Lange-Weile - 10. Aug. 09, 00:29

geteilte Welt

Hallo Bo,.

es liest sich ein bißchen wie eine geteilte Welt.
Meine und ihre Welt und damit meine ich nicht, was augenscheinlich im Vordergrund steht.

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 10. Aug. 09, 06:48

bevor ich ausführlicher antworte

lawe, kannst du mir etwas näher erläutern, wie du das mit den geteilten welten meinst?
Lange-Weile - 10. Aug. 09, 09:58

Stimmungsbild

Hallo Bo,.

das ist mehrschichtig von mir gesehen - es hat was von Abspaltung und Entfernung mit Wall zwischen den Welten der Menschen die du beschreibst und mit denen du es arbeitsmäßig zu tun hast.

Abspaltung vielleicht wegen der Distanz als Betrachter oder auch, wegen der Lebensweise, die nicht z.B. deine ist.

Bist du in einer anderen Welt oder sind sie es?

Haben sie sich von dir entfernt, oder hast du dich von ihnen entfernt?

Paßt deine Welt noch in ihre Welt oder hat ihre Welt in deiner keinen Platz mehr.

Wo und wie weit ist dein Horizont für die Welten der Menschen gespannt und ab wann schaust du über den Wall in die andere Welt bzw. in die Welt der anderen Menschen.

Ich erkenne so viele Schichten, die sich übereinander legen und ein stimmungsvolles Bild entstehen lassen, das durch Entfremdung entsteht.

Gruß LaWe
bonanzaMARGOT - 10. Aug. 09, 16:04

wenn man die welt weniger oberflächlich ansieht, passiert automatisch eine abspaltung zu den oberflächlicheren schichten. insofern habe ich mich noch nie 100% integriert in die menschliche gesellschaft gefühlt. die schule nötigte mich als wissenstretmühle mit ihren lehrern und strebern, die so prima alles schluckten und konform wieder auskotzten. an der uni setzte sich dieses unbehagliche gefühl fort. meistens interessierte mich das alles nicht, was ich machen musste oder zumindest sollte ...; auch am arbeitsplatz als techn. zeichner kam ich mir merkwürdig fremd vor, wenn meine kollegen über ihr neues auto sprachen oder den nächsten urlaub ...; mit etwas glück hatte ich einen kollegen, der nicht ganz so langweilig war. wenn also dies das erwachsenenleben sein soll, dachte ich, jahrelang in einer jobtretmühle von montag bis freitag zu malochen und die stunden bis zum feierabend runter zu zählen, das wochenende abzuwarten ..., dann ist das ätzender als ätzend! mit dem heiratswahnsinn war es ähnlich - also heiratete ich erst gar nicht.
die jahre gingen ins land, ich machte zivilidienst und wurde schließlich altenpfleger. wenigstens eine sinnvolle arbeit, dachte ich, die hältst du vielleicht länger aus. ich hatte sonst keine idee.
nun ist das altenheim wirklich auf mehrschichtige weise eine andere welt. ich rede im gedicht vom dachboden des lebens. es ist eine wunderliche aber auch beklemmende wirklichkeit, die man mit alten, demenzkranken und pflegebedürftigen menschen erlebt. es war anfangs eine große überwindung für mich, die schwelle zu diesen menschen zu überschreiten, das siechtum zu sehen, das leid und auch die armseligkeit und einsamkeit mancher.
mit etwas glück hatte ich gute kollegen und kolleginnen, mit denen man trotz der vielen bedrückenden situationen spaß haben konnte, die sich mit ähnlichen gedanken trugen. aber leider gibt es auch in der altenpflege die "oberflächlichen" anderen, die mich schon immer abstießen; und wenn man die dann auch noch als chefs hat, ist das (wie sagte ich?) ätzender als ätzend.
als ich nachtdienst hatte, und das sommerfest auf der terrasse in vollem gange war, kam dieses negativ-gefühl überdeutlich hoch ...; auch das beschreibe ich in meinem gedicht.

lawe, du musst dir mich nicht als sonderling vorstellen. ich mag die menschen im allgemeinen, aber diese abartigkeiten, bzw. ihre oberflächlichkeiten machen mir zu schaffen. ich lebe scheinbar in einer etwas anderen welt als viele. nun wäre dies an sich gar kein problem - ich sage nur: leben und leben lassen. doch dummerweise werde ich von meiner chefin gemobbt ... und sitze mit der abmahnung, die ich erhielt, ziemlich unsicher und angespannt im sattel. mir kommen langsam meine positiven energien abhanden.
ich schaue oft meinen mitmenschen in die augen und überlege: was treibt sie um? warum sind sie, wie sie sind? woher kommt die bösartigkeit?
tja, du siehst, alles hängt zusammen. und ich kann nicht aufhören, fragen zu stellen.
bonanzaMARGOT - 10. Aug. 09, 16:21

nein, lawe, wir befinden uns alle in derselben welt.
es ist eine frage der perspektive, wie wir diese welt betrachten; und es sind die erfahrungen im leben und denken, die uns die welt mehr als nur rational erscheinen lassen.
ich sehe meine mitmenschen nicht in einer anderen welt - aber ich wundere mich über ihre sichtweisen, ihre schwerpunkte, ihre traditionen, die sie pflegen, ihre religionen und rituale.
Lange-Weile - 12. Aug. 09, 19:37

Einheitsbrei

Hallo Bo,.

ich hatte schon immer einen Hang zum philosophieren. Ich war immer auf der Suche nach der richtigen Erklärung der Welt und darüber mich auch austauschen zu können. Doch wurde ich schon im Ansatz abgewürgt: "Denk nicht so viel nach" oder "wen interssiert das schon" So oder ähnlich wurde ich von meimem Umfeld abgewiesen. Ja, ich war sogar darüber erstaunt, dass ein Wassertropfen auch in einer großen Welle sich nicht wesentlich von der Stelle bewegt. Doch diese Erkenntnis bewegte niemand außer mir. Ich war fasziniert von der Physik, von der Chemie, Biologie und Philosophie, doch das interessierte niemand. Für die anderen war nur interessant, was sie sich angeschafft haben, was das gekostet hat und was sie sich noch anschaffen werden.

Ich fühlte mich wie eine, die im Kopf nicht ganz richtig lief. Mein damaliger Mann sprang mir fast an den Hals, wenn ich ein Fremdwort benutzte oder eine Formulierung benutzte, deren Doppelbödigkeit er nicht erfassen konnte.. Das machte ihm Angst.

Damals war ich Mitte 20 als ich mit einem 60-jährigen zusammen traf, der die welt ähnlich sah wie ich und ich konnte mich das erste mal austauschen. Ich war süchtig nach Begegnungen mit diesem älteren Herrn, weil ich endlich all meine Gedanken an den Mann bringen konnte, die sonst keiner hören wollte. Er hatte aufmerksam zugehört und darauf geantwortet. Es war wie ein Dammbruch und ich erlebte mich wieder als richtig im Kopf.

Auch heut bin ich sowas wie ein Sonderling in der Familie. Der meisten leben in ihrer Welt des Konsum und sind mit sich und der Welt zufrieden und glücklich. Sie brauchen keine weitere geistige Nahrung mehr. Unsere Gespräche haben sich bald erschöpft und ich muß mich stark zurück nehmen, wenn ich eine von ihnen sein will. Mein Wissensdurst und mein Hang, die Welt immer zu hintefragen, hat mich von ihnen abgespalten - ich bin ihnen so wie ich wirklich bin, zu anstrengend geworden.

Sich mit negativer Energie auszustatten ist leichter und einfacher. Es strengt nicht an, es gibt immer was zu meckern, zu nörgeln und zu bewerten. Sich mit postiver Energie aufzuladen ist da schon wesentlich schwerer, das verlangt nach einem Blick über den Horizont und auf das Gute zuschauen.

