Ich nahm den Bus zum Bahnhof in Palma. Ich wollte wissen, von wo der „Rote Blitz“ nach Soller startete, wie die Abfahrtzeiten waren. Je nachdem würde ich mich für diesen Tagesausflug entscheiden. Es war schon fast 10 Uhr 30, als ich am Schalter stand, und ich stellte mir nicht vor, dass es sich noch lohnen würde. Das Wetter war wieder himmlisch! Das kräftige Blau des Himmels schrie einen regelrecht an. Ich sah, dass gerade eine Bahn zur Abfahrt bereit stand. Kurzentschlossen kaufte ich mir ein Ticket für Hin- und Rückfahrt inklusive der Straßenbahnfahrt von Soller nach Port de Soller. Hinter mir stand eine Frau, die auch noch zugriff und schnell sagte: „Für mich dasselbe." Wir gingen zusammen zum Bahnsteig. Ich hatte wieder einen Plan für den Tag. Mein Sonnenbrand konnte sich etwas erholen. Wir gingen die Zugwaggons entlang und sahen, dass alle schon voll besetzt waren. Im vorletzten Wagen stiegen wir ein und ergatterten noch eine Sitzbank. Ich überlegte mir, wie alt die Frau sein mochte. Schwer zu schätzen. Ein Stück jünger als ich freilich. War sie Deutsche? Nein, sie hatte einen östlichen Akzent. Ihr Deutsch war aber nahezu perfekt. Sie hatte dunkle kurze Haare und war zierlich von Figur. Als Spanierin wäre sie auch durchgegangen. Da saßen wir im „Roten Blitz“ auf der Fahrt nach Soller nebeneinander und ahnten nicht, dass wir die verbleibenden Urlaubstage zusammen verbringen würden. Wir hatten einen wunderbaren Tag mit Bahnfahrt und Aufenthalt in Soller und Port de Soller. Beinahe wie selbstverständlich unternahmen wir alles zusammen. Nach und nach erfuhr ich ihren Namen, Alter, ihre Herkunft, ihren Beruf ... Bereits auf der Hinfahrt bot ich ihr das Du an.
Ihr helles Lachen war ansteckend. Oft brach sie unwillkürlich in Gelächter aus. Wir alberten viel herum. Ich fühlte mich wohl in ihrer Gegenwart und betrachtete ihr hübsches Gesicht, als sie auf der Rückfahrt ein Nickerchen machte. Ich war wie berauscht von den herrlichen Farben der Insel, dem Licht und den ganzen Eindrücken. Ein perfekter Tag! Als wir am Abend im Bus Richtung unserer Hotels saßen, fragte ich meine Urlaubsbekanntschaft, was sie denn morgen vor hätte – und sie war glücklich, dass ich sie fragte. Dasselbe an den folgenden Tagen bis zu unserer Abreise. Sie flog am selben Tag zurück. Ihr Flieger ging am frühen Nachmittag nach Berlin, meiner am Abend nach Stuttgart. Einen Vormittag hatten wir noch. Wir tauschten unsere Adressen aus. „Willst du mich in Berlin besuchen - du hast doch noch ein paar Tage frei?“, fragte sie mich, als wir auf ihren Bus zum Flughafen warteten. „Ja klar“, sagte ich. Mein Herz hüpfte vor Freude. Bevor sie einstieg, umarmten wir uns, und ich drückte ihr schnell einen Kuss auf die Backe.
Ich hatte mich verliebt und lief am Nachmittag allein am Strand zurück, einige Kilometer bis zu meinem Hotel, in Gedanken - wie betäubt. Die Wehmut des Abschieds und das Glück eines Wiedersehens in der Tasche.