Dienstag, 29. Juli 2008

Der Fisch stinkt vom Kopf

Es ist ein Witz, dass in einer Welt zunehmender Verrohung der Sitten und Moral die geleckten Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft diese Werte von jenen einfordern, die am unteren Ende der sozialen Leiter herumkrebsen. Freilich darf man jeden Menschen beim Schlafittchen packen und ihn zu mehr Moral, Demut und sozialen Gewissen mahnen; aber ich empfinde es als höchst unanständig, wenn sich gerade schmerbäuchige Politiker und andere Privilegierte aus dem Fernseher mit moralischem Zeigefinger in die Wohnzimmer derer lehnen, die durch eine jahrzehntelange Rationalisierungspolitik aussortiert und abgedrängt wurden. Es ist geradezu infam, was sich die Menschen aus der gehobenen Gesellschaftsschicht tagtäglich leisten ... und dann noch ihre Weisheiten im TV ablassen.
Ich plädiere nicht für noch mehr Wohlstand in unserer Gesellschaft, sondern für mehr Menschenachtung, die nach meinem Dafürhalten umso mehr abnimmt, desto mehr Reiche, Superreiche und Lackaffen es gibt. Hätten diese Leute ein soziales Gewissen, gäbe es keine Wohnungsnot, denn es gibt mehr als genug Wohnraum.
Hätten diese Leute ein soziales Gewissen, müsste schon lange kein Mensch mehr auf der Erde hungern.
Würden sie doch wenigstens die Klappe halten ... und sich und ihren Reichtum nicht noch rechtfertigen - dabei die Menschen verhöhnen, die sie ausbeuten!!
Für mich ist das harter Tobak. Ich bin Altenpfleger. Ich betreue und pflege die Menschen, die so gut wie keinen Fürsprecher mehr haben und muss mit ansehen, wie sogar diese hilflosen Menschen fürs Geschäft missbraucht werden. Die Heuchelei schlägt mir wie ein schwülwarmer Wind ins Gesicht: "Du kannst dir ja eine andere Arbeit suchen, wenn es dir nicht passt; der alte Mensch steht im Mittelpunkt ...", sagt man mir, ohne mit der Wimper zu zucken; und ich denke: "Klar, der steht im Mittelpunkt eurer wirtschaftlichen Interessen."
Dummerweise gibt es weder genügend Personal noch ausreichend Geld - also drangsaliert man die einfachen Mitarbeiter, legt ihnen Daumenschrauben an, damit sie endlich ihre Arbeit ordentlich verrichten, was im Grunde so viel heißt, dass sie nicht herummotzen und also gefälligst über die Missstände Schweigen bewahren sollen. Pflegeberichte und Pflegeplanungen werden gewissenlos getürkt.
Das Personal wiederum verliert die Motivation und läßt seinen Frust an jenen aus, die es eigentlich (liebevoll) zu betreuen und pflegen hat. Also, ich mach`s kurz: Es ist dann nur eine Frage der Zeit, dass Pflegemissstände aufgedeckt werden - ein Aufstöhnen geht durch die Gesellschaft ... und die sauberen Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft bescheren uns mal wieder einen tollen Diskussionsabend, nach welchem man so klug ist als wie zuvor.

Und so immerfort.

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