Kladderadatsch


Tröstende Worte an einen Sterbenden: „Sei froh – ich hab`s noch vor mir.“
Ein Pfarrer hat natürlich mehr auf Lager, vorausgesetzt es handelt sich um ein gläubiges Schäfchen. Dieses darf sich Hoffnung auf einen Platz im Himmel neben Petrus machen. Sowieso werden ihm alle Sünden verziehen. Ich stelle es mir grausam vor, wenn mir vor meinem Tod alle meine Sünden verziehen wären – ich meine, was hätte ich noch davon? Einen Neuanfang im Jenseits?
Ich denke schon, dass ein starker Glaube das Zusammentreffen mit dem Tod erleichtern kann. Als Ungläubiger werde ich sozusagen ins kalte Wasser gestupst. Ich habe nicht den blassesten Schimmer davon, was mich erwartet, bzw. ob mich überhaupt etwas erwartet. Das Ego kann sich ein Nicht-Sein schlecht vorstellen. Dabei war es vor der Geburt doch auch nicht da! Oder genaugenommen vor dem Einnisten der Samenzelle in der weiblichen Eizelle. Über den genauen Zeitpunkt, wann der Mensch beseelt ist, wird gestritten. Den Tod erklären wir leichter – obwohl es auch da Unsicherheiten gibt. Wahrscheinlich sollen Lebewesen über solche Dinge gar nicht nachdenken. Es wird einem ganz schwindelig bei Gedanken über Tod, Seele und dem Danach. Aber wir Menschen stellen uns solche Fragen nun mal. Und einige von uns beanspruchen für diesen haarigen Themenbereich die Meinungshoheit. Ich rede von den Kirchenoberen und anderen Heilsbringern. Die Menschen, die fest an das glauben, was ihnen durch diese Leute und ihre Schriften verkündet wird, brauchen sich selbst darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen. Sie bekommen eine Ethik und Weltanschauung fix und fertig serviert; und mit etwas Gottvertrauen fällt das Leben und Sterben dann viel leichter. So weit, so gut. Was aber, wenn alles gelogen ist? Die Geschichte mit Gott, Himmel, Engeln und Teufel nur Kladderadatsch ist? Man könnte antworten: Dann hatte der Mensch wenigstens zu Lebzeiten einen Halt und Trost. Richtig, denke ich, aber ich mag keinen Trost, der auf Lügen gründet. Irgendwie würde ich mir ziemlich verarscht vorkommen. Mein Entschluss war und ist bis heute: Ich glaube lieber erst mal nichts. Es gibt mir einfach zu viele Religionen und Weltanschauungen, welche alle für sich die Wahrheit über Gott, die Welt und das Dasein beanspruchen. Alle können unmöglich recht haben – das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Ich hoffe, dass ich nicht noch vor lauter Unsicherheit und Angst weiche Knie kriege und vor meinem Ableben auf die irrationale Bahn gerate … Es ist nicht gerade leicht, ohne eine wirkliche Ahnung vom Sinn des Ganzen auf den Tod zu warten. Ich sage mir halt: Bei den anderen klappte es schließlich auch. Egal ob mit oder ohne Glauben. Und falls ich wegen meines Unglaubens in die Hölle komme, dann … sei`s drum! Niemand kann von mir verlangen, dass ich solch einen Unsinn glaube!

Lange-Weile - 21. Apr. 13, 13:30

alles Theorie

Hallo Bo.,

ich glaube die Angst vor dem Tod beherrscht jeden Menschen..ob direkt oder indiekt. Ich kann direkt Angst vor dem Tod haben und ich kann Angst davor haben, auf die Strasse zu gehen, weil ich dort vielleicht von einem Auto überfahren werden könnte. Egal, welches Gesicht die Angst vor dem Tod auch hat, es zeigt immer, dass wir Menschen in dem Moment nicht ausschließlich im Hier und Jetzt leben können. Unsere Gedanken schweifen durch alle Zeitebenen..durch die Vergangenheit oder in die Zukunft. Um wieviel besser haben es doch die Tiere, die nur im Hier und Jetzt leben.

