Alles, alles, alles
Zwei Zentner Leben schleppe ich durch die Gegend: Knochen, Sehnen, Muskeln, Fett, Organstrukturen…, am schwersten wiegt der Kopf, aus dem ich ständig wie blöde herausglotze, wenn ich nicht gerade döse oder schlafe, - wenn nicht gerade irre Träume meinen Geist bevölkern: zusammengewürfelter Schwachsinn wie Erbrochenes.
Nichts weiß ich von alldem, wenn ich an mir herabschaue, nur dass es mich schon ewig begleitet. Es ist nicht in Frage zu stellen. Die Nervenstränge verbinden alles und führen es hinter meiner Stirn zusammen. Unvorstellbar, wie aus einer befruchteten Eizelle all das erwachsen konnte. 55-mal drehte sich seit meiner Geburt die Erde um die Sonne. Und die Karussellfahrt geht weiter. Meine Eltern lösten das Ticket. Ich sehe, wie sie mir bei jeder Umrundung zuwinken. Ja, da sitze ich, der Wonneproppen, und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich schaue mich um und sehe, dass die Meisten Spaß dran haben, - und vorm Ticketschalter eine Menschenschlange.
Ich traue mich nicht, meine Mitmenschen zu fragen, wie sie… mit alldem klarkommen. Ich weiß auch gar nicht, wie ich es formulieren soll. Am Ende hält man mich noch für verrückt. Besonders verstanden habe ich mich von meinen Mitmenschen noch nie gefühlt. Aber das beruht auf Gegenseitigkeit.
Die Mitte habe ich nun eindeutig überschritten. Die Uhr läuft ab. Im Kreis drehen macht alt. Zu meinen Eltern, die mir nach wie vor winken, gesellte sich Einstein. Macht er sich etwa an meine Mutter ran? Zornesröte steigt mir ins Gesicht. Seine Relativitätstheorie kann er sich relatief wohin stecken! Der soll sich bloß zurückhalten! (Ebenso wie dieser Weinstein!)
Wird Zeit, dass ich hier die Musik laut drehe… ZZ Top, „Cheap Sunglasses“.
Ich tanze nach alter Manier durch den Wohnraum und finde mich gut, saugut!
bonanzaMARGOT
- 22. Jul. 18, 12:07
- boMAs Gedichte und Texte