Wir sind Burnout


Ein Thema ist mal wieder in allen Journalien und Medien bis zum Erbrechen durchgeleiert worden. Jeder xte Deutsche ausgebrannt. Prominente vor! Sie outen sich als ausgebrannt vom Fußballtrainer bis zum Fernsehkoch. Ich lese in jeder Zeitschrift die selben schwammigen Aussagen. In regelmäßigen Abständen, alle paar Jahre, werden Themen wie Depression, Burnout, Angstneurosen, Panikattacken und Schlaflosigkeit neu aufbereitet. Inzwischen gibt`s andere Promis, die darunter leiden. Auch der Selbstmord eines VIPs ist stets ein prima Anlaß. Ich kann`s langsam nicht mehr hören. Dabei sind es tatsächlich ernstzunehmende Geschichten und Schicksale. Die Betroffenen stehen unter einem hohen Leidensdruck. Letztlich kommt wieder mal heraus, dass die Kassenpatienten viel zu lange auf eine Psychotherapie warten müssen, dass viel zu wenig Prävention am Arbeitsplatz stattfindet, dass im Gegenteil der Druck auf den Arbeitnehmer seit Jahren permanent wächst, dass in unserer Gesellschaft die falschen Werte vermittelt werden ...
Nun haben wir stundenlang in Talkrunden diskutiert, etliche seitenlange Artikel in Stern, Spiegel, Focus geschrieben, kluge Sprüche von Fachleuten dazu gehört, uns ergreifende Schilderungen von Betroffenen reingezogen ...; und nächste Woche stehen Potenzprobleme auf dem Programm: wieviel Orgasmen sind normal?

Liebe Leute, ich komme da nicht mehr mit! Möglicherweise ist diese ganze Gesellschaft bereits ausgebrannt. Jedenfalls ungeheuer abgestumpft. Oder? Alles dreht sich im Kreis. Irgendwie Korsakoff. Ich sehe keine Reaktionen. Wir lesen davon, als ob es uns nichts anginge. Es ist so ähnlich wie die alljährliche Doping-Diskussion. Es berührt uns schon gar nicht mehr. Die Protagonisten lügen sich in die Tasche. Das System macht uns offensichtlich bewegungslos. Also wird jedes Jahr dieselbe Schallplatte aufgelegt. So richtig blickt auch keiner durch. Was bedeutet nun Burnout? Ist doch eigentlich nichts anderes als eine Depression? Nur eben schicker augedrückt. Passt besser in unsere Mode- und Leistungsgesellschaft. Burnout ist hipp, und Depression ist no-go.

Wenn ich dazu in die Altenpflege schaue, kriege ich das kalte Grausen: Permanent zu wenig Personal, zu wenig Supervision, immer mehr fachliche Anforderungen an das Personal ..., Angst um den Arbeitsplatz. Da ist Burnout schon beinahe Normalität. Es ist bemerkenswert, wenn man da nach einigen Jahren noch nicht ausgebrannt ist.
Auch das Thema "Mißstände in der Pflege" wird alle Jahre wieder medial verschlissen. Ja, ich sage, bewußt "verschlissen". Wir stecken alles in eine riesige Blabla-Mühle und drehen es durch. Unten kommen dann immer dieselben Sprüche heraus: Wir müssen dies ... nachhaltig ... blablabla ... fördern ... und präventiv ... Aufklärung ... blablabla ... Transparenz ... Kontrolle ... im Rahmen des Qualitätsmanagements ... müssen ... Änderungen ... Reform ... blablabla ...
Nur ändern tut sich nicht wirklich was.

(Leute, ich bin auch ausgebrannt. Das ist alles zu viel für mich. So viel Scheiße. Tut mir leid, dass ich zum Schluß nichts Erfreulicheres sagen kann. Mir schwillt der Kamm! Ich darf nicht länger drüber nachdenken.)

