2010 - Donaureise

Freitag, 6. August 2010

Abgesang


Nachdem ich wieder fleißig meine Arbeit als Nachtwache aufgenommen habe, liegt der Urlaub bereits fühlbar Lichtjahre zurück. Zur Zeit wünschte ich mir einen Dauerurlaub und einen multi-dicken Geldbeutel, der es mir erlauben würde, in einen Flieger zu steigen ... nach Ibiza, Hawaii, Kuba oder sonst wohin, wo ich noch nie in meinem Leben war, nur weit weg ...
Schön war es an der Donau und in Wien, wenn auch anstrengend im Rahmen der Fahrradreise. Ich hatte sagenhaftes Glück mit dem Wetter. Und nun hat es den Anschein, dass der Sommer bereits wieder in die letzte Kurve geht -. Scheiße! Entschuldigt, aber es gibt diese Tage, die wie ein Abgesang auf das Leben daherkommen: Urlaub aus, Liebe aus ...; dafür hat einen der graue Alltag erneut grausam im Griff. Alle Gegenwehr ist sinnlos. Wie konsterniert nehme ich es hin.
Zahnarzt und Miete müssen bezahlt werden. Die Nachtdienste sind schwarz auf dem Kalender markiert. Am Himmel ziehen graue, bauschige Wolken. Die Urlaubsbräune verblasst ...
Das Glück kann man nicht festhalten. Es zieht weiter wie die Wolken.






Abfalleimer in Wien - keine schlechte Idee




oder einfach abheben ...



Mittwoch, 28. Juli 2010

Melk, das verlorene Halbfinale plus nächtliche Besucher


Der Campingplatz in Melk ist eine Zeltwiese gegenüber dem Fährhaus, einer Wirtschaft. Die Zeltwiese ist etwas so groß wie ein halbes Fußballfeld und von Hecken umgeben. Ausgepumpt wie ich war, trank ich erstmal ein Bier im Biergarten des Fährhauses - mit Blick auf die Donau. Die Wirtsleute managten auch den Zeltplatz. Im Hintergrund hörte ich einen Gast schimpfen: "Schön, dass man mal jemanden findet, der zuständig ist!" Er war wohl ebenso gerade auf dem unkonventionellen Campingplatz gelandet.
Es war der Tag des Halbfinales Deutschland - Spanien. Ich machte mich sodann auf den Weg in die Stadt, um etwas zu bummeln und zu sondieren, wo ich mir das Spiel anschauen sollte.
Melk ist ein überschaubares Städtchen mit einem imposanten, weithin sichtbaren Kloster auf der Anhöhe.
Die Innenstadt hat ein paar schöne Ecken, aber sie ist auch etwas abgenutzt. Die Gegend wirkt ärmlich. Ich schlappte die Fußgängerzone hoch und kaufte mir endlich Anti-Insektenspray. Irgendwie musste ich noch zwei Stunden bis zum Spiel vertrödeln. Nach ein paar Schnappschüssen setzte ich mich vor das Traditions-Kaffeehaus am zentralen Platz. Dort verkehrten Jung und Alt. Der Kellner hatte immer ein paar flotte Sprüche auf Lager, und nach ein paar Bier entschied ich, dass ich mir das Spiel dort anschauen will. Fremd war ich überall. Ein Nachteil des Alleinreisenden ist, dass man sich wirklich manchmal einsam fühlt. Ich war gespannt auf das Halbfinale und freute mich auf etwas Ablenkung.
Eine halbe Stunde vor Spielbeginn war ich wieder vor Ort und fragte, wo sie das Spiel zeigen. Der zuvorkommende Kellner führte mich in einen größeren Raum und wies mir einen Platz. An der Wand hatte man eine Leinwand herunter gelassen. Die meisten Tische waren reserviert. Der Raum sollte sich dennoch nicht füllen. Dafür kamen nach und nach einige österreichische Jugendliche, die über die deutschen Spieler ablästerten. Ich fühlte mich nicht sehr wohl in meiner Haut. Und dummerweise fanden die Deutschen nicht ins Spiel gegen die Spanier. Torlos verging die erste Halbzeit. Als die Spanier das Siegtor schossen, jubelten die jungen Österreicher, während ich enttäuscht mein Bier austrank. Ich verließ das Kaffeehaus vor Spielende.
Im Zelt machte ich mich frustriert über die faschierten Laibchen (Frikadellen) her, die ich mir in der Stadt besorgt hatte, und aß Maisbrötchen dazu. Ich verschlang das Mahl geradezu, während ich hörte, wie andere Campinggäste, die bestimmt auch das Spiel geschaut hatten, peu à peu eintrudelten.
Mein Magen rebellierte. Ich würgte das Essen wieder heraus.
Es war halb Zwei, als ich aus dem Schlaf hoch schreckte. Dicht neben dem Zelt erkannte ich die Silhouette einer Person. Reflexartig öffnete ich den Reißverschluss des Mückenschutzes und rief: "Hey, was willst du?!" Wie der Blitz rannten daraufhin die Person und mit ihr zwei oder drei andere, die im Hintergrund gewesen waren, quer über die Zeltwiese und verschwanden in der Dunkelheit. Ich sank pochenden Herzens zurück auf die Isomatte und schlief lange nicht ein. Glaubten die, bei mir sei etwas zu holen? Gut, dass ich einen leichten Schlaf habe, denn was wäre sonst passiert? Am Morgen musterte ich mein Fahrrad. Gott sei Dank war alles in Ordnung. Das Geschehen ging mir noch nicht aus dem Kopf. Es war gespenstisch.
Meinen Morgenkaffee trank ich vor dem Traditions-Kaffeehaus.
Der Tag begann sonnig und sollte mich durch die herrliche Landschaft der Wachau führen - eine der schönsten Etappen auf meiner Reise.






