Züchterklause
Die Züchterklause liegt am Ortsrand, eine Vereinswirtschaft, die in den Sommermonaten aufblüht. Der Zaun zum Biergarten ist von wildem Wein umrankt, und man sitzt gemütlich mit dem Blick auf die Felder. Von der Seniorenclique und den bierseligen Stammgästen abgesehen, machen viele Ausflügler an den Wochenenden dort Rast. Bei sonnigem Wetter brummt der Laden auch unter der Woche. Die Leute kehren dort gern nach Feierabend ein, Studenten treffen sich, und Liebespärchen schmausen bei günstigen Preisen.
Ich war überrascht, als ich Thomas, die Bedienung aus dem Kaffeehaus in der Züchterklause antraf. Mit seinem Pferdeschwanz und dem Unterlippenbärtchen könnte er einen der drei Musketiere abgeben. Dieser Charmeur, der lieber mit den Kolleginnen flirtet, als sich um mein Bier unterm Zapfhahn zu kümmern. Seit kurzem ist er solo. Nach sieben Jahren trennten sie sich. Die Gewohnheit hatte die Liebe langsam zerfressen. "Ich nutze die Zeit, die ich nun habe, um Sport zu machen ...; ich genieße meine Freiheit", sagte er mir. Thomas ist ein interessanter Typ, 10 Jahre jünger als ich, gut aussehend - er sollte keine Probleme haben, bald wieder eine Frau aufzureißen, wenigstens für die Kiste. Wir unterhielten uns noch ein Viertelstündchen über die Beziehungsproblematik: über Einengung, Entfremdung ... Schließlich machte er sich auf seinen Inlinern wieder davon. Die Wege über die Felder sind ideal für solcherart sportliche Aktivitäten.
Ich schaute mich nach einem sonnigen Plätzchen um und setzte mich zu zwei fülligen, matronenhaften Wesen. Sie flachsten über Hartz IV Empfänger und Drogenabhängige, die sie offensichtlich von Amtswegen zu betreuen haben. Nachdem ich ungewollt eine Weile zugehört hatte, konnte ich nicht mehr an mich halten und fragte sie nach ihrer Arbeitsstelle. Sie antworteten ausweichend, und die dickere, deren Kopf halb zwischen den Schultern versank, meinte entschuldigend, dass man den Job nur schwer ertragen könne, wenn man nicht mal über die "Kundschaft" ablästere. Da hatte ich nun einen Anknüpfungspunkt und sagte, dass ich in der Altenpflege arbeite, und dass wir da auch ab und zu über die Heimbewohner ironischerweise reden, auch mal etwas derber ...; man müsse halt aufpassen, dass man nicht tatsächlich den Respekt vor den hilfsbedürftigen Menschen verlöre. Die beiden Matronen stimmten zu, und es entwickelte sich noch ein recht lustiges Gespräch. Die jüngere und etwas schlankere hatte einen zusammengelöteten CD-Ständer dabei, und ich erzählte, dass ich gestern einen derselben Art mitsamt CDs in die Abfalltonne geschmissen hatte. Diese Merkwürdigkeit war Anlass zu großem Gelächter. Inzwischen hatte ich einige Bier intus ...
Die Sonne sank gen Horizont, und die zwei Damen verabschiedeten sich. Auch ich bestieg meinen Drahtesel, um noch Einkaufen zu fahren.
Wahrscheinlich war es einer meiner letzten Ausflüge zur Züchterklause in diesem Jahr.
Vor mir liegt der nächste Nachtwachenblock. Ich bin fürs Erste bedient.
inzwischen ist alles zugewachsen
bonanzaMARGOT
- 25. Aug. 10, 14:04
- Die Arschwischmaschine hat frei