Sonntag, 1. Mai 2016

"Lange Straße"


Sonntagsfrühstück am 1. Mai. Die Morgensonne hält Maulaffen feil. Vor meinem Bewusstsein hängt ein Schleier. Ich komme nicht richtig zu mir. Wir unterhalten uns über die Brötchen und Allgemeines. Mein Inneres ist gereizt, ohne dass ich den Grund weiß. Vielleicht will ich es einfach nicht reflektieren. Alles scheint weit weg von mir. Ich höre mich reden – und bin gewissermaßen darüber erstaunt, als läge zwischen meinem Innern und dem, was ich von mir gebe, eine lange Straße.
Und während ich an meinem Brötchen kaue, denke ich, wie wahnsinnig das Weltgefüge ist, der Kosmos und seine Gesetzmäßigkeiten, der Planet Erde, auf dessen Oberfläche ich lebe. Wer oder was bestimmt, dass ich hier bin? Wozu? Fast kommt mir mein Hinterfragen des Daseins unanständig vor, als hätte ich eine verbotene Tür geöffnet. Ich frage mich, ob andere Menschen dieses seltsame „Fremdheitsgefühl“ auch manchmal überkommt (und in welcher Stärke), denn ich habe es in aller Regelmäßigkeit.
Die Brötchen sind gut. Wir genießen das gemeinsame Frühstück am Wochenende. Unter der Woche ist es dazu zu früh. Ich denke daran, dass ich morgen zurück an meinen Praktikumsplatz im Krankenhaus muss. Besonders wohl ist mir nicht dabei. Ich bin dort noch ziemlich unbeholfen und unbedarft. Ob sich das in den nächsten Wochen ändern wird?
Meine Partnerin trägt mir einen Musikwunsch an: Bob Dylan. Ich sitze inzwischen am Computer, sinniere vor mich hin, während sie sich auf ihre Seminare an der TU vorbereitet. Auch so was, wovon ich nichts verstehe. Zurzeit ist mir reichlich viel unverständlich. Müssen wir Menschen unsere Köpfe derart vollstopfen? Mein Tagträumer-Naturell begehrt auf. Am liebsten würde ich mich tagein- tagaus der Muße hingeben – von der Muse geküsst…
Bob Dylan singt in seiner einzigartigen schnoddrigen Weise. Ich weiß nicht, ob ich ihn mag, aber ich kann ihn hören.

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