Blick auf das Kloster






Fußgängerzone






kurz vor Spielbeginn






Kaffee in Österreich (lecker!)

Dienstag, 27. Juli 2010

Der deutsche Sieg, die Sonne, Regensburg!


Als ich in den Urlaub startete, lag die deutsche Mannschaft gut im Rennen. Sie hatte die Engländer furios mit 4:1 geschlagen und stand im Viertelfinale. Am Samstag ging es gegen Maradonas Elf.
Den Campingplatz bei Regensburg erreichte ich am frühen Nachmittag, etwas zu früh, so dass ich fast zwei Stunden warten musste, bis die Rezeption öffnete. Ich setzte mich solange in den Außenbereich des Lokals am Eingang - wie praktisch - ich hatte eine Menge Staub geschluckt und genoss das Bier. Die Warterei ging mir auf den Senkel, aber es gab keine Alternative. Eigentlich wollte ich das Fußballspiel in der Stadt sehen, in einer Kneipe oder auf der Großleinwand; doch umso länger ich an meinem Bier saß und darauf wartete, dass endlich jemand von der Rezeption kam, desto mehr verwarf ich diesen Plan. Der Gedanke an die Menschenmassen bereitete mir Unbehagen. Hier war es eigentlich ganz gemütlich, ich sollte mir laut Wirtin nur rechtzeitig einen Platz sichern. Noch saß ich hier fast alleine ..., es war aber auch noch über eine Stunde bis zum Anpfiff.
Schließlich wurde die Rezeption geöffnet. Die Caravans standen bereits Schlange. Es war 15 Uhr. Da Wochenende war, plagte mich die nicht ganz unbegründete Sorge, ob noch Campingplätze frei waren.
Ich atmete auf, als ich hinter dem Platzwart hertrottete, der mir den Weg zur Zeltwiese wies.
Ruckzuck hatte ich mein Zelt aufgebaut, meine Sachen verstaut, mich ein wenig frisch gemacht, und eilte zurück zum Lokal, wo sich nun bereits mehrere Gäste eingefunden hatten. Dazu waren manche Tische reserviert. Ich fand noch einen Platz in einer der hinteren Reihen. Schnell entwickelten sich mit den Umsitzenden Gespräche über die Rivalen Deutschland und Argentinien. Da das Camping-Publikum international war - neben uns Deutschen einige Holländer, Schweizer und Spanier, Italiener ..., war die Stimmung gemischt. Allgemein wurden der deutschen Mannschaft wenig Siegchancen eingeräumt. Auch ich war skeptisch - trotz des tollen Spiels gegen England - das Blatt konnte sich im Fußball schnell wenden; ich hielt mich an meinem Bier (das wievielte eigentlich?) und harrte der Dinge, die da kommen.
Niemand hatte sich vorstellen können, was dann kam, wie die deutsche Mannschaft gegen Argentinien aufspielte und Maradonas Fußballjünger völlig demoralisierte - 4:0! Was für ein Tag! Der deutsche Sieg, die Sonne, Regensburg! Ich radelte in die Stadt, es waren vielleicht vier Kilometer das Donauufer entlang, wo sich viele Ausflügler auf den Wiesen in der Sonne aalten oder ein kühlendes Bad in der Donau nahmen. In der Altstadt jedoch war die Hölle los! Autokorsos, Fahnen schwenkende Fans, grölende und jubelnde Jugendliche ... , ein einziger Mob in Schwarz-Rot-Gold. Die Plätze waren gefüllt mit feiernden Menschenmassen - solch eine Szenerie hatte ich noch nie erlebt. Ich schob mein Fahrrad die Gassen entlang und schaute, schaute, schaute ... fassungslos. Ich selbst blieb seltsam unberührt von dem Jubel um mich herum, obwohl auch mich der Sieg der Deutschen sehr freute.
Zurück am Campingplatz sah ich mir noch die erste Halbzeit des zweiten Viertelfinalspiels Paraguay - Spanien an ..., wenig mitreisend. Die Spanier sollten unsere Halbfinalgegner werden. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich noch zu erzählen habe ...






