Freitag, 4. Dezember 2015

Joker-Tag


Ich nahm mir einen „Joker-Tag“, drei haben wir während der Fortbildung. Nach einem Vierteljahr Schule gönne ich mir ein verlängertes Wochenende.
Gestern am frühen Abend waren wir mal wieder bei „Neffes“ in der Potsdamer Straße. Maestro, so nennen wir den Chef, begrüßte uns herzlich. „Lange nicht gesehen.“ Als wir hierherzogen, gingen wir häufig zu „Neffes“. Das Lokal liegt nur wenige Minuten Fußweg von unserer Wohnung, die Atmosphäre gemütlich, die Preise akzeptabel. Maestro bot uns einen Platz in dem Bereich an, den er für seine Stammgäste reserviert hält. Wir rätselten schon oft über seine Herkunft – jedenfalls nicht italienisch, und auch nicht türkisch. (Wurscht.) Wir stimmten darüber ein, dass es eine gute Idee war, ihn mal wieder zu besuchen. Endlich hatte O. ihren Termin beim Bürgeramt gehabt. Ein weiterer Punkt des „Ankommens in Berlin“ war somit abgehakt. Natürlich brauchen wir nicht unbedingt einen Anlass zum Essengehen. Aber O.s Anmeldung und der Umstand, dass ich ausschlafen konnte, ließen unsere Entscheidung noch runder erscheinen. Das Essen (Schweineschnitzel und Kalbfleischspieße) fiel mehr als reichlich aus. Wir schafften nicht alles. (Puh!) Zu guter Letzt einen Caipirinha – ich spürte die Müdigkeit in mir steigen wie einen Wasserspiegel. Kaum zu glauben, wie mich die Schule erschöpft. Halb Sechs Uhr morgens aufstehen, vier Doppelstunden voll mit Dokumentation, Krankenhausverwaltung und Qualitätsmanagement, der Schulweg mit der U-Bahn, das Einkaufen im Supermarkt, das Menschengedränge… Tag für Tag. Obwohl ich es mir (vor allem O. zuliebe) vornehme, länger durchzuhalten, will ich nach dem Abendessen so schnell wie möglich Schlafen gehen. Selten wird es unter der Woche später als 21 Uhr. O. scheint diesbezüglich mehr Energie zu besitzen, aber sie ist auch jünger. Trotzdem sollte sie sich mit ihren Sprachkursen nicht zu viel zumuten, denke ich. Manche Tage ist sie 15 Stunden unterwegs.
Schön, dass ich ein langes Wochenende vor mir habe. Während ich hier am Schreibtisch tippe, läuft Black Sabbath. Ich lasse altbekanntes durch mich strömen. Der Tag in gedämpftem Winterlicht. Ich sitze in ihm wie auf einem weichen Kissen, ohne ganz wach zu werden.

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