Ich hab vor Jahren mal einen Spruch aufgefangen. "Man soll immer versuchen, das Gute zu sehen, sonst nimmt das Böse überhand" .

Der Mensch an sich nicht nicht böse, sondern ein Egoist und das läßt ihn manchmal böse erscheinen. Er stellt sich gern auf den Sockel und zeigt mit dem Finger auf die anderen - er sieht sich im besten Licht und die anderen im Dunst, er sieht sich gern als der Weisheit letzter Schluß und versteckt vor sich selbst die negativen Eigenschaften, die auch in ihm wohnen.

Genau so wie ich gut sein kann, kann ich auch böse sein, jedoch nicht Boshaft. Dahinter steckt wieder eine Verbitterung aus vielen Gründen, die der Betrofffene vielleicht selber nicht nachvollziehen kann.

Jahrelang hatte ich mit einen Chef gearbeitet, der eine ausgeprägte Profilneurose hatte. Wenn diese ihn voller Blüte stand, wurde mich schon schlecht, doch er nutzte seinen Status als Chef aus, um die Neurose ausleben zu können.

Deine Chefin scheint schwach zu sein, denn nur im Umfeld von schwachen Führungskräften kann Mobbing gedeien. Und wenn deine Chefin sich von dir durchschaut fühlt, wird sie keine Ruhe finden, bis sie einen Weg gefunden hat, dich aus ihrem Gesichtsfeld zu bekommen. Und positive Energie wird sie nicht abstrahlen und das macht ihre Mitarbeiter - aus Angst im einen Arbeitsplatz - zu ihren Arschkriechern. Sie duldet nur Arschkriecher um sich.

Der Druck durch die Arbeitswelt der zur Zeit auf die Menschen lastet, quetscht aus ihnen die negativen Eigenschaften raus. Da haben wir bestimmt noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

"Du kannst die Welt nicht ändern, sondern nur deine Einstellung zu der Welt, von der du umgeben bist"

Die Masse bewegt sich im Einheitsbrei und isolieren die, die sich dem nicht anschließen - das macht sie in ihren Augen zu Sonderlingen, doch in Wirklichkeit sind die was Besonderes ;-)

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 13. Aug. 09, 15:27

liebe lawe, da lese ich einige parallelen zu meinem leben heraus.
ich erinnere mich noch an die langen nachmittage, als ich, noch ein bub, mit meiner mutter stundenlang über gott und die welt philosophierte, über die letzten fragen, über liebe und dasein. als dann mein vater von der arbeit nach hause kam, grinste er verlegen, wenn er uns so sitzen sah, und meinte, dass er da nicht mitreden könne. er verließ die küche, wo meine mutter und ich uns viele viele stunden über die fragen des lebens unterhielten. ich weiß heute, dass meine mutter damals sehr darunter litt, dass sie sich bei meinem vater nie geistig entfalten konnte. in manchen menschen brennt dieses "feuer" und in anderen weniger oder gar nicht. es ist die faszination, die aus dem dasein selbst spricht. mein vater ist ein praktischer, pflichtbewußter mensch. er betrachtet einen wald als holz, und er hört das vergnügen der vögel nicht. er brauchte die festen bahnen im leben - ich glaube, gefühle machen ihm angst. na ja, im alter wurde er etwas weicher. ich weiß, dass er ein herz hat. eine ecke habe ich von ihm, und das ist gut so, weil es mich auf dem boden hält.
das feuer hat viele formen.
man brennt so dahin auf kleiner und großer flamme. am ende ist der brennstoff alle ..., egal, wie man haushaltete, für was man sich verschwendete. ich kann ohne die fragen nach dem dasein nicht leben. aber das heißt nicht, dass ich von allen menschen dieselbe faszination an diesen weniger materiellen dingen verlange. ich freue mich über jeden kontakt, wo dieser funke überspringt; ja - wo es regelrecht funken sprüht! und wenn ich niemanden leibhaftig finde, dann habe ich doch die literatur, wo es vor feingeistigen und bemerkenswerten autoren nur so wimmelt.
ich bin nicht allein.
wir sind nicht allein, lawe.
danke für deine lange und schöne antwort.
Lange-Weile - 14. Aug. 09, 16:10

Unergründlich

Hallo Bo,.

dein Beitrag löst ja eine Disskusion aus - super. Ich brauchte eine Weile, bis ich "meinen" Bereich" gefunden hatte.

Meine Schwester hatte eine Familie gegründet, in der keiner ihre Fähigkeiten besaß oder erbte. Mit ihr konnte ich mich über alles unterhalten - es war egal ob Politik oder Kunst oder Gartengestaltung. Sie hatte sich mit allen auseinandergesetzt, was das Leben zu bieten hat. Mit ihrem Tod ging es in ihrer Familie drunter und drüber, weil keiner von ihren Hinterbliebenen auch nur eine Hauch ihrer geisteigen Fähigkeiten besaß. Ich denke, diese Tatsache hatte sie vorzeitig ausgehöhlt und kaputt gemacht.

Da war ich ganz anders - war es mir langweilig und wollte man mich in ein Format pressen, das für mich zu eng war, dann spielte ich nicht mehr mit und stieg aus. Das brachte mir in meinem Leben schon eine Menge Ärger ein, aber dass war für mich weniger schlimm, als mich eine Form bringen zu lassen, die für nicht passend war.

Das Leben ist unregründlich und doch möchte ich dem Leben auf den Grund gehen und daran laß ich mich nicht hindern. Das geht einfach nicht. Ich möchte mir alles einverlaiben, was ich aufnehmen kann.

„Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“ Ein Zitat von Franz Kafka.

Dieses Zitat las ich vor vielen Jahren und es hat sich sofort in mein Hirn eingebrannt.

Doch mußte ich mich lange vor dem Drang wehren, all die anderen, die sich mit Fragen nicht weit in das Leben vorwagten, diese Menschen nicht zu bewerten. Das war sehr schwierig für mich und ist es auch heut noch. Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich wertend - mich als Maßstab nehmend - urteile.

Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende

Gruß LaWe

bonanzaMARGOT - 14. Aug. 09, 17:16

hm, ich freue mich über solche diskussionen/unterhaltungen immer, wenn die dinge aus verschiedenen perspektiven und aus verschieden erfahrungen heraus betrachtet werden.

meine mutter schaffte es nicht, aus ihrem (meiner meinung nach) zu engen käfig heraus zu kommen. im nachinein ist es auch schwer zu sagen, ob sie dann ein besseres, erfüllteres leben geführt hätte. damals wünschte ich mir es für sie - heute bin ich froh, dass ich vater und mutter so habe, wie sie sind. jeder lebensweg hat seine ganz eigenen kämpfe, deshalb ist es sehr schwer mit guten ratschlägen zu kommen.
das leben ebnet sich den weg - oft auf sehr skurrile weise.

kafkas zitat, das du anführst, finde ich bezeichnend. es sagt doch, dass wir jung und aufgeschlossen bleiben können, obwohl wir altern; und auf der anderen seite können wir schon in jungen jahren alt und verbiestert sein. ich hoffe doch, dass ich in diesem sinne noch jünger werde ...

stimmt, es ist nicht immer leicht, die abschätzigen bewertungen aus dem kopf zu bekommen bei der betrachtung der mitmenschen. wir haben dafür instrumente wie ironie und humor.
ich weiß, dass ich alle menschen liebe. woher diese liebe kommt, kann ich nicht sagen. rudolf beruft sich auf gott. ich weiß es nicht. jedenfalls ist diese allumfassende liebe eine große hilfe, um zu verzeihen, nicht im haß zu verbittern und die hoffnung nicht zu verlieren. das licht ist da. ich spüre es - nicht immer - aber oft genug.

dir auch ein schönes wochenende.

bon.

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