Brasko und die Liga der echten Buchhelden


1


Ring frei für Putin gegen Obama, dachte Brasko, der den Klitschko-Kampf am Vorabend verschlafen hatte. Brasko brütete vor sich hin und trank Cola-Weiss. Sonntage waren nicht sein Fall.
Er musste erst mal in Tritt kommen. Der schlaksige Obama hätte wahrscheinlich keine Chance …
Das Telefon klingelte.
„Brasko.“
„Hallo Mr. Brasko. Mein Name ist Harry Potter.“
„So so, was kann ich für Sie tun Mr. Potter ?“ Unwillkürlich hatte Brasko einen Lachanfall.
„Mr. Brasko??“
„Entschuldigen Sie. Es ist Sonntag, und ich stellte mir gerade vor, wie Putin Obama in die Eier ...“
„Hören Sie auf zu lachen, oder ich verwandele Sie in ein Kaninchen!“
„Übers Telefon? HAHA!“
„Ja, das funktioniert auch telefonisch. Aber jetzt im Ernst. Ich benötige Ihre Hilfe in einer prekären Angelegenheit.“
„Ich bin ganz Ohr. Legen Sie los.“
„Also, wir wollen endlich etwas richtigstellen ...“
„Wir?“
„Dazu komme ich gleich. Unterbrechen Sie mich bitte nicht. Wir wollen aus unserem literarischen Schattendasein hervortreten, denn es gibt uns wirklich! Vorerst sind wir zu fünft: Sherlock Holmes, Old Shatterhand, Lederstrumpf, Kommissar Maigret und meine Wenigkeit. Ich bin mir aber sicher, dass sich uns bald noch mehr anschließen. Wir wollen das falsche Bild, welches von uns in Film und Buch verbreitet wird, geraderücken. Verstehen Sie, Mr. Brasko? Weil es uns wirklich gibt! Es gibt uns wie Sie!
„Mich gibt es allerdings. Wollen Sie mich veräppeln?!?“
„Nein. Keineswegs. Sie wurden mir empfohlen, weil Sie offen für solche … äh … schwierigen Fälle sind.“
„Kann sein. Ich bin ein aufgeschlossener Mensch. Ich glaube an nichts und alles. Das meiste langweilt mich. Heute ist Sonntag. An Sonntagen langweile ich mich ganz besonders. Klingt lustig, was Sie mir da erzählen, Mr. Potter.“
„Ist es aber ganz und gar nicht! Ich bin der echte Harry Potter! Und ich protestiere in aller Entschiedenheit gegen das Verhohnepiepeln meiner Person; und ich spreche nicht nur für mich sondern für all die anderen, die langsam wach werden und sich von ihrem falschen Image lossagen wollen! Darum gründeten wir die Liga der echten Buchhelden.“
„Sie wollen mir also damit sagen, dass sie keine Erfindungen der Buchautoren sind ...“
„Genau.“
„Tut mir leid. Kapiere ich trotzdem nicht. Die meisten von Ihnen müssten doch längst tot sein.“
„Unsereins stirbt nicht.“
„Ach so, verstehe. So wie der Weihnachtsmann.“
„Genau.“
„Hust, der war auch mal mein Kunde.“
„Heißt das, Sie nehmen den Auftrag an, Mr. Brasko?“
„Was für einen Auftrag?“
„Wir wollen die Menschheit über unsere wahren Identitäten aufklären, und Sie sollen uns dabei unterstützen.“
„Da haben Sie sich ja was vorgenommen – die Menschheit aufklären … HAHA. Was soll ich denn dabei tun?“
„Telefonieren Sie mit mir, oder nicht?“
„Mr. Potter, ich habe Sie am Apparat.“
„Genau. Wir können telefonieren, aber unsereins hat noch keinen Körper.“
„Moment ...“ Brasko schlurfte zum Kühlschrank und goss sich nach – zwei Drittel Müller Thurgau und ein Drittel Cola light. Er nahm sofort einen großen Schluck und wischte sich über den Mund. Für solche Fälle war er noch zu nüchtern.
„Sie brauchen also ein paar passende Körper?“
„Genau. Mr. Brasko, die Details erkläre ich Ihnen bei unserem ersten Treffen.“
„Aber Sie haben doch keinen Körper. Wie erkenne ich Sie?“
„Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Kommen Sie nur an den vereinbarten Treffpunkt, und ich werde mit Ihnen in Verbindung treten. Haben Sie am 1. Mai Zeit? 16 Uhr vorm Kaffeehaus?“
„Warum nicht.“
„Gut, dann verbleiben wir so, Mr. Brasko. Es war mir eine Freude.“
„Mir auch“, sagte Brasko, aber Harry Potter hatte bereits aufgelegt.
Die Welt war ein Irrenhaus. Obama versuchte es mit einer Serie rechter und linker Haken ... Putin konnte sich immer wieder wegducken. Hitler und Stalin saßen in der ersten Reihe und lachten sich kaputt. Wo lag noch mal die Ukraine? Was gab es dort zu gewinnen? Brasko schaute aus dem Fenster. Alles kam ihm verflucht unwirklich vor.

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