Fans nach dem Spiel






mit Vuvuzela






am Domplatz






tschüß Regensburg!

Montag, 26. Juli 2010

Schöne Donau, Treppelwege und Wehmut


Es war ein tolles Erlebnis, die Donau einige hundert Kilometer zu begleiten, zu sehen wie sie vom Flüsschen bei Ulm langsam zum Strom wird; wie sie sich durch die unterschiedlichsten Landschaften windet und durch Gebirge gräbt. Es gab unzählige bemerkenswerte Stellen und Strecken. Vor Regensburg der Donaudurchbruch bei dem Kloster Weltenburg. Ich konnte nicht widerstehen und legte einen Frühschoppen ein. Das Weltenburgbräu schmeckte köstlich. Anschließend ließ ich mich die wenigen Kilometer durch den Donaudurchbruch nach Kehlheim schippern. Erinnerungen an ein Liebesabenteuer wurden wach. Wie doch manche Orte Gefühle tragen beziehungsweise konservieren können ...
Romantisch berauscht aber auch leicht melancholisch schwang ich mich wieder auf den Bock und radelte gen Regensburg.
Sonnenschein begleitete fast meine ganze Tour. Lediglich bei Deggendorf brauten sich dunkle Wolken zusammen, und am Abend und die ganze Nacht regnete es. Passau erreichte ich am nächsten Tag. Es braute sich noch mal etwas zusammen, aber die Sonne gewann die Oberhand. Ich hatte viel Zeit, Passau zu durchbummeln und mir Ersatz für meine durchschwitzten T-Shirts zu besorgen.
Ilz und Inn münden bei Passau in die Donau. Das linke Donauufer erhebt sich zerklüftet und steil, und am rechten Ufer liegt die Passauer Altstadt zwischen Donau und Inn. Eine wirklich schöne Ecke, und ich wünschte mir, dass ich all die wunderbaren Eindrücke mit einem lieben Menschen hätte teilen können.
Weiter ging es nach Österreich und mit der Donau durch die Berge. Fortan führte der Radweg fast immer am Donauufer entlang. Der Fluß, der inzwischen zum Strom angewachsen war und in der Sonne silbrig funkelte, wurde zum Reisekameraden. Oft musste ich das Ufer wechseln auf kleinen Fähren oder über Kraftwerke und Brücken. Besonders gefiel mir die Strecke von Grein nach Ybbs, wo sich beidseits bewaldete Berghänge auftürmen, und ich auf einer wenig befahrenen Uferstraße viele Kilometer herunter reißen konnte, fast immer den Blick auf die Donau und die umgebende, wunderschöne Natur.
Hinter Melk, meiner vorletzten Übernachtungsstation vor Wien, führte mich mein Weg durch die Wachau, wieder eine berauschende Strecke durch eine malerische Landschaft mit Weinbergen, Obstgärten und vielen hübschen Winzerorten wie Spitz, Weißenkirchen, Dürnstein ...
Immer wieder begegnete mir das Schild "Treppelweg", was in Österreich Wege unmittelbar am Flussufer kennzeichnet. Ich radelte hunderte Kilometer Treppelweg! In Österreich sind diese Wege sehr gut für Fahrradfahrer ausgebaut. Nur selten kam ich in holpriges Gelände.
Tulln war mein letzter Halt vor Wien. Meine Tagestouren musste ich nach den Campingmöglichkeiten ausrichten. Als das Zelt stand, erkundete ich das Städtchen. Von Sonne und Fahrt ermattet setzte ich mich in einen Biergarten, streckte die Beine aus, schrieb Postkarten ..., und spürte auch die Einsamkeit auf einer solchen Reise.






