david ramirer - 20. Aug. 17, 20:25

schuld ist ein begriff, der mir allzusehr christlich-katholisch aufgeladen wurde, um uns mit seinem ganzen dummen gewicht kleinzuhalten. das funktioniert bei den meisten menschen erschreckend gut.

ich ziehe den begriff verantwortung vor, weil er um nichts weniger gewicht hat, aber den kern der sache besser in unserem eigenen zentrum trifft, und einen spielraum für unsere existenz lässt, wenngleich er noch viel universeller wirken kann.

aber jeder kann das natürlich sehen, wie er will (oder muss).

bonanzaMARGOT - 21. Aug. 17, 04:58

verantwortung hat man per se, schuld lädt man sich im laufe seines lebens auf, wenn man nicht gerade ein super-heiliger ist. ich denke dabei gar nicht an den schuld-begriff im christlichen sinne. wer so was wie über ein gewissen verfügt, weiß auch, was schuld ist.
david ramirer - 21. Aug. 17, 06:28

super-heiliger ... ist aber auch eher ein begriff aus dem christlichen gedankenkreis; und selbst die heiligen haben in ihrem leben nicht selten oft zunächst "schuld" in dem sinne aufgeladen, die du ansprichst, dann aber durch verantwortungsvolles handeln sich für ein anderes leben entschieden. der begriff "heiliger" ist im endeffekt dann nicht mehr als ein klerikal-bürokratisches etikett (aber das nur nebenbei).

sicher weiß ich, was mit dem begriff schuld "gemeint" ist - aber mein gewissen kommt auch mit dem begriff der verantwortung besser klar; weil die klärenden instanzen nicht nach außen verschoben werden, sondern beim eigenen moralkodex abgearbeitet werden können. schuld ist ein begriff, der nicht nur christlich, sondern auch wirtschaftlich aufgeladen ist: beides lebt davon, dich im laufe des lebens aufzuladen, mit dingen, die man nicht mehr los wird.
gerade bei diesen nichtmateriellen dingen aber von einer schuld zu sprechen ist eines dieser perfiden beispiele von wortbedeutungen, die wie kriechseife in die seele dringen und alles vergiften (dein blogeintrag klingt sehr nach dieser verzweiflung, die ich anspreche).

manchmal hilft es, bestimmte worte in ihrer niedertracht zu verstehen, und den ganzen rattenschwanz an pisse und scheiße, die sie nach sich ziehen, abzuwerfen.
oft geht das nicht. das kann ich natürlich auch verstehen.
nichts für ungut.
bonanzaMARGOT - 21. Aug. 17, 06:31

klar. unser sprachbild ist zu einem teil geprägt von solchen ausdrücken. das lässt sich nicht ändern. dafür liest man ja zwischen den zeilen. auch als atheist kann ich doch mal "o Gott!" sagen, ohne dass damit gleich meine atheistische lebenseinstellung in frage gestellt wird.
david ramirer - 21. Aug. 17, 06:43

...hab oben noch weitergetippselt.

klar kannst du jeden christlichen ausdruck verwenden, so oft du möchtest, ohne dass du für mich den atheistenstatutus verlierst.
aber bei mancher verwendung (und dein blogbeitrag war so eine) klingt anderes durch, das mich vermuten lässt, dass manches christliche konzept bei dir am arbeiten ist (lebenslange schuld ... für jeden menschen... usw.)... aber das ist kein wunder (wieder so ein wort), weil unsere kultur von diesen dingen durchsetzt ist. dem entkommt man schwer, aber unmöglich ist es nicht.
bonanzaMARGOT - 22. Aug. 17, 05:27

also, ich weiß nicht, "verantwortung" erscheint mir viel mehr als eines dieser miesen worte/begrifflichkeiten als "schuld".
seit ich denken kann höre ich solche floskeln wie "du musst verantwortung lernen", "... verantwortung wahrnehmen", "... der verantwortung stellen", "... nicht vor der verantwortung drücken"... verantwortung tragen" - all diese sprüche von diesen spießigen saubermännern. da kommt mir das kotzen. die verantwortung kriegt man von klein auf eingebleut. ich erlebe einen regelrechten verantwortungs-faschismus in unserer gesellschaft!

was ist dagegen mit schuld? die gibt doch fast niemand freiwillig zu. schuld haben immer die anderen.
ich meinte in meinem beitrag nicht die schuld, die ein gericht (weltlich oder geistlich) feststellt, sondern die schuld, die wir fühlen, den moralischen kompass unseres gewissens. natürlich sind wir dahingehend von unserer umwelt beeinflusst, aber ich glaube an einen guten kern in uns, der uns quasi von geburt an unterscheiden lässt, was im moralischen sinne gut bzw. schlecht ist, uns einen sinn für gerechtigkeit verleiht. alles vorausgesetzt, dass wir uns diesen "schatz" nicht zuschütten lassen, und dass wir nicht im kopf/in der seele krank sind.
nein, ganz einfach ist es nicht mit der schuld im leben. wer ist schon ein engel? meist reden wir uns drum herum. oder es waren eben die anderen. man selbst zieht sich aus der verantwortung - haha. in ausreden ist der mensch schon immer verteufelt gut.
letztlich tragen wir aber unsere schuld (ebenso wie unsere ängste) durchs leben, und ich halte es für eine bessere strategie, sich dieser last zu stellen, als sie zu verschleppen oder zu ignorieren. angenehm ist das alles nicht. schon gar nicht als atheist, der keinen priester hat, bei dem er seine sünden einfach beichtet und gegen ein paar gebete absolution erhält. tolle erfindung von diesen katholiken, muss man ihnen lassen.
gott vergibt dir deine schuld... das ist einfach wunderbar!

vielleicht kommt bald ein medikament gegen schuldgefühle auf den markt. gegen angst gibt`s ja schon ein paar mittelchen.
bis dahin "prost"!
bonanzaMARGOT - 22. Aug. 17, 05:39

... aber ich stimme dir schon zu: es werden uns auch jede menge schuldgefühle eingeimpft, und dagegen muss man sich wehren.

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