Donnerstag, 31. Dezember 2009

Guten Rutsch!

So ist das. Das Jahr endet im Altenheim. Zum ersten Mal werde ich allein mit 50 Altenheimbewohnern ins Neue Jahr rutschen. Ich hoffe nur, dass ich heute Nacht keine Notfälle habe.
2009 war für mich, was meine Arbeit im Altenheim angeht, mit einigem Übel besetzt. Ich fühle mich müde und auch einigermaßen frustriert in dieser Hinsicht. Es ist ein Kreuz mit der Arbeit - und passend dazu habe ich auch noch Kreuzschmerzen zum Jahresende bekommen. Die oft nicht leichtgewichtigen und immobilen Alten allein in den Betten hoch zu ziehen und zu lagern, bleibt nicht ohne Wirkung.
Und ich werde auch nicht jünger - mitsamt Rücken und Bewegungsapparat. Von meinem Herz und meinen Nerven ganz zu schweigen. Ich merke deutlich die physische und psychische Mehrbelastung, seit wir statt zu Zweit die Nächte alleine meistern müssen. Mir fehlt der Rückhalt des Kollegen (der Kollegin) sehr. Besonders im seelischen Sektor ist das Fehlen eines direkten Ansprechpartners in der Nacht viel nachhaltiger ein Defizit, als man vielleicht zu Anfang meinte. Alles muss man alleine stemmen, und es gibt niemanden, der einen moralisch oder tatkräftig etwas auffängt, wenn man mit einem Bewohner Schwierigkeiten hat, wenn es einem selbst mal nicht gut geht, oder wenn man in akuten Stress- und Notfallsituationen steckt. Natürlich werden wir, seitdem wir alleine den Nachtdienst leisten müssen, deswegen nicht besser bezahlt. Auch von einer Supervision dürfen wir nur träumen. Der Arbeitgeber machte bei einer Bewohnerzahl von 50 einfach einen Schnitt. Es wird gemacht, was gerade noch für die Heimaufsicht tolerierbar ist. Und Kritik wird von oben mit dem “Geld-Argument” platt gemacht, oder es werden subtil die Arbeitsplatzängste der Mitarbeiter ausgespielt. Die Starken sind in diesem Fall jene, die geschickt drum rum reden, schweigen oder sich bei den Vorgesetzten einschleimen.

Ich habe Rückenschmerzen. Zwanzig Jahre Altenpflege verschleißen … in jeglicher Hinsicht. Meine Erfahrung ist einen Scheiß wert. Niemand will Wahrheiten wissen, welche für das eigene Wohlbefinden unbequem oder unerträglich wären.
Mein Resumee: Ein ganzer Berufsstand wird von der Gesellschaft schon seit langem im Stich gelassen. Die Alten und Pflegebedürftigen werden zu ungeliebten und lästigen Objekten. Respekt und Menschlichkeit bleiben auf der Strecke. Es wird geheuchelt und totgeschwiegen.
Ähnlich wie die Soldaten in Afghanistan fühle ich mich als Altenpfleger “an der Front” von der Politik und den Verantwortlichen unverstanden und allein gelassen.
Verflucht noch mal! Ja, es ist Krieg! Und: Ja, es herrscht Pflegenotstand!


Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins Neue Jahr - Gesundheit, Glück und Reichtum …
Alles geht voran!

Euer ewiger Nörgler und Schwerenöter
bon.

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