Freitag, 27. Juli 2012

TV-Tipp:

"San Fernando Cowboy", 22 Uhr 25, 3Sat

Am Ende der Nacht


„Umso älter ich werde, desto seltsamer erscheint mir das Leben“, denke ich auf der morgendlichen Heimfahrt vom Dienst. Der Bus ist leer – die Sommerferien haben begonnen. Vielleicht lebe ich als Nachtgespenst im Altenheim am Leben vorbei. Ich frage mich, was die Menschen nicht alles treiben auf der Welt, was sie so verflucht wichtig nehmen, ihre Sorgen und Bemühungen Tag ein Tag aus, - es kommt mir immer unsinniger vor: Schule, Arbeit, Familie, Politik …, ja, sogar der Sex. „Am Ende werde ich mit den Jahren noch frigide“, ich muss bei dem Gedanken unwillkürlich grinsen, “darüber wäre Olivia sicher nicht erfreut ...“
Wir sind gefangen in dem elenden Kreislauf von Geburt und Tod, - Generation für Generation auf einem kleinen Planeten, der um eine von vielen Milliarden Sonnen im Universum saust, und kein Schwein kann sich darauf einen Reim machen. Die meiste Zeit des Lebens verbringen wir mit Schlaf, Arbeit und irgendwelchen Ablenkungen. Einige Jahre kann das sogar Spaß machen. Für gewöhnlich genieße ich das Leben, das heißt, ich versuche es, eben weil es für mich keinen Sinn ergibt, mich für ein paar Euro Verdienst kaputt zu schuften. „Da hätte ich mir aber besser einen anderen Beruf ausgesucht“, und wieder grinse ich, obwohl das gar nicht recht zum Grinsen ist. Das Altenheim steckt mir in den Knochen. Eine neue Bewohnerin lehnt das Essen ab. Sie machte ein Patiententestament. Sie will sterben. Ich reichte ihr den Getränkebecher aus dem sie mühsam Wasser mit dem Strohhalm schlürfte. Oft frage ich mich, wie es wohl mal mit mir zu Ende gehen wird, ob ich überhaupt so alt werde. Inzwischen bin ich älter, als ich mit Zwanzig werden wollte. Unglaublich. Ich begreife es nicht. Was mache ich eigentlich hier? Was bleibt von meinem Leben übrig? Ich meine, was war das? Oder: Das war`s also.
Der Bus legt sich in die letzte Kurve vor meiner Haltestelle. Mein Bett winkt. Noch ein paar Meter Fußweg. Die Talstraße überqueren. Ein Auto nach dem anderen. Ich finde kaum eine Lücke. Nein, ich bin nicht lebensmüde. Ich sauge die laue Morgenluft in mich ein. Es wird ein heißer Tag. Ich denke an Olivia und ihre Kinder. Sie werden heute wieder zuhause in Kärnten ankommen.

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