Man stelle sich vor, ein Schwein in der Massentierhaltung, es hat nur 6 Monate Leben vor sich..(wie alt wird ein Schwein überhaupt? ) ...und es läuft putz munter im Stall und freut sich des Lebens, das viel zu früh von Menschenhand beendet wird. Wüssten diese Tiere. was ihnen die Futterhand noch antun wird, ich glaube es gebe einen Schweineaufstand, dem der Mensch vielleicht gar nicht gewachsen ist. Das wäre doch mal ein netter Plott für eine Geschichte - oder ? Der Schweineaufstand....die Kotelettfresser wären die ersten, die sie sich auf´s Korn nehmen würden. Aber vielleicht hast du sogar noch eine andere Idee, wer im Schweineaufstand zuerst auf´s Korn genommen werden sollte. ;-) Wer ist ihr wahrer Möder - der Züchter oder der Fresser ?

Aber nun Spaß beseite. Wir reden vom Tod..von Ende des eigenen Lebens..das mit jedem Jahr näher rückt.

Schon als junge Frau dachte ich darüber nach und bastelete mir eine Theorie zusammen. Ich erinnere mich dabei an ein Gespräch mit meinen damaligen Mann. Wahrscheinlich hat die Angst vor dem Sterben ihn damals auch schon beschäftitgt. "Wie mag es sein, wenn man alt ist und sich darauf einstellen muss, dass man sterben wird?" Die Frage stellte er mir, die 7 Jahre jünger war, als er ;-). Meine Theorie war damals, dass man als alter Mensch auch müde ist..sozusagen lebensmüde..und man möchte, weil man eben so sehr müde ist, einfach nur schlafen, schlafen, schlafen. Lebensmüde im Sinne von alles schon gesehen und er- bzw. durchlebt, alles schon ereicht...man hat eben auch keine Ziele mehr. Es gibt nichts mehr, was mich mit dem Leben verbindet. So stellte ich mir damals mein Ende vor. Daran hat sich für mich noch nicht viel geändert. Ein weiterer Aspekt kam in den letzten Jahren noch dazu. Meine Angehörigen - Eltern, Schwester - sie sind schon da, wo ich noch nicht bin. Ich werde mich wahrscheinlich auf eine Begegnung mit ihnen freuen.

Es ist aber halt auch nur ein Glaube..weil ich glaube, das es für mich so sein wird.

Ich denke, dass jeder Blick in die Zukunft auch was mit Glauben zu tun hat..ich glaube, dass es so der so für mich kommen kann.

Der religiöse Glaube sieht da wieder ganz anders aus. Das ist mehr oder weniger ein Personenkult. Eine göttliche Person (ob Jesus oder Allah) sagt das alles so kommen wird, wir er es sagt. Das ist für viele Menschen einfacher, weil man sich in dem Fall mit Gelichgesinnten umgibt, während ich mit meiner Theorie von der "Lebensmüdigkeit" wahrscheinlich allein da stehe. Das könnte mich natürlich unsicher machen, wenn alle daran glauben, was Gott sagt, dann muss das doch eher der Wahrheit entsprechen, als das, was ich mir zusammen gereimt habe..oder ?

Ja..die Bestätigung der Massen für die eigene (oder übernommene) Auffassung macht mich natürlicher sicherer, doch es hebt die eine einzige wahre Tatsache nicht auf, dass man als Menschen den aller letzten Weg allein gehen muss und welche Erfahrungen er dabei macht, nimmt er mit ins Grab und er hinterlässt für die noch Lebenden wieder nur Theorien.

