Winternächte
Das Altenheim liegt nun wunderbar eingeschneit auf dem Berg. An den Straßenrändern türmt sich der Schnee stellenweise einen Meter hoch. Das Mittelgebirge säumt im Osten die weite Ebene - klimatisch eine milde Region. Die Einheimischen sagen, dass seit Jahrzehnten nicht solche Schneemassen fielen.
Alleine verbringe ich die Nacht mit den Alten, während der Wind über den Bergkamm weht und den Schnee vom Dach des Gebäudes fegt, in der Luft wild verwirbelt. Wie geisterhafte Derwische tanzt der feine Schnee im fahlen Laternenlicht. Die weiße Pracht macht die Nacht noch stiller als sonst. Es ist zwischendurch unheimlich still. Ich fühle mich mit dem Haus und den Bewohnern auf eigenartige Weise verwachsen. Routinemäßig, beinahe schlafwandlerisch verrichte ich die pflegerischen Aufgaben. Die Stunden legen sich wie Bleigewichte auf die Augendeckel. Minuten gefrieren zu Wachträumen. Leise lasse ich den Fernseher im Aufenthaltsraum laufen, um mich abzulenken, um zu vergessen, wo ich bin. Man macht sich nur verrückt, wenn man an all die möglichen Notfallszenarien denkt. Ein Krankenwagen hätte bei diesen Witterungsverhältnissen seine liebe Not bis zum Eingangsportal zu kommen. Die Zufahrtsstraße wird erst am frühen Morgen geräumt.
Doch wir haben Glück - die Alten und ich. Wir benötigen keine Hilfe von Außen. Ich empfange meine Kollegen und Kolleginnen vom Frühdienst und übergebe ihnen das Haus. Ich kann es kurz machen: Keine besonderen Vorfälle ...
bonanzaMARGOT
- 19. Dez. 10, 17:08
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache