Liebe ist die schönste Krankheit
Es wäre langsam mal an der Zeit, dass ich über mein Verhältnis zum anderen Geschlecht, also zu Frauen, nachdenke. Mein Leben liest sich diesbezüglich wie der Reiseplan eines Intercity. Die längste Zeit, die ich mit einer Frau verbrachte, waren fünf Jahre, die kürzeste wenige Wochen. Die Sexdates zähle ich nicht. Eigentlich ist mir schon an einer längeren und festen Bindung gelegen. Aber ich würde es nicht lange aushalten, wenn man in einer Bude aufeinander säße. Allein der Gedanke, Nacht für Nacht neben der Partnerin einzuschlafen, ist bestenfalls in der Zeit der Verliebtheit prickelnd - danach nur noch in Dosen von wenigen Tagen erfreulich. Drum wohnte ich trotz einiger mehrjähriger Beziehungen nur ein einziges Mal mit einer Frau zusammen. Und das war ausgerechnet Uschi. Genauso gut hätte ich mir Nitroglycerin in einem Erdbebengebiet aufs Regal stellen können. Es lief auch nur ein Jahr. Ich ging in Alkoholtherapie und Uschi beglückte in der Zwischenzeit Rainer in unserer gemeinsamen Wohnung. Schwamm drüber. Inzwischen verließ ich fast ebenso viele Frauen, wie ich von Frauen verlassen wurde. Auch was die Untreue angeht, dürfte das Verhältnis ausgeglichen sein.
Als Mittvierziger bin ich in dem Alter, dass ich meist auf Frauen stoße, die allein erziehend, geschieden oder noch nicht geschieden sind. Das sich daraus ergebende Verhältnis ist so gut wie eine Fernbeziehung, da die Frauen durch Kinder, Beruf und Ex-Mann ziemlich eingespannt sind. Eine Zeit lang ideal - doch kommt nach ein paar Monaten der Punkt, wo man in die Pedale tritt und sich nichts mehr bewegt - im Herz. Dann spätestens ist klar, dass sich was ändern sollte.
Wenn eine Liebe ins Koma fällt, hofft man anfangs noch, dass sie wieder erwacht ...; aber mit fortschreitender Dauer des komatösen Zustands wünscht man sich ihren Tod - traut sich aber nicht, die Geräte abzustellen.
Meistens übernimmt diese Aufgabe dann das Schicksal: ein neuer Stern der Liebe taucht am Horizont auf, oder ein anderes Unglück passiert. Neulich dachte ich, dass bei der Liebe wie beim Leben alles verhängnisvoll verdreht ist. Es wäre doch viel sinnvoller, wenn nicht am Anfang das Glück stände, sondern am Ende.
Für das Leben hieße dies: unglücklich geboren aber glücklich gestorben. Und für die Liebe: unglücklich verliebt aber glücklich geschieden.
Ich werde jedenfalls nie heiraten, schwur ich mir bereits im unschuldigen Alter von Sechs. Ich musste mich bisher nicht besonders anstrengen, um den Schwur zu halten. Dabei liebe ich gern. Jede Liebe war einzigartig und tief. Selbst mit Uschi, die mich an den Rand des Wahnsinns trieb.
Offensichtlich ist der Reiseplan meines Liebens länger als nur eine Strecke des Hörner Abstoßens.
bonanzaMARGOT
- 26. Okt. 10, 14:43
- Als Gebüsche noch Gebüsche waren