Samstag, 16. März 2013

Sonst noch was?


Das Beruhigende an Naturgesetzen ist, dass sie für alles gelten. Das Beruhigende am Tod ist, dass er jeden trifft. Wirklich jeden. Heute noch in der Reihe im Supermarkt angestanden, und morgen tot. Der Kassiererin ein schönes Wochenende gewünscht und mit der Bäckereifachverkäuferin geflirtet. Es gefällt mir, dass sie lacht und rot anläuft. Wer weiß – es ist vielleicht das letzte Mal, dass ich sie sehe. Ich fragte mich schon oft, ob man es fühlt, wenn es zu Ende geht. Obwohl ich im Altenheim einige Menschen sterben sah, weiß ich es nicht. Die Alten liegen meist schon in Agonie. Manchmal kam es mir so vor, als ob sie wüssten, dass sie sich auf der Zielgeraden ihres Lebens befanden. Und manchmal sah es so aus, als wollten sie ums Verrecken nicht Abschied nehmen. Auch kann der Tod ganz unerwartet kommen – für den Betroffenen wie für uns und die Angehörigen. Ich finde es immer gut, wenn es schnell geht. Wenn der Tod nahe ist, hypnotisiert er regelrecht die Umgebung. Ab einem gewissen Zeitpunkt spüre ich, dass es nicht mehr lange dauert.
Ist schon seltsam: da wird man unwissend und rosig geboren, und einige Jahrzehnte später liegt man grau und faltig auf dem Sterbebett, - hat ein Leben hinter sich, zeugte vielleicht selbst Kinder, ging verschlungene oder gerade Wege. Was sind ein paar Jahrzehnte? Kaum haben wir etwas Verstand entwickelt, müssen wir ihn bereits wieder abgeben. Und wie wir am Leben hängen! Es gleichzeitig verfluchen können! Es unerträglich finden …
Am Besten sind jene dran, die sich darüber keine Gedanken machen. Was soll es auch bringen, Fragen zu stellen, die man nicht beantworten kann? Das Leben funktioniert wie ein Spiel, auf das man sich einlässt. Es macht keinen Sinn, die Spielregeln zu hinterfragen. Blöd nur, wenn man wie ich nicht so richtig Lust auf dieses Spiel hat. Ich hemme damit nicht nur mich in meinem Fortkommen sondern auch die Menschen um mich herum.
Das erinnert mich an meine Zeit als Psychologiestudent, als ich dem Dozenten dumme Fragen stellte und mich meine Kommilitonen daraufhin böse anblickten – als hätte ich mir etwas unerhörtes erlaubt. Wie kann man nur?
Aber so bin ich. Ich kann`s nicht ändern. Obwohl ich mich inzwischen im Beruf den Spielregeln beugte. Ich sage nichts mehr. Das heißt, ich vermeide Situationen, in denen ich nicht an mich halten könnte. Auch erhielt ich mir etwas Selbstdisziplin. Ich bin ja nicht blöd und kippe durch ein paar unbedachte Bemerkungen meine Existenz vor die Säue.
Ich denke: Solange die Bäckereifachverkäuferin bei meinem Anblick rot wird und lacht, habe ich noch nicht verloren - .
„Zwei Laugenbrötchen, bitte.“

ein literarisches Tagebuch

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