die schöne Donau






Kloster Weltenburg, Innenhof






Reflexionen am Donaudurchbruch






Regen bei Deggendorf






Lichtspiele bei Linz






durch die Wachau






Treppelweg, Tulln

Sonntag, 25. Juli 2010

Tag Eins


Meine erster Weg führte mich in der Morgenfrische über die Felder zum Hauptbahnhof. Ich war um Vier Uhr aufgestanden, um es in Ruhe anzugehen. Der Zug fuhr Sieben Uhr irgendwas mit ein Mal Umsteigen nach Ulm.
Zehn Uhr erreichte ich Ulm und machte mich erstmal auf den Weg in die Innenstadt. Ich musste mir für die erste Teilstrecke des Donauradwanderwegs bis Passau noch eine Karte kaufen. Danach setzte ich mich an den Domplatz, blinzelte in die Sonne und überlegte anhand des Stadtplans, in welcher Richtung ich zur Donau komme.
Ich fuhr in der Mittagssonne am Donauufer los und kam an diesem ersten Tourtag (nur) bis Donauwörth.
Der Radweg führte nur selten direkt an der Donau entlang sondern kreuz und quer durch die Landschaft. Ohne die Karte wäre ich aufgeschmissen gewesen. Trotzdem verfranste ich mich noch kurz vor Donauwörth.
Beim örtlichen Kanuverein fand ich schließlich einen Zeltplatz für günstige fünf Euro.
Die Stadt hat ein Münster, eine schnuckelige Altstadt, und am Abend spielt sich das Leben auf einer Insel ab. Die Wörnitz mündet dort in die Donau. Aha - "Donauwörth!" Der erste Tag hatte mich ziemlich geschafft und ich saß einfach nur da und schaute auf das Treiben der Menschen vor den Cafés und Lokalen.






am Domplatz






Blick auf Ulm vom Donauufer






unterwegs






abendliches Leben in Donauwörth

Donnerstag, 22. Juli 2010

Abschied von Wien


Ich wühlte mich die Mariahilfstrasse hoch zum Westbahnhof, um mein Rückfahrtticket zu kaufen. Es war noch Vormittag. Die Stadt brüllte und tobte. Geschäft an Geschäft, Menschen- und Autoströme, und zwischendrin ich als Ameise auf dem Fahrrad. Der Westbahnhof war gänzlich hinter Gerüsten und Holzverkleidungen verborgen. Ich musste erstmal nach einem Eingang suchen und orientierte mich an den Menschen mit Reisegepäck. An einem Afrikaner, der seine Waren auf dem Boden neben dem Eingang präsentierte, vorbei, das Fahrrad die Treppen hoch gewuchtet, und ich stand schon mal bei den Zügen. Jetzt musste ich in dem Durcheinander nur noch das Reisecenter finden.
Schließlich stand ich in einem stickigen Schalterraum in einer endlos erscheinenden Menschenschlange an. Die Minuten des Wartens geronnen zu Stunden, und der verdunstete Schweiß der Anstehenden tropfte bereits wieder von der Decke. Ich musste gegen ein Schwindelgefühl ankämpfen und war froh, als ich mich endlich an der Theke des Schalters festhalten konnte. Dass ich mit dem Fahrrad reise, komplizierte meinen Reisewunsch. In Salzburg würde ich mehrere Stunden auf meinen Anschlusszug warten müssen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, nur bis Stuttgart zu reisen, um von dort den Neckar hoch in meine Heimat zu radeln. Durch den langen Aufenthalt in Salzburg würde ich aber erst in den Abendstunden in Stuttgart ankommen, zu spät für mich, um noch einen Campingplatz anzusteuern.
Also gleich durchreisen! Die Schalterbeamtin gab alles noch mal neu ein; endlich hatte ich mein Rückfahrtticket für den Morgen des nächsten Tages in der Tasche und drängte mich eiligst aus dem Bahnhof ins Freie, wieder hinein ins Treiben der Stadt. Die Mariahilfstrasse nun bergab, ich schob mein Fahrrad, wollte einen Platz der Ruhe finden, aber das war gar nicht so einfach. Ich entdeckte einen kleinen Park mit großem Kinderspielplatz und einem verseuchten Toilettenhäuschen und plazierte mich mit einer Dose Bier auf einem Mäuerchen ...
Den Nachmittag und Abend verbrachte ich auf der Donauinsel, machte noch ein paar Schnappschüsse und verabschiedete mich innerlich langsam von Wien.