LG LaWe


schlafmuetze - 21. Apr. 13, 19:10

Hallo LaWe :-)

Ich empfinde deine Beschreibung von der Lebensmüdigkeit im Alter als durchaus richtig. Sie steht keineswegs der Theorie vom Glauben an einem Gott entgegen.
Wenn ich mein Leben gelebt habe, so gut es ging, verantwortungsvoll und nach besten Wissen und Gewissen, dann nimmt Gott mich am Ende, wenn meine eigene Kraft nicht mehr reicht, zu sich. Ich bin dann geborgen ... in seinem Universum (?) , getragen in seinen Händen (?), wie auch immer.
Auf jedem Fall sicher aufgehoben.
Da kann ich doch beruhigt sterben.
Liebe Grüße :-)
bonanzaMARGOT - 22. Apr. 13, 10:03

hi lawe

der tod gehört zum leben. nur ist das für einen bewussten geist sehr schwer zu akzeptieren und vorzustellen, dass man plötzlich von der welt verschwindet, als der, der man ist, als der, der denkt, fühlt, liebt, isst, trinkt, sieht, riecht, schmeckt ...
der tod ist der größte einschnitt im leben eines menschen, den er womöglich bewusst erlebt. an die geburt können wir uns nicht mehr erinnern.
tiere haben es, wie du es sagst, einfacher mit dem sterben, weil sie nicht so weit in die zukunft denken können. sie können dahingehend also auch keine ängste entwickeln - sondern nur bei drohender unmittelbarer gefahr.

das ganze leben lang begleitet den menschen das wissen um seinen tod. als junger mensch denkt man da noch nicht dran, weil einem das alter noch sehr weit weg erscheint, und außerdem sprüht man vor lebensenergie. und das ist auch gut so.
ich machte mir schon sehr früh gedanken über das sterben und den tod, weil ich es als mysterium auffasste. damals spürte ich aber noch nicht die "todesnähe" wie heute. es ist kein direktes angstgefühl - sondern mehr ein unbehagen, das mich manchmal befällt, wenn ich sowieso trübsinnig bin. man kann es ja nicht ändern, höchstens durch seine lebensweise das krankheitsrisiko mindern. auf der anderen seite lebt man hier und heute ... und sollte dies genießen, ohne ständig darüber nachdenken zu müssen, ob dies oder das gut für einen ist.
also, man muss etwas wie die tiere leben - durchsetzt mit phasen der besinnung. da ich von natur aus ein grüblerischer geist bin, denke ich viel über sinn und unsinn des ganzen nach. das schafft mir nicht immer unbehagen - vielmehr fasziniert und reizt es meinen geist.
auf eine "theorie" konnte ich mich noch nicht festlegen.
ich tue mich überhaupt schwer mit dem festlegen. auch was meine ziele angeht. ich hatte eigentlich in meinem leben gar keine ziele - außer zu leben, zu lieben, zu verstehen, etwas freude zu haben.
ich kann besser sagen, was alles nicht mein ziel ist. so wollte ich z.b. nie eine eigene familie, kein haus und keine berufliche karriere im herkömmlichen sinne.
im prinzip habe ich schon lange alles für mich erreicht, weil ich nie etwas erreichen wollte.
kurz- und mittelfristig plane ich dann schon das ein oder andere, wie z.b. den urlaub, was ich den tag über treibe, welche frau ich anbaggere (lach!). mal sehen, was sich noch ergibt in den nächsten monaten, jahren ...

jeder muss sich mit seiner begrenzten lebenszeit auf eigene art auseinandersetzen. ich würde da niemandem vorschriften machen wollen. religion und glauben sind nicht mein weg. (ebensowenig materialismus, familie und beruflicher ehrgeiz.) trotzdem hege ich durchaus spirituelle gefühle für das leben, das dasein, das weltall und die natur. ich möchte dafür aber keine vorgebeteten richtlinien und geschichten - schon gar nicht, wenn es auf personenkult und gottverehrung hinausläuft.
bonanzaMARGOT - 22. Apr. 13, 15:11

ich verstehe leider nicht, wie überhaupt jemand an ein überwesen bzw. an einen gott glauben kann. da es aber sehr viele machen, denke ich, dass etwas dahinter stecken muss. nicht unbedingt gott. oder sonstwas spirituelles - vielmehr ängste und sehnsüchte der menschen.

