Wo verlor ich meinen Regenschirm?
Ich schaue auf mein Leben. Ich schaue auf die Straßen. Ich habe keinen Überblick. Aber hier bin ich und funktioniere. Mein Herz schlägt. Die Hormone ficken mich – in die ein oder andere Richtung. Berlin-Neukölln zeigt mir zuhauf den lebendigen Ausschuss unserer Spezies. Die Lehrerin erklärt einen Tag lang das Gehirn. Wozu denken wir über unser Gehirn nach? Ich verstehe nichts.
Die Luft ist schwanger von Feuchtigkeit. (Wo verlor ich meinen Regenschirm?) In Schlangenlinien laufe ich um die Menschen herum in der U-Bahn Station. Auf der Erde braune, matschige Blätter.
Die Ärztin sagt mir, dass meine Herzklappen nicht richtig schließen. Ach so, denke ich, warum sprach dann der Kardiologe (nur) von einem hyperkinetischen Herz? Warum fühle ich mich nach einem Arztbesuch schlechter als vorher?
Die Straße begrüßt mich mit Gleichmut. Der graue Himmel liegt wie ein fetter, fauler Leviathan über der Metropole. Nachdem ich in der Apotheke das Rezept einlöste, gehe ich ins naheliegende Pub. Das Bier ist ein alter Trost, der nur bedingt wirkt. Ob die Erde auch Angst hat? Müsste man nicht allein aus der Tatsache heraus, dass man lebt, verrückt vor Angst werden? Ich kann dieses „Juppheida!“ der gnadenlosen Lebensbejaher nicht nachvollziehen. Im Pub sitzen eine Menge Gestalten, die sich aneinander und am Bier festhalten. Es spielt dabei gar keine Rolle, was gerade Thema ist. Ich sitze in Gedanken etwas abseits. Ich mochte noch nie dazugehören.
bonanzaMARGOT
- 20. Okt. 15, 19:59
- boMAs Gedichte und Texte