hoch ins Getümmel der Mariahilfstrasse






am Westbahnhof






pausieren im Park






Steg über die Neue Donau






Leuchtturm auf der Donauinsel






Abschied von Wien

Mittwoch, 21. Juli 2010

Es lebe der Zentralfriedhof

Dienstag, 20. Juli 2010

Bratislava


Für den Sonntag hatte ich mir einen Ausflug nach Bratislava vorgenommen. Die slowakische Hauptstadt liegt rund 70 km von Wien die Donau abwärts. Ich kroch wie meist sehr früh aus dem Zelt. Selten schlief ich länger als kurz nach Sonnenaufgang. Und dann meldete sich sowieso die Blase, so dass ich nicht mehr zur Ruhe kam und also gleich mein Waschzeug mit zu den Sanitäranlagen nahm.
Bis zum Ende der Dusch- und Toilettenprozedur hatte ich ein paar Dutzend Schnaken erschlagen, und auf meinen Beinen und Armen waren wieder einige rötliche, juckende Erhebungen mehr zu registrieren. Da nutzte auch das beste Antiinsektenspray wenig.
Ich startete relativ früh. Die ersten Kilometer kam ich an den Grillarealen am Donaustrand vorbei. Kaum zu glauben, da sicherten sich bereits die ersten ihre Plätze, indem sie Material heran schafften, oder auf dem Platz schlafend lagen, damit ihn kein anderer besetzen konnte. Das ganze um Sieben Uhr morgens! Zu 99% sah ich Ausländer, schätzungsweise Türken, die ja bekannt für ihre Grillleidenschaft sind. Natürlich kamen mir wie immer um diese morgendliche Zeit die Gassi-Gänger mit ihren vierbeinigen Freunden entgegen. Dieser Kult ist wie das Grillen offensichtlich global anzutreffen.
Ich vertrat die Spezie der Fahrradfahrer. Dabei gab ich mir Mühe, nicht besonders aufzufallen, indem ich z.B. keine besonderen Fahrradklamotten trug. Ich hasse es, einer bestimmten Gruppierung zugeordnet zu werden.
Etwa 30 km ging die Fahrt auf einem Damm ziemlich schnurgerade bis kurz vor Hainburg. Er führte durch den Nationalpark der Donau-Auen. Die Vögel zwitscherten, und die Bienen summten. Ich hörte allerdings auf diesem langen, schnurgeraden Weg unter blauem Himmel Musik vom iPod: Roger Chapman, Joan Armatrading, Suzanne Vega, Kraan, Passport, Midnight Oil und viele andere halfen mir dabei, in die Pedalen zu treten und dass sich die Zeit der Mühsal verkürzte.
Nach Hainburg sollten es nur noch 10 km bis Bratislava sein, aber es waren mindestens gefühlte 20.
Zuerst sah ich links von der Donau die unheimliche Kulisse der Trabantenstadt mit ihren Hochhäusern. Die Burg Bratislava schien noch sehr, sehr fern.
Endlich erreichte ich mittags die Stadt. Es war normaler, sonntäglicher Tourismus-Verkehr.
Nach ein paar Schritten gen Innenstadt ließ ich mich relativ erschöpft in einem sympathisch anmutenden Café nieder. Große Alleebäume boten kühlenden Schatten.
Nach drei Bier, die etwa so viel wie eines in Wien kosteten, machte ich mich zur Stadtbesichtigung auf, und fand bald, dass mir die Altstadt Bratislavas sehr gefiel.
Zwei Stunden später und ein paar Schnappschüsse reicher musste ich langsam den Rückweg antreten. Das Thermometer war inzwischen locker über 30 Grad geklettert. Es sollte schweißtreibend werden. Auf dem Dammweg bemühte ich erneut meinen iPod. Schließlich erreichte ich am frühen Abend die Grillareale, die inzwischen brechend voll mit Menschen, Gerüchen und Geschnatter waren. Wie betäubt beobachtete ich die Szene, als wären die Menschen, und was sie umtreibt, von einer anderen Welt. Ich war alle. Wirklich fertig.
An der Tanke, die nah am Campingplatz liegt, kaufte ich mir ein wenig Verpflegung. Einmal am Tag muss der Mensch essen.
Die Spanier spielten im WM-Endspiel gegen die Holländer. Ich konnte mich nicht mehr aufraffen und kämpfte in meinem Zelt gegen Schnaken und Gefühle ...