genaugenommen glaube ich, dass wir menschen in der "geistigen evolution" erst ganz am anfang stehen. sollte es uns also vergönnt sein, evolutionär eine zukunft zu besitzen, dann würden wir wahrscheinlich durch eine weitere ausformung unserer intelligenz und unseres bewusstseins zu erkenntnissen kommen, die wir momentan unmöglich begreifen können. für mich deutet alles darauf hin, dass sich die komplexität der materie weiter ausgestalten kann - im sinne eines bewussten geistes, welchen wir menschen erst seit einigen jahrtausenden für uns erfahren. was für uns unvorstellbare zeitabschnitte bedeuten, sind im sinne der evolution und universal gesehen lediglich "mikro-fürze".
wir haben es ein stück weit in der hand, ob wir eine geistige weiterentwicklung zulassen, oder ob wir mit uns leichtgläubig den verstaubten religionen anschließen, - ob wir uns weiterhin geistig entmündigen lassen ...
schlafmuetze - 21. Apr. 13, 19:01

Hallo BonanzaMARGOT

Gläubige haben auch keinen Schimmer davon, was sie erwartet. Sie glauben, dass nach dem Tod etwas kommt. Nicht die Hölle.
Daran glaubt schon lange kaum noch jemand. Eher daran, seine Lieben wiederzutreffen; von Liebe umgeben zu sein; geborgen zu sein bei Gott; alles Schwere abgeben zu können;
Gläubige sind besser dran als Ungläubige: Wenn sie nach dem Tod feststellen ( :-) ) , dass da doch nichts kommt, tja, dann ist es so. Aber sie haben vielleicht nicht soviel Furcht vor dem Tod gehabt.
Man darf aber auch nicht übersehen, dass früher geglaubt wurde, es erwartet einen die Hölle, wenn man sich im Leben nicht anständig benommen hat. Ein Erziehungsinstrument, keine Frage.
Es war ein Weg, Gläubige unter Kontrolle zu halten. Spätestens als Luther gegen den Ablass aufbegehrt hat, wurde einigen Menschen bewußt, das da etwas falsch läuft. Sünden gegen Geld erlassen, kann nicht sein.
Gaaanz langsam änderten sich auch in den christlichen Kirchen die Auslegungen zum Thema Hölle. Kein Pfarrer, außer die Extremisten- die es leider auch bei den Christen gibt, glaubt mehr an die Hölle.
Ich persönlich finde es eine gute Einrichtung, wenn einem die Möglichkeit gegeben wird, alle Last, die man mit sich trägt, beichten zu können, um ruhig und entspannt sterben zu können.
Es ist, wie zum Ende alles aufgeräumt verlassen können.
Tinius hat gestern ein schönes Gedicht zum Thema Sterben veröffentlicht.
http://liebesenden.twoday.net/stories/wann/#342800190
Liebe Grüße :-)

bonanzaMARGOT - 22. Apr. 13, 10:24

hi schlafmuetze

jedem tierchen sein plaisierchen. mir kommt der liebe gott nicht ins haus.
was gläubige vom jenseits erwarten, kann ich nicht sagen. sicher gibt es da auch unter den gläubigen (individuell und je nach religion) verschiedene vorstellungen.
was meine sünden angeht - ich möchte eigentlich gar nicht, dass mir die von einer höheren stelle verziehen werden, oder dass sie einfach getilgt werden. sie gehören zu meinem leben, und ich muss sie tragen. wenn überhaupt, dann wünsche ich mir, dass mir niemand auf dieser erde zu sehr grollt.
ich wüßte jetzt auch nicht, wen ich im jenseits unbedingt treffen wollte ... ich würde gern leute wie hitler und napoleon kennenlernen, um sie zu ihrem größenwahn zu interviewen (also doch die hölle!).

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