Müde
...
Die 96jährige bewohnt mit ihrem ein Jahr älteren Lebensgefährten das letzte Zimmer unterm Dach. Sie war lange im Krankenhaus, TB, und kam vor wenigen Tagen zurück, ganz die Alte. Ihr stechender Blick und trockener Humor sind etwas gewöhnungsbedürftig. Sie klingelte für ihre Schlaftablette und ließ sich von mir Trinken und eine Chipstüte ans Bett reichen. Sie hatte eine Menge zu erzählen.
Die Greisin spricht stets etwas hastig und nervös. Ihr ausgezehrter Körper bringt gerade noch 32 kg auf die Waage. Bei ihr sei alles kaputt, der Arzt hätte gesagt: "Sie sind nicht krank, Frau B., Sie haben alles."
Ja, meinte ich, solange man es mit Humor nehmen könne. Ich stand am Fußende ihres Bettes und wollte mich langsam entfernen.
"Sind sie empfänglich für Witze?" fragte sie da, und ich antwortete, dass ich schon Humor hätte.
"Dann hören Sie zu ... eine Frau wartet auf die Rückkehr ihres Mannes, der auf Jobsuche ist. Sie steht auf dem Balkon und sieht ihn rufend näherkommen: Liebling, ich habe eine neue Stellung! Worauf sie erwidert: Hättest du besser eine Arbeit! ..."
Ich lachte. Nicht nur aus Höflichkeit. Nicht nur wegen des Witzes. Ich fand die alte Frau einfach köstlich. Obwohl ich ihr noch gerne etwas Gesellschaft geleistet hätte, riß ich mich los und wünschte ihr eine gute Nacht.
Heute Vormittag war das Gesundheitsamt im Haus. Das ganze Personal wird wegen Frau B. auf TB getestet. Ich verschlief. Keine zehn Pferde hätten mich aus dem Bett gekriegt. Da werde ich wohl extra beim Gesundheitsamt antanzen müssen. Die Nächte schlauchen, obwohl die Arbeit nicht mehr wird. Ich werde alt und müde.
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Die 96jährige bewohnt mit ihrem ein Jahr älteren Lebensgefährten das letzte Zimmer unterm Dach. Sie war lange im Krankenhaus, TB, und kam vor wenigen Tagen zurück, ganz die Alte. Ihr stechender Blick und trockener Humor sind etwas gewöhnungsbedürftig. Sie klingelte für ihre Schlaftablette und ließ sich von mir Trinken und eine Chipstüte ans Bett reichen. Sie hatte eine Menge zu erzählen.
Die Greisin spricht stets etwas hastig und nervös. Ihr ausgezehrter Körper bringt gerade noch 32 kg auf die Waage. Bei ihr sei alles kaputt, der Arzt hätte gesagt: "Sie sind nicht krank, Frau B., Sie haben alles."
Ja, meinte ich, solange man es mit Humor nehmen könne. Ich stand am Fußende ihres Bettes und wollte mich langsam entfernen.
"Sind sie empfänglich für Witze?" fragte sie da, und ich antwortete, dass ich schon Humor hätte.
"Dann hören Sie zu ... eine Frau wartet auf die Rückkehr ihres Mannes, der auf Jobsuche ist. Sie steht auf dem Balkon und sieht ihn rufend näherkommen: Liebling, ich habe eine neue Stellung! Worauf sie erwidert: Hättest du besser eine Arbeit! ..."
Ich lachte. Nicht nur aus Höflichkeit. Nicht nur wegen des Witzes. Ich fand die alte Frau einfach köstlich. Obwohl ich ihr noch gerne etwas Gesellschaft geleistet hätte, riß ich mich los und wünschte ihr eine gute Nacht.
Heute Vormittag war das Gesundheitsamt im Haus. Das ganze Personal wird wegen Frau B. auf TB getestet. Ich verschlief. Keine zehn Pferde hätten mich aus dem Bett gekriegt. Da werde ich wohl extra beim Gesundheitsamt antanzen müssen. Die Nächte schlauchen, obwohl die Arbeit nicht mehr wird. Ich werde alt und müde.
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bonanzaMARGOT
- 12. Feb. 08, 17:14
- Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache