Mittwoch, 13. März 2013

Der Gespensterzug


Leise rieselt der Schnee. Ich denke öfter an Kärnten, als mir gut tut. Durch den Schnitt kommt es mir vor, als wäre es eine Ewigkeit her. Beinahe so, als hätte ich alles nur geträumt.
Ich stand in Weinheim auf dem Bahnsteig und wartete auf einen Regionalexpress. Da fuhr plötzlich vor meiner Nase der Eurocity Frankfurt-Klagenfurt ein. Er kam von Klagenfurt. Seine Waggons waren total verdreckt von der langen Fahrt. Ich schaute auf die Wagen-Nummern. Ich saß meist in den Nummern 259-261. Das Stahlmonster wirkte wie ein Leviathan aus ferner Vergangenheit, - tauchte kurz vor mir auf, schnaubte und setzte seine Fahrt fort. Ich blieb wie konsterniert auf dem Bahnsteig zurück: Wie viele Stunden hatte ich im letzten Jahr auf meinen Reisen in ihm verbracht? Ich weiß die Haltestellen auswendig. Ab München hatte ich die deutschen Großstädte hinter mir. Dann am Chiemsee vorbei, Salzburg … Knapp acht Stunden dauerte eine Reise. Ich kannte inzwischen das ein oder andere Gesicht vom Bordpersonal. Manchmal fuhr ich gleich nach dem letzten Nachtdienst, damit wir so viel wie möglich Tage miteinander verbringen konnten. Natürlich war ich erst mal kaputt, wenn ich ankam. Umso öfter ich in dem Zug saß, desto lästiger wurde die Zugfahrerei. Es bestand nicht mehr dieselbe Spannung wie am Anfang. Ich wollte einfach nur ankommen. Zurück war es dasselbe. Ich zählte meine Besuche nicht. Aber ich fuhr in den 9 Monaten unserer Beziehung wenigstens 1-2x im Monat hin und her.
Man macht verrückte Dinge, wenn man verliebt ist. Und hinterher fragt man sich, warum; obwohl man weiß, warum.
Ich stand auf dem Bahnsteig und sah dem Eurocity hinterher. Es war ein Gespenster-Zug. Wie ganz Kärnten eine Gespenster-Region für mich ist. Die Tränen lassen sich in solchen Momenten nicht zurückhalten. Nein, ich möchte kein Mitleid erwecken. Ich kenne den Schmerz gut, wenn etwas vorbei ist. Das Leben selbst ist eine Zugreise. Wir wissen nicht, wer zusteigt. Wir wissen nicht, wer in unser Abteil kommt – und für wie lange.
Ich blicke aus dem Zugfenster und sehe die Alpen, diese massigen schneebedeckten Berge. Ich sitze in einem Spielzeug-Zug, der sich durch die Täler schlängelt, einer Hoffnung entgegen …, einer anderen Welt und Zukunft entgegen.
Ein einziger Abend zerstörte alles. Eine Lawine erfasste den Zug und begrub unsere gemeinsamen Hoffnungen und Wünsche auf immer.

ein literarisches Tagebuch

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