Anja-Pia - 07. Okt. 11, 11:15

Ich habe KEIN Burnout.

bonanzaMARGOT - 07. Okt. 11, 11:24

gut gut gut. weiter so.
tom-ate - 07. Okt. 11, 12:18

Mich wundert das gar nicht, dass unsere Gesellschaft ausbrennt. Werden wir doch von der ganzen Produktions- und Verbrauchermaschinerie zu immer mehr "Leistung" in beiden Bereichen getrimmt. Heiliges Wachstum vor Augen und Schiß vor der Krise. Die Frage nach dem Sinn des Ganzen stellt schon keiner mehr.

bonanzaMARGOT - 07. Okt. 11, 12:25

was ich mich wieder und wieder frage, tom-ate: wer steckt dahinter? was für eine art gehirnwäsche? warum sind die politiker so sehr verfangen in diesem spinnennetz? warum machen wir alle mehr oder weniger dieses wahnsinnige spiel mit? gibt es keinen ausweg? gibt es keine alternative?
tom-ate - 07. Okt. 11, 12:56

Ich glaube, darüber haben wir schon mal diskutiert, hier oder bei mir, weiß nicht mehr. Du warst eher der Ansicht, der Fisch stinke vom Kopf her und ich war der Meinung, wir sind (fast) alle (mich eingeschlossen) irgendwie mitverantwortlich. Das Ganze ist ein Riesensystem und wir können nicht einfach nur den Bossen die Schuld geben. Wir alle liefern ihnen die Munition, indem wir tonnenweise Schund und Scheiße abkaufen und dafür malochen wie blöd, anstatt uns zu fragen, was das Leben sonst noch zu bieten hat. Und die Bonzen sind auch nicht so frei, wie wir uns das gerne vorstellen. Natürlich gibt es schon Unterschiede im Umfang der Verantwortung... Aber ja, wir hocken alle im Spinnennetz und eh wir das nicht begreifen, finden wir auch den Ausweg nicht.
bonanzaMARGOT - 07. Okt. 11, 13:13

... stellt sich die frage nach der spinne, oder? und damit nach der verantwortlichkeit für diese entwicklung. ich stimme dir zu: wir machen (fast) alle fleißig mit bei dieser perversion von konsum und menschlichem größenwahn. ich sehe da aber schon eklatante unterschiede zwischen einem einfachen arbeitnehmer und einem manager, oder zwischen einem soldaten und einem general. oder zwischen einem einfachen wähler und einem politiker an der regierung.
darum mag ich den ausspruch: der fisch stinkt vom kopf. der kapitän führt ein schiff. und wenn es zur meuterei kommt, dann hat er wohl was falsch gemacht ..., vielleicht auch die falsche mannschaft angeworben - wie auch immer.
ich weiß, dass die "da oben" auch keinen leichten job haben. das ist es nicht. ich fühle mich als bürger von ihnen schon lange nicht mehr wahrgenommen.
wer oder was ist nun diese ominöse spinne, in deren netz wir alle festhängen? der kapitalismus?
es kristallisiert sich jedenfalls durch die bankenkrise langsam aber sicher heraus.
was haben wir für alternativen? der sozialismus ist mehr oder weniger tot. und gott hängt mit der katholischen kirche im mittelalter fest. die wissenschaftler verziehen sich in ihre elfenbeintürme ..., die politiker wurden mehr und mehr zu marionetten - ihre aussagen beliebig. und der konsument frißt den ganzen scheißdreck.
inzwischen stinkt einfach alles.
tom-ate - 07. Okt. 11, 13:23

Würde sagen, am Spinnennetz haben Millionen kleiner Spinnen mitgewoben, also schon unsere Vorfahren und weil wir's halt so kennen, haben wir weitergemacht. Die eine große Spinne werden wir nicht finden. Gut wir können einen Sündenbock basteln, aber das funktioniert meist nur für kurze Zeit. Wenn ich mir die Leute, ob arm oder reich, so rundherum anschaue, dann hab ich ein eher schlechtes Gefühl... Wenn etwas geschieht, dann nur unter Druck. Der Atomausstieg z.B. nur weil Fukushima in die Luft geflogen ist. Traurig, oder? Aber wieviel Druck bräuchte es, damit z.B. den Hungernden in und um Somalia effektiv geholfen wird? Kannste vergessen. Wir schauen zu am TV und bedauern.
bonanzaMARGOT - 07. Okt. 11, 13:31

sieht so aus, als wäre der mensch das gleiche arschloch wie schon immer - von wenigen ausnahmen abgesehen.
okay. dann sollten wir wenigstens mit den selbstlügen aufräumen.
dann sind wir eben arschlöcher. es gibt unter uns auch ein paar liebenswerte.
ich halte einfach das dämliche gelaber nicht mehr aus.
burnout hin, burnout her. pflegenotstand hin, pflegenotstand her.
ich mag das alles nicht mehr!
ich mag diese kravatten-fuzzis mit ihren gut gewählten worten nicht mehr hören! diese saubermann-mentalität geht mir gewaltig auf den sack!!
tom-ate - 07. Okt. 11, 14:21