Bratislava entgegengestürmt






auf diesen schrägen Stühlen ließ sich gut sitzen






Ausblick






unterwegs durch die Altstadt






im Hintergrund Bratislava Burg






der ca. 30 km lange Dammweg

Montag, 19. Juli 2010

Mehr Wien


Ich war wie erschlagen von den vielen Eindrücken. Der Verkehr, die vielen Menschen, Geschäfte, Geschäfte, Geschäfte, die Prunkbauten, Plätze, Parkanlagen, und wieder der Verkehr, der brausende Lärm ...
Am ersten Tag in Wien erkundete ich die Innenstadt, ging in den Stadtpark, wo gerade das "Wasserfest" gefeiert wurde; und am Nachmittag machte ich einen Abstecher zum Zentralfriedhof.
In der Innenstadt rund um den Stephansdom hielt es mich nicht lange. Fußgängerzone und Touristenschwärme kenne ich ausreichend von Heidelberg. Und die pompösen Prunkbauten waren gerade mal für ein paar Schnappschüsse interessant. Im Getöse der Stadt sehnte ich mich schnell nach einem Platz der Ruhe.
Im Stadtpark liefen auffällig viele Sicherheitsbeamte herum. Auf den ersten schattigen Bänken schliefen Obdachlose. Ich war auch auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, um in Ruhe eine Dose Bier zu trinken. Wegen des Wasserfests war der Park voll mit Menschen, Fress- und Infoständen, und auf einer Wiese stand ein Bühne, wo ein Clown gerade die Kids zum Lachen brachte.
Nach dem Bier ging ich noch in ein nahes Gartencafé, wo die Bedienungen gegen den Ansturm der vielen Gäste ankämpften. Von der Wartezeit genervte Gäste standen bereits wieder auf. Die Bedienung sagte, dass man auf diesen Ansturm nicht gefasst war. Es war Samstagmittag, und die Sonne schien. Wie konnte man da nicht auf so viele Gäste gefasst sein, zumal das Wasserfest wohl auch hinreichend angekündigt war? Solcherlei Servicemängel erlebte ich in der österreichischen Gastronomie des Öfteren. (Die Servicewüsten gibt`s international. )
Zum Zentralfriedhof war es ein gutes Stück Weges. In einer Kneipe lud ich mein Handy auf. Ich war der einzige Gast und unterhielt mich an der Bar mit der Bedienung, eine Slowakin, die in Wien studiert. An einem der Tische saß der Wirt und schaute das Formel 1 Qualifying. Seit dem Treffen mit "Testsiegerin" meine erste längere Unterhaltung. Ich glaube, wir redeten über das Wetter, aber auch über Kunst, weil an den Wänden hingen einige passable Bilder einer hiesigen Künstlerin.
Nach dem dritten Bier war auch der Handyakku voll.
Im Zentralfriedhof hätte ich gern Gesellschaft gehabt, dann wäre ich noch länger durch die Gräberreihen geschritten, bzw. mit dem Fahrrad gefahren. So war es einigermaßen öde. Immerhin genoss ich ein Stündchen die Friedhofsatmosphäre. Ich machte mich erst gar nicht auf die Suche nach den dort bestatteten Berühmtheiten. (Die Gräber waren teilweise schon imposant ...)
Auf der Rückfahrt in die Stadt verfranste ich mich. Doch so kam ich durch Bezirke, wo ich noch den ein oder anderen interessanten Schnappschuss machen konnte.
Am frühen Abend war ich, wie gesagt, ganz erschlagen von der Großstadt und radelte über die Hauptallee zurück zum Campingplatz. Die Deutschen hatten ihr Spiel um den dritten Platz. Es interessierte mich nicht mehr.






