Mittwoch, 18. April 2018

Mittwochs-Frage

Nicht alle Diktatoren, Terroristen und Kriegsverbrecher kommen davon.
Saddam Hussein wurde 2006 hingerichtet, Osama bin Laden 2011 von einem amerikanischen Spezialkommando erledigt, Muammar al-Gaddafi im selben Jahr aufgestöbert und von Landsleuten gemeuchelt… Wie lange leistet sich die Welt noch Baschar al-Assad?

Sonntag, 15. April 2018

TV-Tipp

"The Getaway", 21 Uhr 50, Arte

Sonntags-Wort

Ich lag in allem vollkommen richtig.

Alleinsein invasiv


Einer der Prüfärzte erklärt uns das Bindegewebe. Man müsse sich das wie einen Schwamm vorstellen, sagt er, ihm habe dieses Bild zum besseren Verständnis verholfen. Es ist der Prüfarzt mit dem Wuschelkopf, von dem meine Kollegin meinte, er wäre nicht richtig erwachsen geworden. Jedenfalls wirkte er so auf sie. Ich finde ihn sympathisch, alleine schon durch sein unprätentiöses Auftreten. Viel Kontakt zu ihm hatte ich bisher nicht. In dem bestimmten Fall ging es um einen Blasentumor, bei dem sich die Angaben des meldenden Pathologen widersprachen. Für einen Dokumentar keine gute Sache. Wie jetzt? Als was soll ich den Tumor dokumentieren? Ist er nun invasiv oder nicht? Wirklich konnte der Prüfarzt unser Problem auch nicht lösen, aber in Arztmanier schweifte er aus…, wobei ich das „Schwamm-Bild“ im Kopf behielt. Ohne das Bindegewebe würde alles in unserem Körper umeinander fliegen. Ein wichtiges Kriterium bei einem Tumor ist, wie tief er in das ihn umgebende Gewebe hineinwächst – je nachdem ist er als invasiv oder in situ zu klassifizieren.
Wir Dokumentare geraten allzu oft in Situationen, wo wir uns mit teils widersprüchlichen Informationen in den Histologien oder klinischen Berichten herumschlagen müssen. Nach dem Motto: Nichts Genaues weiß man nicht. Manchmal lassen wir dann einfach unseren Bauch entscheiden. „Also ich würde „in situ“ dokumentieren“, sage ich der Kollegin mit dem zwiespältigen Blasentumor nach einer viertel Stunde nutzlosem Herumdiskutierens. Mit Herumdiskutieren verbringen wir jede Menge Zeit, wobei wir hinterher nicht klüger sind als zuvor – eher verwirrter. Ja, die Hühner sind ein diskutierfreudiges Völkchen…
Wir wünschen dem Prüfarzt mit dem Wuschelkopf ein schönes Wochenende. Er war auf dem Sprung in den Feierabend, als er von uns auf das Problem angesprochen wurde.
Das war vorgestern. Freitagnachmittag. Die Vorfreude ist bekanntlich die schönste. Viel machte ich nicht aus meinem Wochenende. Ich fühlte mich wie gelähmt, - zurückgeworfen auf mein Alleinsein. Ich sackte förmlich in mich zusammen. Heute nun geht`s mir etwas besser. Aber es ist auch schon Sonntag. Ein paar Stunden bleiben. Wenigstens mal eine Runde durch den Kiez. Draußen sieht es gut aus.

Samstag, 14. April 2018

Das Bett ist gemacht


Die Festplatte ab und zu aufzuräumen, kann kein Fehler sein. Programme, Bilder und Texte, deren man leid ist, lassen sich einfach zum Teufel schicken. Unser Gehirn, im Großen und Ganzen auch nichts anderes als ein Computer, sträubt sich leider gegen solche Maßnahmen. Mal von gewaltsamen Eingriffen in die Hardware abgesehen, müssen wir mit dem leben, was in unserer Birne ist – mit dem ganzen Scheiß, der sich über Jahrzehnte hinweg ansammelte. Auch wenn davon an der Oberfläche nicht viel oder gar nichts zu sehen ist, so arbeiten diese Altlasten ständig in uns, beeinflussen unsere Stimmung und wahrscheinlich sogar unser Handeln. Abschalten geht nicht. Wie schön wäre endlich Unbeschwertheit! Dem Vergangenen nicht mehr nachhängen, befreit von Trauer, Wut und Ärger. Zur Ruhe kommen. Weg mit dem ganzen Ungemach! Ein Neustart…

