"Die Gottesanbeterin", 22 Uhr 25, 3sat
bonanzaMARGOT
- 02. Jul. 13, 17:03
„... und küssen ihre Lippen mich, so bin ich König“ - diesen schönen Vers schnappte ich während einer meiner Nachtwachen aus dem TV auf. Irgendein Mittelalter-Schmonsens kam, den ich aber nur kurz verfolgen konnte. Die Arbeit rief.
Genauso ist es, dachte ich bei mir. Wirklich fühlte ich mich im Zustand der Verliebtheit als König. Beseelt von Glück wandelte ich durch die Stadt, unangreifbar, die alltäglichen Probleme verloren an Bedeutung, ich fühlte mich stark und mutig, Berge hätte ich versetzen können. Ich trug das Gewand des Königs …, und manch feinfühliger Mensch sah es auch. Die Liebe ist die größte Zauberkünstlerin der Welt: arme Menschen kann sie zu Königen machen; und reiche Menschen können sehr arm sein, wenn sie ungeliebt sind. Darum ist Liebe nie mit Gold oder Geld aufzuwiegen. Jeder Liebende durfte in seinem Leben König sein. Doch der Fall ist dementsprechend tief, wenn der Fluss der Liebe versiegt …,wenn die Liebe bricht. Gestern noch König, heute ein einsamer, armer Wicht. Die Liebe ist kein Geschenk auf ewig. Sie ist wie ein Stern , den man aus dem Blick verlieren kann – weil man unaufmerksam war, oder weil man zu viel erwartete. Es kann auch sein, dass man sie nicht mehr ertrug, weil man zu sehr geliebt wurde …, oder weil die inneren Dämonen die Oberhand gewannen.
Ich verspielte manche Liebe. Natürlich sage ich mir im Nachhinein, dass es nicht nur an mir lag. Bestimmt lag es nicht nur an mir. Vielleicht kann ich nur König auf Zeit sein, für ein paar Monate oder wenige Jahre. Jeder Mensch folgt seinem Schicksal. Das lässt sich nicht einfach wechseln wie eine Spur auf der Autobahn. Dabei wollte ich auch in Sachen Liebe einmal zur Ruhe kommen.
Irgendwo da draußen ist sie womöglich, meine Königin – und küssen ihre Lippen mich, so bin ich wieder König.