Klar geht das auf den Sack. Auch wenn's schon krass genug ist, den Menschen pauschal als Arschloch zu bezeichnen: Würde sagen, wir sind nicht mal frei, keines zu sein. In einem so perfekten Spinnennetz muss jeder mitschunkeln und mitfiebern bis zum Burnout. Das ist der einzige Freipass. Und wenn jemand nicht mitspielt, wird er einfach für verrückt erklärt. Oder paradoxerweise gar als asozial.

Gut, im Alltag gibt's doch hier und da Schlupflöcher, wo man mal durchatmen und sich wenigstens kurz mal frei fühlen kann, auch wenn man's halt nicht ist. Und so kommt's, dass doch nicht alle den Burnout kriegen. Ist ein goldener Käfig hierzulande.
bonanzaMARGOT - 07. Okt. 11, 14:44

wenn alle arschlöcher sind, ist`s doch nicht mehr so schlimm(?)
die schlupflöcher gibt`s. aber eben nur geduldet - und nicht wirklich als alternative. das ist in etwa so, als ob man sich einbildet, nicht zum mainstream zu gehören, weil man sogenannte bio-produkte kauft, oder weil man ... - wie ich - sich täglich über diesen irrsinn aufregt.
oder weil man brav seinen abfall trennt. oder weil man kein fleisch mehr isst.
das bringt so viel wie ein fliegenschiss. und so kam es, dass aus den "grünen" genauso spießer und saubermänner wurden. welche politischen farben sind eigentlich noch interessant? welche blieben authentisch?
ich stehe für eine linke politik, weil es mir - verflucht nochmal! - nicht gefällt, dass 5% der bevölkerung 95% besitzen, weil ich die ungerechte verteilung von nahrungsmitteln, medizin und anderen resourcen nicht akzeptieren will! weil ich die ausbeutung der arbeitnehmer, sklaverei, menschenhandel und kinderarbeit nicht akzeptieren will!
weil ich die dekadenz und die protzerei einiger weniger nicht akzeptieren will!
...

in der pflege, wo ich arbeite, wird der burnout weitgehendst geleugnet. so sind wir menschen nunmal.
es geht dabei um stolz und angst und bequemlichkeit. bei jedem steht was anderes im vordergrund. man will (sich) den anderen gegenüber keine schwäche eingestehen. die mitarbeiter liefern sich gegenseitig alibis für ihr fehlverhalten. und die leitung stützt und deckt dies meist. hauptsache, alles funktioniert irgendwie, und der rubel rollt, bzw. die bilanzen sehen gut aus.
so gesehen sind wir alle sklaven des systems. ich habe manchmal sogar mitleid mit meinen chefs.
Lange-Weile - 07. Okt. 11, 22:08

Spießrutenlauf mit System

Hallo Bo.,

ja..die Nachrichten über Burnout läuft schon wieder seid Tagen durch die Medien.

Ich denke, das das Bournout auch eine Folge von Existenzangst ist, die jeder mit sich trägt, aber versucht, diese Angst zu verdrängen.

Eine junge Frau gab mir einen Eindruck, wie es in ihrem namhaften Unternehmen läuft. Umstruktuierung steht schon als Dauerplan auf der Tagesordnung. Immer wird irgendwo eine Abteilung umgebaut und damit auch das Personal versetzt. Kaum haben sie sich eingearbeitet, schon werden sie wieder umstrukturiert. Aber das ist es nicht allein. Wo gehobelt wird, fallen Späne und das heißt mit dem Umstrukturierung verschwinden auch Arbeitsplätze und damit hat jeder von den Mitarbeitern eine Entlassung im Nacken.

Gesprächstermine werden den Mitarbeitern schon 4 Wochen vorher mitgeteilt. Aber nicht alle auf einmal, sondern die Termine ziehen sich über viele Tage hin. Einige der Mitarbeiter kommen mit Entlassungspapieren wieder aus dem Zimmer, anderen wissen nicht, was auf sie wartet. Mit der Angst vor Entlassung sollen sie aber mit Hingabe und Engagement dem Unternehmen weiter dienen.