Wochenende. Seit Halb Sieben auf den Beinen. Das Bett ist gemacht. Die Waschmaschine läuft. Ich warte auf den Lieferdienst für Getränke und Lebensmittel. Eine bequeme Sache. Ich kann mich ganz der Muse in meinen vier Wänden widmen. Ich muss Dinge erfinden, damit ich was zu tun habe. Ich erfinde einen Traum. Ich erfinde mich und die Welt. Ich erfinde Tag und Nacht. Alles ist gut. Ich greife zum Glas. Ich drehe die Musik lauter. Das Rumoren des Waschvorgangs stört. Der Blues ist im Glas. Ich schütte nach. Es gibt sonst nichts. Nur eine Ahnung. Überall fuckin` Ahnungen. Ich wende den Kopf nach rechts und sehe in einen Tag… eine Waschküche mit hellen Streifen.

Am Ort ohne Zeit


Dort gab es keine Sonne, die auf- oder unterging und auch sonst nichts, was den Lauf der Zeit anzeigte. Wenn man allerdings eine magische Grenze überschritt, befand man sich im Morgen. Auch zurück ins Gestern ging es. Auf der einen Seite sozusagen das Morgen- und auf der anderen das Gesternland.

Mittwoch, 11. April 2018

Mittwochs-Spruch

Was nicht zu retten, laß dem falschen Glück,
Und gib Geduld für Kränkung ihm zurück.
Zum Raube lächeln, heißt den Dieb bestehlen,
Doch selbst beraubst du dich durch nutzlos Quälen.


Shakespeare (Othello)

Sonntag, 8. April 2018

TV-Tipp

"Ghandi", 21 Uhr 35, 3sat

Ausklang


Am Ostersonntag wollte keine ausgelassene Stimmung mehr aufkommen. Die Welt um mich herum betrachtete ich mit feindseligen Augen. Da halfen auch Schnitzel und Spätzle im Medocs nicht. Was hatte ich mit all diesen Menschen zu tun? Menschen, die wie Ratten die Stadt bevölkerten und genau wussten, warum sie hier waren und was sie zu tun hatten. Ähnlich wie auf der Zugfahrt kam mein Kopf nicht zur Ruhe. Eine innere Unruhe trieb mich von Kneipe zu Kneipe, um die Zeit totzuschlagen. Ein Spaziergang am Neckar wäre rückblickend sinnvoller gewesen.
Am Abend zuvor hatte ich mir spontan eine Karte für „Zwei Herren im Anzug“ gekauft. Der Film lief im Gloria, einem Kino in der Altstadt. Nun schaute ich ständig auf die Uhr und überlegte, wo ich die restlichen Stunden bis zum Vorstellungsbeginn 18 Uhr 30 verbringen sollte. Schließlich verschlug es mich in die Destille, ein gutes Plätzchen zum Ausharren an der Theke. Zufrieden nahm ich zur Kenntnis, dass die Bar fast leer war. Eigentlich war da nur eine Studentin als Bedienung und ein offenbar befreundetes Pärchen, das schon einiges intus hatte. Die Freundin jedenfalls, a typical american stupid girl, quatschte und lachte hell und laut fast ohne Unterbrechung, wobei sie regelmäßig Hochprozentiges nachforderte. Oh Gott! dachte ich, kein Schwein hält das hier lange aus. Aber jetzt noch mal die Kneipe wechseln? Der Bedienung schien es schnurz zu sein, dass durch das Benehmen ihrer Freundin die Gäste vergrault wurden. Ich schaute auf die Uhr: Noch eine knappe Stunde, die würde ich wohl rumkriegen. Ich klammerte mich an mein Bier und betrachtete die Bilder, die ringsum hingen. Ein einheimischer Künstler präsentierte seine Werke. Brauntöne dominierten. Lediglich eins der Bilder gefiel mir in seiner Komposition... Die junge amerikanische Dame ließ derweil nicht nach. Ihr war es scheißegal, dass ihre aufgedrehte Heiterkeit auf andere womöglich überhaupt nicht erheiternd wirkte. Dabei eine hübsche Frau, Mitte Zwanzig, ein Hingucker für die Männlichkeit. Die Natur hatte schon komische Launen: Schönheit in der Hauptsache als Mittel zum Zweck. Summ-summ-summ. Ich reagierte schon immer allergisch auf zu viel Oberflächlichkeit...
Ein erneuter Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es Zeit war.
„Zwei Herren im Anzug“ von und mit Josef Bierbichler. Eine bayrische Familienchronik – drei Generationen, zwei Weltkriege, ein Seegasthof. Etwas überbemüht das Ganze. Nach 140 langen Minuten wurden die Kinobesucher erlöst. Freilich weiß ich nicht, wie`s die anderen empfanden. Ich jedenfalls war reif für die Koje.





Am Grab




Friedhofskapelle





Innenstadt/Geisterstadt

Samstag, 7. April 2018

Zurück


Der Ort meiner Geburt, wo ich aufwuchs, in den Gassen spielte, zur Schule ging, meine erste Liebe fand, als junger Mann in den Kneipen abhing…, wo meine Eltern beerdigt sind, liegt 15 Kilometer südlich an der Bergstraße, eingebettet in die sanften Hügel des Kraichgaus. Ich nahm ein Taxi. Alles um mich herum wurde von Kilometer zu Kilometer vertrauter. Ich dirigierte den Taxifahrer zum Friedhof. Es war früher Mittag. Außer mir gab es nur wenige Besucher. Schnurstracks nahm ich den Weg zum Grab meiner Eltern. Gleich hinter der Kapelle links musste es sein. Ich fand es nicht gleich. Hatte ich mich geirrt? Nein, da war es, ein paar Meter weiter, als ich es in Erinnerung hatte. Ein Grab unter Gräbern. Ich kniete vor der Granitplatte nieder, auf der ihre Namen eingemeißelt standen. Der Himmel über mir wolkenverhangen. Friedhofswetter – wie man es sich vorstellt. Immerhin wurde ich nicht von Regen in meiner Andacht gestört.
Als ich mich erhob und abwendete, erfasste mich eine Welle Wehmut, als würde ich in der Brandung stehen und nun den Sog des zurückfließenden Wassers hinaus aufs Meer spüren. Schweren Schrittes ging ich zum Ausgang. Ein paar Sonnenstrahlen schafften es hin und wieder durch die Wolkendecke. Mein Weg führte mich hinunter in die kleine Stadt. Ich kam mir vor wie ein Riese - meiner Heimat längst entwachsen. Im Zentrum begrüßte mich eine menschenleere Fußgängerzone. Diese ganze Stadt ist ein Grab, dachte ich unwillkürlich, aber es war schließlich Ostersonntag und das Wetter beschissen.
Vorbei an einigen Stätten meiner Kindheit und Jugend. Vorbei am Leimbach, der nach wie vor dahinplätscherte. Vorbei am Wohnhaus, das in neuer Fassade aufwartete. Vorbei am alten Amtsgericht. Vorbei am Jugendkeller, wo ich mein erstes Bier trank… Vorbei am ersten Kaufhaus der Stadt. Vorbei an Marktplatz und Kirche. Vorbei an vielerlei Erinnerungen. Vorbei an den Kneipen… Alles erschien im Lichte dieses Tages reichlich armselig. Wie konnte man in dieser Enge leben?
Wo ich einst im Billard-Café echte Glanzzeiten erlebt hatte, residierte jetzt eine Shisha-Bar. Die Bierbörse daneben gab es noch, und sie hatte sogar geöffnet. Vielleicht sehe ich dort einen alten Bekannten, dachte ich, um mit ihm über die glorreichen Zeiten zu plaudern. Meine Emotionen hämmerten in mir und drängten heraus, aber es gab niemanden, mit dem ich sie teilen konnte. An der Bar spielten die Bedienung und ein Stammgast Karten. Ich trank mein Bier und betrachtete die Öde vor mir. Fast hätte ich die Bedienung angesprochen: Wie lange arbeiten Sie schon hier? Wissen Sie, ich bin hier zu Besuch in meinem Geburtsort, das Grab meiner Eltern besuchen. In den Achtziger/Neunzigern trank ich in der Bierbörse oft mein Bier. Kennen Sie vielleicht noch den Micha? Der war damals Wirt. Eine gute Zeit. Die Kneipen immer voll…
Stumm beendete ich meine Thekensitzung und bezahlte.
Am Taxistand stand kein Taxi, und es begann zu schiffen. Ich schimpfte vor mich hin und flüchtete in ein Café, einstmals Traditions-Kaffeehaus des Ortes, heute von Ausländern geführt. Alles machte mich plötzlich wütend. Wer waren diese Leute? Woher kamen sie? Was war passiert? Was für ein totes Kaff! Ich fühlte mich bestohlen und gekränkt. Ich wurde hier geboren, meine Eltern liegen hier begraben – hört ihr! hätte ich am liebsten in den Raum gerufen. Ich trank noch ein Bier und orderte über den Barkeeper das Taxi für die Rückfahrt.

Donnerstag, 5. April 2018

TV-Tipp

"Wild", 22 Uhr 30, Arte

Mittwoch, 4. April 2018

Der Morgen in der Max Bar


Die Pensionswirtin kam ins Plaudern, als ich die Rechnung beglich. Sie schwärmte ganz allgemein von der Region, dem milden Klima, den schönen Plätzen, der mediterranen Atmosphäre und dem exquisiten Kuchen einer befreundeten Spanierin, die ganz in der Nähe ein Café hatte. Sah ich so aus, als wäre ich ein Kuchenliebhaber? Ich bedankte mich artig für den Tipp und schritt hinaus in den Morgen. Mich fröstelte. Das Wetter hatte nichts mehr von der Milde des Vortags. Der Himmel lag grau und schwer über der Stadt und den angrenzenden Bergen. Angestrengt spähte ich nach einem geöffneten Lokal. Früher Vormittag und Ostersonntag – da ist selbst in Berlin nicht der Bär los. Doch ich hatte Glück. Unweit fand ich eine Bar, in der ein paar Übernächtigte beim Bier saßen. Sehr gut, das Problem wäre also gelöst. Ich bestellte mir erstmal einen Kaffee und schaute durch die große Fensterfront hinaus auf den Marktplatz, wo noch wenig Betrieb herrschte. Ab und zu trudelten ein paar Gäste ein, meist Einheimische aus der hiesigen Kneipen- und Künstlerszene, die hier ihren Morgenkaffee tranken und ein Schwätzchen hielten. Ich war inzwischen beim Bier angelangt und versunken in der Betrachtung meiner Umgebung. Einer der Künstler kam mir bekannt vor. Aber klar, das war der Typ, von dem ich ein Bild habe, das ich erst vor kurzem wieder aufhing! Wie kam ich eigentlich dazu? Ich erinnerte mich an seine verwinkelte Altstadtwohnung, das Atelier sowie den anschließenden Spaziergang, wobei er mir Stadtgeschichten erzählte. Ich langweilte mich ziemlich. Lang lang ist`s her. Inzwischen dürfte ich so alt sein wie er damals. Plötzlich kam es mir wieder: Er hatte sich für einen meiner Prosatexte interessiert und schenkte mir im Gegenzuge das Bild. Kein schlechter Deal für mich. Offensichtlich schmeichelte er mir, und neben seinem Interesse als Künstler gab es noch eine Ambition anderer Art.
Der Künstler ging, und wir grüßten uns beiläufig. Hatte auch er mich wiedererkannt?
Es wurde Zeit, mich aus meiner beinah meditativen Versenkung in der Max Bar zu lösen. Schließlich hatte ich noch etwas vor…





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