Mittwoch, 6. Februar 2008

Mein Herz schlägt am Fenster

Vielleicht ist das Leben wie die Straße, die vor meinem Haus den Berg hoch führt. Eine Sackgasse. An ihrem Ende ist ein Wendekreis. Von meinem Fenster aus sehe ich die Autos den Berg hoch fahren und weiß: irgendwann müssen sie zurückkommen. Wenn ich hier lange genug sitzen bleibe, sehe ich sie alle wieder vorbeikommen. Und das ein paar Mal am Tag. Die Leute sind sehr geschäftig, während ich den Diogenes mime. Im Wintergarten des Nachbarhauses bügelt wie immer die dicke Frau. Manchmal sehe ich schemenhaft ihre Titten durch das Badfenster das Stockwerk drüber. Sie erinnert mich an eine Barfrau in Basel. Ewig gemütlich, beinahe stoisch verrichtet sie ihr Tagewerk, wie die Wolken heute, die langsam vorbeiziehen. Alles hat seine Richtung. Man bügelt Hemden oder fährt den Berg hoch oder putzt Staub. Professor Lech erklärte gestern, dass auch die Zeit nur ein Ball ist, den Basketballspieler tanzen lassen. Nein, er erklärte es anders. Ich weiß nicht mehr. Die Zeit ist halt auch nicht das, was sie zu sein scheint ... nur dort, wo man ist. Aber da wir uns nur so verdammt langsam bewegen können, ist es eigentlich egal. Für unsere Wirklichkeit. Wenn man davon absieht, dass alles nur darum so ist, wie es ist, weil es sich mit der Zeit und dem Raum genau so verhält, wie es sich Einstein in seiner speziellen Relativitätstheorie ausdachte, und nicht anders. Ich denke gern über diesen Irrsinn in meinem Zimmer nach, und wenn ich Autogeräusche höre, schaue ich aus dem Fenster. Oder einfach mal so wegen der Wolken am Himmel und der Dicken am Bügelbrett. Ein ziemliches Durcheinander. Ich könnte jetzt die Zeit beinahe berühren; derart nahe bin ich ihr, dass sie mir unter die Finger kommt. Ich tippe sie in die Tastatur des Laptops. "Hallo Zeit", sage ich, "gerade schrieb ich dich nieder. Ich habe dich festgehalten. Ich habe dich berührt. Es ist komisch. Du bist wie eine Frau, die sich anbietet und ewig entzieht. Doch ab und zu kriege ich deine Nippel kurz zu fassen . Meine ganze Phantasie steht und fällt mit dieser Berührung."
Mein Herz schlägt am Fenster. Regen fällt im Februar, an einem bedeutungslosen Aschermittwoch. Ich stehe auf, weil ich Bier und Käse kaufen muss.

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