Fast möchte man meinen, dahinter steckt System. In der Mittelschicht der Unternehmen haben sich die Arschlöcher eingenistet. Erhebt jemand den Finger und kritisiert das System, kann er sich schon auf den nächsten Gesprächstermin einstellen.

Nicht die Arbeit macht den Menschen kaputt und brennt sie aus, sondern der Umgang in den Unternehmen mit dem Angestellten macht sie fertig.

Das Arbeitsamt z.B. beschäftigt einen großen Teil seiner Mitarbeiter auf befristete Arbeitsverträge für 1 - 2 oder 3 Jahre. Diese werden dann nicht verlängert, auch wenn die Mitarbeiter gute Arbeit leisten. Die Mitarbeiter werden durch neue ersetzt, die wieder nur befristet beschäftigt werden. In der Zeit müssen sie sich Wissen aneignen, damit sie kompetent sind, Haben sie den Status der Kompetenz erreicht, laufen die Arbeitsverträge wieder aus und sie werden nicht übernommen. In den Jobcentern wird ähnlich gearbeitet.

Die noch fehlerhaften Beratungen in den Ämter von den noch nicht kompetenten Mitarbeitern führt zu eine Klageflut, die den Staat wieder Geld kostet. Was dieser Scheiß soll, das weiß ich nicht. Aber es wird jede Menge Geld auf diese Weise auf den Ämtern vergeudet.

Beobachtet man dies mit gesunden Menschenverstand wird einem nicht nur schlecht, sondern das geht auch an die Substanz. Ich bin froh, das ich in diese "Knochenmühlen" nicht mehr eintreten muss.

LG LaWe


bonanzaMARGOT - 08. Okt. 11, 10:46

zeitverträge scheinen zur modernen unternehmens-personalpolitik zu gehören. die wertschätzung der mitarbeiter(innen) ist auf einem tiefpunkt angelangt. und alles wird damit begründet, dass der druck durch die globalisierung größer wird. der mensch als arbeitskraft verliert immer mehr an wert.
in der pflege ist es nicht anders. da werden auch immer öfter nur zeitverträge ausgegeben. natürlich kann man nicht alle betriebe über einen kamm scheren. es gibt noch beispiele, wo sich der arbeitgeber um ein gutes betriebsklima bemüht und seine mitarbeiter(innen) menschlich und fair behandelt.
aber der trend ist unübersehbar - was auch an der zunehmenden zeit- bzw. leiharbeit sichtbar wird. auch das abwalzen vieler funktionen auf subunternehmen und fremdfirmen gehört dazu.
als ich in der pflege anfing, wurde das essen noch im haus gekocht, die wäsche noch im haus gewaschen. inzwischen sind diese hauswirtschaftlichen tätigkeiten ausgelagert und werden von fremdfirmen erledigt. das kommt den heimträger wohl billiger - allerdings auf kosten der versorgungsqualität der alten menschen. paradox ist dabei, dass in zahllosen dienstsitzungen über qualitätssicherung geredet wird, während de facto qualität abgebaut wird. fazit: es wird mehr geredet, es wird schöngeredet, und der druck auf das personal wird erhöht. man will immer bessere leistung, aber mit immer weniger (bzw. billigeren mitteln) und personal.
auszubaden hat das jeder, der in diese tretmühle eingebunden ist. auch auf der führungsebene wächst der druck. der wind des globalen kapitalismus bläst uns immer rauer und kälter ins gesicht. folge ist, dass mehr und mehr unternehmen immer skrupelloser mit dem fußvolk umgehen.
steppenhund - 08. Okt. 11, 07:29

