Dienstag, 3. Oktober 2017

Satt


Der Brückentag im Büro kommt fast gemütlich daher. Die Chefin krank und nur etwa die Hälfte der Kollegen/Kolleginnen anwesend. Fahles Licht in den Räumen – mehr gibt der Tag nicht her. Es fängt zu schiffen an, als ich 13 Uhr in die Mittagspause radele. Schnell haben sich große Pfützen auf den Gehsteigen und Straßen gebildet. Großstädte sind im Regen besonders hässlich: der Verkehr erscheint noch lauter, der Dreck noch dreckiger, die nassen Hausfassaden hässlich wie die Nacht… Ich bin der einzige Gast in der Kiezkneipe, wechsele ein paar Worte mit der Kneipenmutter, die in ihrem früheren Leben Hebamme war. Danach noch einmal aufraffen, zurück in die Büroräume, ein paar Fälle dokumentieren, teils interessiert, teils uninteressiert am sozialen Miteinander, je nach Thema mit den Quasseltanten im zwielichtigen Flur stehen. Die Stimmung lockert auf vor Feierabend. Morgen Tag der Deutschen Einheit, ein freier Tag, der die Arbeitswoche verkürzt.
Die Menschen strömen in den Supermarkt, als wäre schon wieder Wochenende. Ich reihe mich ein. Ein paar Sachen fallen einem immer ein, die man noch einkaufen könnte.
Zuhause schalte ich die Glotze an und fläze mich auf die Couch, eine Pulle Bier vor mir und Lasagne aus der Mikrowelle. Ich zappe durch die Programme, bleibe ein paar Minuten bei „The Big Bang Theory“ hängen, zappe in der Werbepause auf den Nachrichtensender und erfahre von dem Drama, das sich in Las Vegas abspielte. Ein Mann hatte aus dem 32. Stockwerk eines Hotels heraus auf die arglosen Besucher eines Country-Festivals geschossen. Über fünfzig Menschen wurden getötet, hunderte verletzt. Schließlich richtete er sich selbst. Wahrscheinlich ein Psychopath - die Hintergründe unklar. Trump hält eine Rede zu den schrecklichen Ereignissen. Er macht das besser, als ich dachte. Ich verfolge die Nachrichten noch eine Weile, bis sich alles wiederholt…, bis ich satt bin.

Ich sag`s doch:

Spießertum für alle!

Montag, 2. Oktober 2017

TV-Tipp

"Judou", 23 Uhr, Arte

Samstag, 30. September 2017

Schreiben oder Nichtschreiben


Muss ich etwas schreiben, wenn ich keinen rechten Bock dazu habe und besser an die frische Luft gehen sollte, um nicht am eigenen Mief zu ersticken…? Soll das Schreiben zur Pflicht oder zur lästigen Aufgabe werden, die ich erfüllen muss, um mich gut zu fühlen? Warum entspanne ich mich nicht einfach und lasse den lieben Gott einen guten Mann sein?
Ähnlich wie ein Fotograf durch die Landschaft läuft und sich bei allem, was er sieht, überlegt, ob es ein gutes Motiv zum Knipsen hergibt, betrachte ich meine Gedanken und warte auf jene, von denen ich glaube, dass ich sie notieren muss, um sie nicht zu verlieren. Trotz dieser Aufmerksamkeit vergesse ich um ein Vielfaches mehr von den kostbaren Gedanken, als ich zumindest ansatzweise bewahren kann. Oft ist es so, dass mir das Beste gerade dann in den Sinn kommt, wenn ich den Stift zu Seite legte.
Meine Tagträume sind ebenso flüchtig wie ihre nächtlichen Kameraden. Zurück bleiben Ahnungen – zu schnell wird das Gedachte oder „Gesehene“ von den darauffolgenden Eindrücken zugeschüttet. Mit dem Schreiben will ich wenigstens ein paar Inhalte festhalten...
Ich denke: Muss es nicht jeder Kreatur mit Bewusstsein ähnlich gehen? Kann es einen Weg außer dem Tod aus diesem Albtraum Leben geben? Oder bleibt alles immer nur Traum – nur eben in anderen Daseinsräumen? Stellt sich das Bewusstsein letztendlich als Farce heraus?

Mittwoch, 27. September 2017

Mittwochs-Worte

Es gab nie einen Glauben in meinem Herzen - das einzige, was mich am Leben erhält, ist die Angst.

Montag, 25. September 2017

TV-Tipp

"Paper Moon", 20 Uhr 15, ARTE

Wahl-Marathon




der Zustrom in die Wahllokale war diesmal unerwartet groß, ganze Straßenzüge wurden gesperrt

Sonntag, 24. September 2017

Wahltag

...und Berlin-Marathon: das Wetter leider düster, meine Stimmung gedrückt…
Viel mehr als wählen gehen steht bei mir nicht auf dem Programm. Danach im Pub, das an der Marathonroute liegt, auf ein Bier. Es wird wie jedes Jahr zu diesem Anlass eine Band spielen. Vielleicht ist`s mir aber auch zu viel Trubel um den Marathon herum, und ich suche mir einen ruhigeren Ort für mein Bier. In der Nähe kommt nur noch die Reza Bar in Frage. Die Kiezkneipen sind mir zu abgestanden. Na mal sehen.
Auch wenn die Wahl so gut wie entschieden ist, bleibt doch eine Restspannung, wo die Parteien in Prozentzahlen letztlich landen. In Berlin wird zudem über den Erhalt oder Nichterhalt des Flughafen Tegel abgestimmt. Keine Ahnung, für was ich stimmen soll. Früher oder später muss Tegel doch geschlossen werden (falls irgendwann der BER eröffnet wird). Wozu jetzt dieser Volksentscheid? Gewisse Dinge muss man nicht verstehen…
Ich seufze: am besten trinke ich mich gediegen durch den Tag.

