagt sie, „sind Sie von hier?“ Und wir kommen kurz ins Gespräch über die Gegend, wo ich wohne, wo sie wohnt, Kreuzberg und Neukölln, das ich durch meine Fortbildung kenne.
„Meine Hochachtung, dass Sie in Ihrem Alter diese Fortbildung machen.“
„Ach was!“ ich bin verdutzt – meint sie das ernst?
Inzwischen kehrte meine Partnerin von der Toilette zurück. Sie ist nicht sehr angetan von unserer Unterhaltung, ihr Gesichtsausdruck eine Mischung aus Abscheu, Ärger und Arroganz. Weiß der Teufel, was in der Luft liegt. Der Tag jedenfalls ist danach gelaufen. Der Pudding schillert in allen Farben, und ich kriege keinen klaren Gedanken zusammen.
Weiter geht`s zur Kulturbrauerei. Das Motto: „Streetfood trifft handgemachte Braukunst“. Die Braukunst ist mir eine Idee zu bitter. Die dicken Backsteinmauern der alten Gebäude werden zum Synonym meines Seelenzustands. Nach zwei Bieren treten wir die Heimfahrt an. Die U-Bahn ist voll. Bayern München gegen Dortmund, Pokalendspiel im Olympiastadion. Alles wirkt sehr befremdlich auf mich, inklusive meine Partnerin.

Heute: Millionen Pappelsamen in der Luft. Die Menschen strömen in sommerlicher Kluft zum Park am Gleisdreieck. Es soll an die 30 Grad werden. Ein Duft von Scheiße wird durchs offene Fenster in die Wohnung getragen…

Freitag, 20. Mai 2016

Behandlung (II)


„Ich würde sagen, das Leben ist wie ein Zahnarztbesuch: man muss da durch.
Sich umbringen erspart einem zwar die Qualen beim Zahnarzt - aber wer weiß schon sicher, ob es nach dem Tod wirklich angenehmer ist. Womöglich hat dann der Zahnarzt Hörner und einen Pferdefuß.“


Ich habe das Gefühl von Baustelle im Mund, zumindest auf der linken Seite. Dummerweise vergaß ich Strohhalme zu kaufen. Aber mit etwas Konzentration geht das Biertrinken auch ohne. Gleich mal zwei IBU schlucken. Ich bin der Meinung, dass man sich in manchen Situationen ruhig zudröhnen darf. Wie wir oft genug gesagt bekommen: Das Leben ist kein Ponyhof. Und ich stehe nicht auf SM… Nein, ich halte mich nicht für einen Weichling. Absolut nicht! Tapfer hielt ich auch die zweite Behandlung auf dem Zahnarztstuhl durch. Da Parodontitis eine Volkskrankheit ist, bin ich sowieso nicht der einzige, der diese Prozedur erleiden muss.
Man muss da durch und hoffen, dass die zahnmedizinischen Fachleute, denen man sich anvertraut, ihr Handwerk verstehen.

Davon abgesehen bescherten mir die zwei Behandlungstermine ein verlängertes Wochenende. Ich will mich nicht beklagen. Die Sonne lockt vor die Tür.

Donnerstag, 19. Mai 2016

Behandlung (I)


„Sieht aus wie beim Fleischer“, sagte sie.
Ich lächelte gequält, während sich der Zahnarztstuhl langsam wieder zur Sitzposition aufrichtete.
„Ich konnte einiges rausholen. Wir haben gut gearbeitet heute.“
„Sie haben gearbeitet“, sagte ich, „und ich habe die Zähne zusammengebissen.“
Sie lachte. Nach einer Stunde konzentriertem Herumgemache an meinen Zähnen und Zahnfleisch waren wir beide froh, es hinter uns zu haben. Was manche Leute für Jobs haben, dachte ich bei mir, und empfand eine gewisse Hochachtung vor der Dame. Hoffentlich machte sie ihren Job gut.
„Ich weiß, es ist nicht die erfreulichste Behandlung“, sagte sie, als wir uns verabschiedeten.
„Das war mir klar.“
„Dann bis morgen.“
„Danke.“
Mit einem speziellen Mundwasser und einer AU für zwei Tage machte ich mich mit dem Fahrrad auf den Heimweg.
Erst langsam lässt die Betäubung nach. Die ganze rechte Gesichtshälfte ist taub. Beim Biertrinken muss ich aufpassen, dass ich nichts neben raus verläppere. Ein Strohhalm wäre gut. Schreibe ich am besten gleich auf die Einkaufsliste, denn morgen ist die andere Seite dran.

Mittwoch, 18. Mai 2016

Mittwochs-Poesie

...
Geschirmt sind die Liebenden
sie finden den versteckten Schmerz der Abendsonne
auf einem Weidenzweig blutend -
und üben in den Nächten lächelnd das Sterben,
den leisen Tod
mit allen Quellen, die in Sehnsucht rinnen


(Nelly Sachs)

ein literarisches Tagebuch

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