Ich tendiere eher zu den vielen Ameisen

Obwohl: ein Ex-Chef hat mir einmal ein Buch von ihm in der ersten Fassung zu lesen gegeben. Da stand noch das Ergebnis einer Studie drin, wonach 8% aller amerikanischen CEOs Psychopathen sind. In Deutschland scheint es ähnliche Ziffern zu geben, wenn auch nicht ganz klar ist, was alles als Psychopathie bezeichnet wird. Das würde für die These vom Kopf des Fisches sprechen.
Jetzt ist das aber nicht notwendigerweise so. Ich komme ja in vielen Firmen herum und kann das ganze Spektrum beobachten. Ein Tausendkopf-Unternehmen, in dem jeder Mitarbeiter bis zum Lehrling freundlichst entgegenkommt, lässt nicht auf allgemeinen Burnout schließen. Bei einer Bank, die andauernd restrukturiert, merkt man auch den Mitarbeitern die innere Emigration an.
-
Rein philosophisch gesehen scheint es nur die Wahl zwischen Idealismus und Materialismus zu geben. Der Materialismus steckt aber in uns drinnen. Das das eigentlich normale Vorrat Sammeln für den Winter hypertrophiert ist, hat sich im Laufe der letzten Jahre immer noch mehr ausgewirkt.
Um wirtschaftlich Erfolg zu haben, muss man ein Arschloch sein.
Dieser Tage wird das Ableben von Steve Jobs als "Visionär" beklagt. Die Gegner behaupten, dass er eigentlich lediglich den Buchstaben "i" erfunden hat. Jobs hat viele Verdienste, am meisten wohl mit dem iPod erworben. iPhone und iPad zeigen allerdings, dass es nicht so wichtig ist, etwas Gutes für die Menschheit zu tun, als wirtschaftlichen Erfolg zu haben.
Ich mag ihn einfach aus zwei Gründen nicht: 1. hat er seinen Kumpel aus den Gründertagen schon am Anfang beschissen. (indem er ihn belogen und nicht fair geteilt hat) 2. War sein Verhalten gegenüber Vertragspartnern derart brutal, dass es bereits als unfair gelten kann.
Solche Punkte werden aber angesichts des Erfolgs der Firma Apple unter den Tisch gekehrt.
Ich weiß, das ich da manchen als zu kleinlich erscheinen mag. Aber wenn ich lese, dass das Verdienst von Steve Jobs unter anderem auch die Erfindung der Mobiltelephonie ist, dann ist dies schlicht nicht nur unwahr sondern zeigt auch, wie sehr wir (vielleicht medienbeeinflusst) jeden Scheiß wider besseres Wissen akzeptieren.
Und insofern gebe ich Tomate recht.
Es sind schon wir selbst, die wir mitverantwortlich sind. Und eines der Symptome ist der immer größer werdende Mangel an Zivilcourage.

bonanzaMARGOT - 08. Okt. 11, 11:18

ameisen? was für ameisen, steppenhund?
und was sind CEOs? mal dumm gefragt.

ich glaube nicht, dass man als unternehmer ein arschloch sein muss. es gibt da, glaube ich, noch einige wenige gegenbeispiele.
die arschlöcher gab es schon immer. je nach (politischem) system setzen sie sich aufgrund ihrer gewissenlosigkeit, oberflächlichkeit, ihrer ellenbogenmentalität und ihres opportunismus in die entscheidenden positionen. da unser system immer kapitalistischer wird, sehen wir sie nun zunehmend dort, wo das geld regiert.

was den kürzlich verstorbenen steve jobs angeht: der war wahrscheinlich ein riesenarschloch. gestern sah ich eine doku über die unmenschlichen arbeitsbedingungen in chinesischen fabriken, wo apple seine geräte herstellen läßt. jobs leugnete einfach die missstände. als er auf eine selbstmordserie von fabrikarbeitern angesprochen wurde, antwortete er zynisch, dass diese noch immer unter der selbstmordrate in einer amerikanischen großstadt läge.
nun, ich habe zwar ein iphone, aber ich weine diesem steve jobs keine träne nach, egal wie genial er war. angeblich ging es ihm ja nie ums viele geld ... nein, er war visionär, wollte die welt mit seinen produkten verändern. in gewisser weise hat er das auch geschafft. aber zum positiven? etwas mehr selbstkritik und dafür weniger selbstbeweihräucherung wäre ihm besser zu gesicht gestanden. das gilt auch für viele andere, denen der erfolg und das geld zu kopf steigen.
in der höhenluft verlieren die menschen wohl den bodenkontakt. da kann nicht sein, was nicht sein darf. die realität der ausgebeuteten arbeiter(innen) wird einfach ignoriert, geleugnet, schöngeredet.

