Dienstag, 5. August 2014

Verrückter Diamant


Ich stehe orientierungslos im Terminal … des Lebens. Die Menschen rennen kreuz und quer um mich herum. Mein Herz pocht bis zum Hals. Ich bin aufgeregt. Ich weiß nicht, wo ich bin. Verrückter Diamant. Der Himmel zieht mich zu sich, aber die Gravitation hält mich auf der Erde. Der sterbenden Frau im Altenheim wurde eine Nasensonde gelegt. Ihre Zunge hängt ausgetrocknet und aufgequollen aus dem Mund. Ich lagere sie und befeuchte Mund und Lippen. Ich frage Jesus und Mohammed gleichzeitig nach dem Sinn des Lebens. Sie haben keine Ahnung. Ihre Worte sind leer. Trotzdem folgen ihnen viele. Sie nuckeln an ihren Brüsten und saugen sich voll mit verwesendem Milch-Gesang. Das nackte Leben will niemand. Nur den Popanz. Millimeter für Millimeter taste ich mich voran und rutsche wieder ab. Der Untergrund ist glitschig. Nach Jahren kann ich nicht erkennen, wie weit ich voran kam. Meine Augen werden älter und farbloser. Verrückter Diamant. Ich halte fest. Und wenn ich selbst zu Morast werde. Und wenn ich selbst zu Luft werde. Die Sonne zeigt mir auffordernd ihren Arsch. Eine schöne Ablenkung. Sie furzt ins Weltall und ist alleine glücklich. Meine Pupillen ziehen sich zusammen. Ich lasse mich verführen. Ich bin verliebt. Zurück bei Knochen, Fleisch und Haut. Zurück bei der Musik meiner Nervenstränge. Ein ganzes Orchester spielt für mich auf. Tag für Tag. So oder so.
Die Welt ist dunkel. Eine Mördergrube. Es gibt weder Gott noch Götter. Nur die Einsamkeit. Und einen kurzen Kampf. Ein sich Festkrallen. Die Liebe eine wohltuende Injektion – und ich fliege. Ich fliege durch meine Träume. Landen muss gekonnt sein. In den Schulen kriegen wir nichts von alledem beigebracht. Wir reihen uns in die Schlangen im Terminal ein, weil es alle machen, um da oder dorthin zu kommen. Schließlich muss man irgendwohin kommen, sonst würde das Ganze keinen Sinn ergeben. Auch ich stehe in einer Reihe mit den Anderen. Aber ich spüre diese Selbstverständlichkeit schon lange nicht mehr ... Es ist ein Witz. Ich spürte es, glaube ich, noch nie, was Welt und Menschen wirklich umtreibt.

ein literarisches Tagebuch

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