Prunkbauten






Stephansdom






Stadtpark






Akku aufladen






Zentralfriedhof






Baronin Kotz






wo bin ich?

Sonntag, 18. Juli 2010

Wien


Beim Ortsschild von Wien trank ich ein Bier in "Marions Grillstube". Ich beobachtete, wie binnen einer halben Stunde das Ortsschild viermal fotografiert wurde.
Am Donaukanal ging`s weiter in die Stadt. Es war am späten Vormittag schon brutheiß. Irgendwo wollte ich "Testsiegerin" treffen, und irgendwo mein Zelt aufstellen. Der Stadtplan auf meiner Radwanderkarte gab nicht viel her. Wenn ich in eine fremde Großstadt hineinfahre, fühle ich mich wie blind. Ich sehe eine Menge - aber nichts, was mir eine echte Orientierungshilfe ist. Auf den Wegweisern stehen Namen, die einem noch nichts sagen. Ich wusste nach meiner Karte lediglich, dass es einen Campingplatz am anderen Ende der Stadt geben musste. Schließlich erreichte ich den Praterstern und bog in die Hauptallee ein, wo ich den brausenden Stadtverkehr hinter mir lassen konnte. Die Hauptallee verläuft mehrere Kilometer geradeaus und dient als Rennstrecke für Freizeitsportler aber auch zum Spazierengehen und Relaxen im Schatten der Alleebäume. An einem Kiosk machte ich halt. Gegenüber war ein Vergnügungspark. Hier war es gut für eine Rast, und die Stelle war markant genug für den Treffpunkt mit "Testsiegerin". Die Frau im Kiosk war genervt von der Hitze und meinte, dass sie den Winter lieber habe, weil da könne man sich gegen die Kälte einfach warm anziehen, aber im Sommer gäbe es kein Entkommen vor der Hitze. Ich setzte mich mit einer Dose Bier in den Schatten und wartete. Zum Pinkeln musste ich in den Vergnügungspark hinein laufen. "Testsiegerin" steckte noch im Mittagsstau, und so blieb es nicht bei der einen Dose. Sie erklärte mir, dass der Vergnügungspark der "Prater" sei, - ich erinnerte mich, davon schon mal gehört zu haben. Wir spazierten zum "Schweizerhaus" und setzten uns in den großen Biergarten. Ich musste Testsiegerin bitten, Hochdeutsch zu reden, da ich sonst nur die Hälfte verstand.
"Du siehst freundlicher aus, als man erwartet", sagte sie.
"Möglich. Du siehst auch nett aus", meinte ich, oder etwas ähnliches. Wir sprachen über Dies und Das: die Schreiberei, unsere alte Forenfeindschaft, Wien und das Wesen der Österreicher. Ich fand, dass einige der Österreicher, die mir auf der Reise begegneten, auffällig grantig waren, außerdem latent deutschenfeindlich. In diesem Zusammenhang wurde abfällig von "dem Nachbarn" geredet, und die WM-Niederlage der deutschen Fußballmannschaft gegen Spanien wie ein Sieg der eigenen Mannschaft bejubelt. Ich fühlte mich oft unwohl in meiner deutschen Haut. (Dass dies nicht nur Einbildung war, bezeugten mir auf der Rückreise noch andere deutsche Urlauber.) "Testsiegerin" entgegnete, dass sie viele deutschenfreundliche Bekannte habe und bei besten Willen keine Deutschenfeindlichkeit unter ihren Landsleuten ausmachen könne.
"Vielleicht bin ich auch übersensibel. Ich werde das mal im Blog thematisieren ..."
Die Mittagsstunden waren durch die anregende Unterhaltung schnell verflogen. "Testsiegerin" musste aufbrechen, und ich musste noch einen Campingplatz finden. Von Bier und Hitze ermattet stieg ich wieder auf mein Fahrrad. Nach einiger Durchfragerei schlug ich an der "Neuen Donau" endlich mein Zelt auf. Wien hatte mich begrüßt ...






das begehrte Ortsschild






eine Abkühlung am Donaukanal






der Kiosk am Prater






die Hauptallee

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