steppenhund, ich wünsche mir wie du mehr zivilcourage. ich glaube aber nicht, dass dieser mangel zunimmt. in einer atmosphäre der angst, nimmt automatisch die zivilcourage ab (und parallel dazu arschkriecherei zu). das ist keine neue erscheinung.
tom-ate - 08. Okt. 11, 11:48

(Die Ameisen sind vielleicht die Spinnen?) Wenn wir schon beim eierfon sind: Könnte ich zeichnen, würde ich hier ein Comicbildchen posten mit zwei Figuren drauf, eine vor, eine hinter dem Tresen. Die dahinter fragt: "Wie kann ich Ihnen helfen?" - Die davor: "Ähm..., ich muss erst mein iPhone fragen, warum ich denn jetzt hier bin." Droht uns die digitale Demenz? Wir Arschlöcher (siehe oben) werden dank digitaler Technologie zu allem noch blöd (eher noch noch blöder). Also ich glaube nicht, dass am Ende diese Eierfone uns retten und eine menschliche Gesellschaft konstruieren. Das müssten wir schon selber tun, aber wie denn, als demente Arschlöcher?
bonanzaMARGOT - 08. Okt. 11, 12:16

ich denke nicht, dass wir durch eierphones und neue speichermedien dementer werden, als wir ohnehin schon sind, tom-ate. allerdings fühlen sich viele menschen von diesen dingern magisch angezogen und lassen sich davon beeinflussen. es ist individuell sehr unterschiedlich. der eine wird geradezu süchtig danach, während ein anderer relativ pragmatisch damit umgeht. dieses phänomen gab`s auch schon vor computern, spielekonsolen und iphones mit anderem "spielzeug". nehmen wir da nur mal das auto als beispiel.
die jungen menschen wachsen mit diesen dingern auf. die gehen damit viel selbstverständlicher um. darum werden neue generationen nicht notwendigerweise dümmer. ich kann mich noch gut an sprüche meiner eltern erinnern, die sagten: diese hippiemusik macht krank und dumm u.ä. (mein vater verbot uns kindern karl may bücher zu lesen! wir lasen die dann heimlich mit der taschenlampe unter der bettdecke ...)
natürlich muss man neuen entwicklungen gegenüber auch skeptisch sein.
man darf nicht einfach arschloch-mäßig alles konsumieren.
das gilt aber für alle bereiche: es fängt mit marken wie coca cola und mc donalds schon an ...
so gesehen gab es schon immer eine "dumme" und leicht manipulierbare masse an konsumenten. nicht jeder hat deinen IQ, tom-ate. von steppenhunds IQ gar nicht zu reden ...
und dann erst ich!
ja, wenn es heißt, dass 5% 95% des geldvermögens und der güter besitzen, so gilt dasselbe wohl auch in sachen intelligenz.

mir kommt die welt auch oft immer dementer vor. das liegt aber nicht daran, dass sie es wirklich wird - sondern ich werde immer intelligenter! und das trotz iphone in meinem besitz!
Finchen1976 - 09. Okt. 11, 16:14

Ja, Burnout...

Gutes Thema.
Ich habe den Eindruck, ich bin auch schon haarscharf dran. Kein richtiger Urlaub mehr (nur für Umzug und ansonsten fürs Lernen, und mal hier 1/2 Tag, mal da 1 Tag) seit fast 2 Jahren.
Also für MICH, nicht um irgendwas zu regeln oder so.
Das ist aber ganz klar meine Schuld.
Ich stehe zwar morgens auf, und habe noch keine Angstschweißausbrüche, wenn ich an die Arbeit denke, aber ich bin leer- und ausgebrannt. Es fällt mir soo schwer.

Und Du hast recht, ihr habt ihr alle recht, dass es irgendwie an jedem liegt. Und auch am Fischkopp. Aber wie soll man es ändern?

Der Horrorfreund erzählte mir auch eine gruselige Geschichte, und diese Shysz-Drillgesellschaft fängt schon in den unteren Klassen an: das Kaninchen seiner Tochter war gestorben, was sie am Sonntagabend erst mitbekam, weil sie über`s WE weg war. Hat natürlich nachts nur geheult. um 7.40h (!!!!!!!!!!!!!!!!!) bekam er bereits Montagmorgen einen Anruf auf seinem Handy "Ihrer Tochter gehts sehr schlecht!" Und er "Ja, ich weiß!" (Da musste ich schon lachen." "Ja, wäre besser, wenn Sie sie abholen."

Also
1. sind IMMER irgendwelche Tiere in der Kindheit gestorben.
2. hat man in der Schule immer deswegen geweint, war auch teilweise immer ein bisschen Show, machen wir uns nix vor.
Und 3. ist niemand, den ich kenne, DESWEGEN nach Hause geschickt worden!!!
Da haben sich die Lehrer noch gekümmert, sich Zeit genommen. Abgelenkt.
Und jetzt?! Kind nicht aufnahmefähig (um 7.40h VOR Unterrichtsbeginn!!!)- und tschüss!
Aber SO schlecht ging es ihr ja nicht, denn sie durfte in diesem Zustand immerhin nach draußen alleine auf dem behindertenparkplatz warten, ohne Probleme, da hat keiner gesagt "Ach nee, holen Sie sie mal lieber im Sekreteriat ab"!

Das dazu.
Fängt mit 12 Jahren schon an.
Armes Deutschland.

bonanzaMARGOT - 09. Okt. 11, 19:35

logisch, wir setzen uns oft genug selbst unter druck, weil wir glauben, wir müßten einen gewissen gesellschaftlichen status aufrecht erhalten. ich finde das äußerst dumm. ich lebe doch lieber etwas bescheidener, wegen mir in einer "niedrigeren" gesellschaftsklasse, als dass ich ich mich krank schufte oder depressiv werde.

was die kids in der schule angeht - da kann ich nicht mitreden. ich habe keine kinder, - kinder großzuziehen wäre mir viel zu stressig in der heutigen zeit. dieser perfektionismusanspruch. tausend ratschläge, wie man am besten seine kinder erzieht ...
nehmen wir gerade mal dieses adhs-syndrom. das ist doch quasi nichts anderes als eine art burnout von eltern, kindern und gesellschaft gemeinschaftlich.
madlady - 09. Okt. 11, 20:31

Eine Studie zeigt, dass mehr junge Leute vom Burnout betroffen sind als Alte. Erschreckend und irgendwie konnte ich es nicht glauben.
Warum ist es so? Sie haben meist noch keine Kinder, Familie, oder Verein oder sonst was, dass sich mit den Jahren entwickelt. Somit oftmals nichts, was in der arbeitsfreien Zeit einen echtenAusgleich bietet.
Nichts, was man dem Arbeitgeber sagen kann, wenn es mal wieder um Überstunden und Mehrarbeit geht. Sie werden als erstes gefragt, wenn es um Überstunden geht, da sie selten nein sagen, der Druck auf der Karriereleiter weiter zukommen ist noch sehr präsent und groß. Daher findet man sehr viele junge Menschen in Therapiegruppen- und Maßnahmen.
Unser neues G8, das verkürzte Abitur, sorgt dafür, dass schon Kinder und Jugendliche unter dem Burnout leiden. Keine Freizeit, Leistungsdruck der sich auch auf das Zuhause erstreckt, da der Stoff nicht ausreichend in der Schule behandelt wird, Eltern die selbst gestresst sind. Kopfweh, Weinkrämpfe und "schwer erziehbare" Kinder sind die Folgen. Kenne es aus meinem eigenen Bekanntenkreis. Die Frage ist für mich, wo muss man ansetzen und dem allen entgegenzuwirken und trotzdem die Möglichkeit haben weiterzukommen.
bonanzaMARGOT - 10. Okt. 11, 08:03

danke für den beitrag, madlady

das ist sicherlich so. schon zu meiner zeit stand man als schüler ganz schön unter leistungsdruck.
nicht jedes kind, nicht jeder jugendliche kommt mit diesem leistungssystem gut zurecht. viele fallen durch, nicht weil sie dümmer sind, sondern weil sie mit dem druck nicht klarkommen.
ein patentrezept gibt`s da wohl nicht. leider wird ja sogar noch im schulsystem gespart. die lehrer sind oft auch am ende ihrer weisheit, überfordert und ausgebrannt, und die eltern können auch nicht immer eine hilfreiche stütze sein. die kämpfen oft selbst, leben in scheidung, sind alleinerziehend, oder beide sind berufstätig.
ich sehe bei dem ganzen wenig licht am horizont.

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