"Fleisch ist mein Gemüse", 23 Uhr 30, Das Erste
bonanzaMARGOT
- 01. Jun. 12, 13:13
Ich wollte nur meinen Ledersattel, der leicht durchgeritten ist, spannen lassen. Für den Brooks Sattel braucht man dazu ein spezielles Werkzeug. Der Fahrradhändler betrachtete sich meinen Sattel und runzelte bedenklich die Stirn. „Darf ich fragen, wie alt Sie sind? Haben Sie die Vierzig schon überschritten?“
„Längst“, antwortete ich. Und er wies mich ausführlich auf die Gefahren hin, die ein solch harter Sattel für die Prostata darstellte. „Wie viel fahren Sie denn so?“
„Auf meinen Fahrradreisen sind das in zwei Wochen schon mal tausend Kilometer.“
„Sie sollten unbedingt zum Urologen gehen“, meinte er mit ernster Miene, „ab einem gewissen Alter sollte man(n) sich untersuchen lassen.“
„Hm“, nickte ich zustimmend.
„Und auch den Darm“, fügte er ergänzend hinzu. Er hatte vergeblich an meinem Sattel mit dem Spezialwerkzeug herum geschraubt. Offenbar war das Gewinde der Einstellschraube kaputt.
Der Fahrradhändler wurde nicht müde zu betonen, wie wichtig es für mich sei, einen Urologen aufzusuchen, um meine Prostata checken zu lassen. Inzwischen stand eine Kundin bei uns, und mir war das Gespräch leicht peinlich. Ich bedankte mich und wand mich zum Gehen. „Ich fahre gleich mal zum Urologen“, verabschiedete ich mich grinsend. Wahrscheinlich wollte er mir nur einen neuen Sattel aufschwatzen. Ich radelte weiter zum Supermarkt.
Meine letzte Prostatauntersuchung fand 2006 in der Urologie statt, mittels eines Ultraschallstabes. Ich erinnere mich noch gut, wie ich mich über die Krankenliege bücken musste und der Arzt mir den Stab rektal einführte. Ein Assistenzarzt schaute interessiert zu … (hust!) Damals musste es sein. Ich hatte eine Epiditymitis und war froh, dass man mir half. Toll fand ich diese Untersuchung wirklich nicht. Obwohl angeblich die Prostata das Pendant zum weiblichen G-Punkt darstellt.
Wer weiß - vielleicht entdecke ich noch durch einen Urologen … neue Freuden.
Inzwischen googelte ich nach dem Zusammenhang Fahrradsattel und Prostata und konnte erfahren, dass der Fahrradhändler gar nicht so unrecht hatte. Radfahren auf einem harten Sattel kann tatsächlich unangenehme Auswirkungen haben: es kann Ursache einer Prostatitis sein, und es kann zu Erektionsstörungen und sogar zur Impotenz führen. (Schon mal was vom nervus pudendus gehört?) Meine Virilität will ich freilich nicht durch einen zu harten oder falschen Fahrradsattel gefährdet sehen. Das gibt mir dann doch zu denken.
Auch ohne den Fahrradhändler weiß ich, dass ich mal wieder zu meinem Hausarzt gehen sollte. Der wird mir sagen, welche Vorsorgeuntersuchungen für einen ins Alter gekommenen Jungen wie mich langsam fällig werden.
Am Brooks Sattel halte ich aber vorerst fest. Wir waren in den letzten Jahren ein gutes Team.