Eine Biomaschine redet sich von der Seele


Die Waschmaschine läuft. Einmal die Woche ist es doch nötig. Beinahe sofort schießt mir die Assoziation in den Kopf, dass ich ebenso „laufe“ wie eine Waschmaschine – nach einem genetisch festgelegten Programm. Ein Druck auf den „Knopf“, und es beginnt. Es ist nicht sicher, ob das Programm wie geplant zu ende läuft. Es kann durch äußere Einwirkungen unterbrochen werden, oder es ist womöglich fehlerhaft. Davon merke ich aber nicht viel. Ich kenne das Programm nur in seinen äußeren Umrissen. Außerdem glaube ich an meinen freien Willen. Wie könnte ich nicht daran glauben? Nur eine Biomaschine mit einem relativ festgelegten Programm zu sein, ist keine sehr schöne Aussicht für ein Individuum, das Wert auf seine eigenen Entscheidungen legt, das von seinem Bewusstsein als die Entscheidungsinstanz überzeugt ist. Offenbar ist aber nach neurowissenschaftlichen Erkenntnissen der freie Wille lediglich ein frommer Wunsch bzw. eine Fiktion des Geistes. Experimente zeigen, dass Entscheidungen bereits kurz vor dem bewussten Gedanken im Kopf gefällt werden. „Ich denke, also bin ich“ wäre somit eine Farce, denn mein Sein geschieht schon vor dem Denken. Das Ich als ein Schauspieler, der den Text abliest. Der Autor steht hinter dem Ich im Verborgenen. Was kann ich machen, wenn ich nicht nur Marionette eines Programms, eines Unbekannten sein will? Kann ich so tief in mich gehen, dass der Nebelvorhang aufreißt und ich dem Unbekannten gegenüberstehe – der nichts anderes als das Ich meines Seins ist? Kann ich mit diesem Fremden reden, ohne dass es wiederum zur Farce wird? Woher will ich wissen, ob nicht hinter dem Schatten-Ich noch ein anderes steht?
Selten hinterfragen die Schauspieler des Lebens ihre Rolle. Ab und zu liest man davon in der Literatur und in der Philosophie. Eine Lösung dieses Problems konnte noch niemand erdenken. Für das normale, alltägliche Dasein ist es auch nicht nötig. Maschinen funktionieren einfach, oder sie sind fehlerhaft. Falls die Waschmaschine meine Wäsche nicht wäscht, muss ich sie austauschen, wenn ich nicht in schmutzigen Sachen herumlaufen will.
Nein, ich bin keine "Waschmaschine", und ich will keine sein! Mein Geist rebelliert gegen diesen abscheulichen Gedanken – er rebelliert gegen sich selbst. Was bleibt ist der Irrsinn, etwa der Irrsinn eines Antonin Artauds.
Welche Funktion haben die Verrückten, die Don Quijotes auf dieser Welt?
Sind sie die fehlerhaften Maschinen, die aufgrund ihrer Fehlerhaftigkeit ihren Mitmenschen einen Spiegel vorhalten? Schaut doch mal richtig hin! Lasst eure alltäglichen Sorgen Sorgen sein. Überdenkt eure Rolle. Wollt ihr einfach nur funktionieren? Reichen euch die Ersatzbefriedigungen durch den Wohlstand?
Vielleicht meint ihr, dass solche Gedanken morbide sind. Es muss euch so vorkommen, denn das Programm verbietet solcherlei Ideentum. Darum ist es erstaunlich, dass sich Menschen trotzdem von Kunst und Philosophie bis zu einem gewissen Grade angezogen fühlen. Ich betone „bis zu einem gewissen Grade“. Wie oft wurde und wird von entarteter Kunst gesprochen? Je spießiger ein Mensch ist, desto weniger kann er freies Denken billigen. Und der „Kleingeist“ beschränkt sich keineswegs auf Menschen mit geringem Bildungsstatus. (Dies wäre thematisch gesondert zu erörtern.)
Meiner Meinung nach sollte der Mensch seine geistigen Fähigkeiten so weit wie möglich ausschöpfen, um dem Marionettenspieler im Hintergrund ein Schnippchen zu schlagen. Auch wenn es aus dem Programm erst mal kein Entkommen gibt, so wird vielleicht eines Tages ein neuer Mensch entstehen, der die Barriere durchstößt und wirklich Herr über sein Sein wird. Zumindest könnten wir eine Stufe in der Bewusstwerdung höher steigen.
Wenn wir die Welt retten wollen, sollten wir uns damit beeilen.

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