Sonntag, 25. Dezember 2016

Nabelschau an Weihnachten


Gut, dass ich mich dieses Jahr nicht sonderlich bemüßigt fühle, meinen Anti-Weihnachtsgefühlen Ausdruck zu verleihen. Das sollte ein Zeichen dafür sein, dass sich die Weihnachtsbelästigungen meine Person betreffend in Grenzen hielten. Vielleicht kommt langsam aber sicher die Weisheit des Alters hinzu - oder nennen wir es besser Gleichgültigkeit.
Ich verbringe die Tage in absoluter Ruhe und zumeist in der Abgeschiedenheit der eigenen vier Wände. Ein Blick aus dem Fenster sagt mir: Muss nicht sein: kühles, regnerisches Dezemberwetter, weder Sekt noch Selters, der deutsche Winter, der sich schmutzig wie die Straße zeigt: Grau in Grau.
Ich fließe in die Stunden, in den Tag. Gedanken sammeln sich und fallen wieder auseinander. Ich reflektiere meine Situation, mein Leben zum zigsten Mal und bleibe dabei stecken wie in einem Sumpf. Die Arme hängen schwer an mir herab. Die Augen versinken im Kopf. Zwei Tage unrasiert…
Nein, ich lasse mich nicht hängen. Ich erlebte diesen Zustand schon oft, total konzentriert in der Unkonzentriertheit. Die Realität wird zum Traumzustand. Ich weiß nicht, was ich sehe oder fühle. Wo kommen die Worte noch her?
Ich bin mir alles und nichts, meine eigene Laborratte. Das ICH zieht sich zurück und überlässt die Regie einem anderen. Ich brauche mich gar nicht. Ich stehe neben mir und löse mich auf. Wer ist das, der diese Zeilen schreibt? Wer läuft durch die Stadt und warum? Der andere geht diese Wege – und ich ziehe mich zurück wie ein stiller Begleiter. Ich sitze in der Schulter oder im Bauch oder in den Beinen. Ich lasse mich tragen und schlage vor Langeweile Purzelbäume, wenn der andere als Tumordokumentar arbeitet. Er quält sich durch die Stunden, und ich frage mich, warum er das macht. Wissen all die anderen „anderen“, wieso sie gerade dies oder das tun? Sind wir nur Puppen, die ans Steuer gesetzt wurden, um den Schein (eines Selbst) zu wahren?

Genug Nabelschau für heute. Weiter komme ich im Moment nicht. All diese Gedanken spielen gar keine Rolle in dem Universum um mich herum… Ist der Kühlschrank voll? Was gibt`s zu essen? Ist genug Geld auf dem Bankkonto? Wohin im nächsten Urlaub?... Alles schwimmt an der Oberfläche des riesigen Mahlstroms Leben, immer schön im Kreis herum durch die Monate, Jahre, Jahrzehnte, bis wir relativ unspektakulär verschluckt werden. Vielleicht hängen so viele Menschen an Festen wie Weihnachten, gerade weil sie immer dasselbe sind, weil sie seit Jahrhunderten Bestand haben, weil sie für ein paar Tage Ruhe und Frieden vorgaukeln. Ich weiß nicht. Ich habe den Sinn dafür nie gehabt.

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