Damals in Kopenhagen



...als das Wetter scheiße war

Samstag, 23. September 2017

Böse Nachbarn


Donnerstags sage ich zu meiner Kollegin: „Das Schöne am Donnerstag ist, dass morgen Freitag ist.“
Viele Kolleginnen machen freitags bereits gegen Mittag Feierabend. Sie sammeln sich dafür Plusstunden unter der Woche an. Daraus wurde ein regelrechter Sport. Einige beginnen sechs Uhr morgens mit der Arbeit, um möglichst früh gehen zu können.
Ich bin meist unter den letzten, die ins Wochenende starten, und finde es ziemlich demoralisierend, wenn eine nach der anderen in der Bürotür erscheint und sich verabschiedet.
Schließlich ist auch für mich Wochenende! Beschwingt flitze ich die Treppen hinunter zum Ausgang zur Potsdamer Straße, wo mein Fahrrad wartet.

Gestern freute ich mich besonders auf den Feierabend und die zwei Tage ohne Tumordokumentation. Ich war müde und hatte einfach genug. Vor der Haustüre traf ich auf einen Nachbarn, ein Pole, der in der ersten Etage wohnt. Er kann ziemlich aufdringlich sein. Ich bat ihn, vor mir hineinzugehen, weil ich mein Fahrrad im Schlepptau hatte. Aber er zog mich aus Höflichkeit an ihm vorbei in den Hausflur. Jetzt standen wir beide in beengten Verhältnissen, und er wollte noch an den Briefkasten, wofür ich umständlich mit dem Fahrrad rangieren musste. Ich war von dieser Aktion sichtlich genervt. Wäre er doch besser zuerst ins Haus gegangen und hätte mich kurz draußen warten lassen, wie es mein erster Gedanke war - aber nein, er musste ein Riesending daraus machen!
„Bist du Deutscher?“ fragte er in dieser Situation, was eindeutig eine Provokation war, denn er wusste, dass ich deutsch bin.
„Ja, dummerweise“, antwortete ich trotzig.
Darauf er: „Manche Menschen denken einfach zu kurz...“
„Ich denke bestimmt nicht zu kurz!“ Verärgert wuchtete ich mein Fahrrad in die kleine Kammer unter dem Treppenaufgang, welche mir als Abstellplatz dient. Kann sein, dass er darauf eifersüchtig ist, weil er für sein Fahrrad nicht diese Möglichkeit hat. Ausserdem glaube ich, dass er mir O. nicht gönnt.
Der Typ geht mir auf den Keks. Ich begegne ihm viel zu häufig. Immer hat er ein paar blöde Bemerkungen auf Lager. Er ist auf eine sehr unangenehme Weise kommunikativ und neugierig. Ich mag solche Menschen nicht, und er spürt das…
Aber gut, ich lasse mir die Laune nicht von einem Maulhelden verderben. Nachbarn kann man sich bekanntlich nicht aussuchen. Doch wie weit würden sie gehen, wenn sie einen auf dem Kieker haben? Diesen Polen schätze ich noch als harmlos ein. Ein anderer Mieter über uns macht mir mehr Kopfzerbrechen…

1 Uhr in der Nacht klingelte es an unserer Wohnungstür. Erst wollte ich gar nicht aufstehen. O. war gerade heimgekehrt. Sie geht mit ihren Kolleginnen/Kollegen nach der Arbeit gerne noch ein Bier trinken. Wer kann das zu dieser nächtlichen Zeit sein? fragte ich mich und lauschte.
O. erblickte durch den Türspion einen Nachbarn, der uns seit längerem nicht ganz geheuer ist. „Mache nicht auf“, flüsterte sie mir zu. Aber nachdem er immer wieder klingelte und klopfte, legte ich die Kette vor und öffnete die Tür einen Spalt.
„Bitte sagen Sie Ihrer Frau, dass Sie das zukünftig hier im Hausflur unterlassen soll!“
„Wie bitte?! Um was geht es denn?“ fragte ich schlaftrunken.
„Ihre Frau weiß schon, worum es geht. Sie kam doch vorhin nach Hause? Ich sah, wie sie hier hineinging.“
Ich war total irritiert: „Was hat sie denn gemacht??“
„Das will ich Ihnen nicht sagen. Aber sie weiß es schon.“
„Meinen sie diese Frau?“
O. stand inzwischen neben mir und mischte sich ein: „Was soll ich denn gemacht haben?!?“
„Gegenüber Ihrem Mann will ich das nicht sagen.“
Ich fühlte mich wie in einem schlechten Film. Um was ging es hier überhaupt? Dieser Nachbar war uns bereits früher aufgefallen, weil er oft mit ständig wechselnden Luxusautos mitten auf dem Gehsteig parkte. Strafzettel kassierte er trotzdem selten. Auch sein Umgang war, soweit ich es beurteilen kann, nicht gerade vertrauenserweckend. Es ist bekannt, dass in Berlin einige verbrecherische Klans zu Gange sind… Mir wurde immer unbehaglicher zumute.
Warum erklärte er mir nicht, um was es ging?
„Sagen Sie bitte Ihrer Frau, dass sie das zukünftig unterlassen soll“, wiederholte er, „Sie sind doch erst neu eingezogen.“
„Wir wohnen seit drei Jahren hier... Was soll meine Frau denn angeblich getan haben?!?“
Aber er beantwortete mir diese Frage nicht, und O. beteuerte, dass sie selbst nicht wisse, was der Stein des Anstoßes war. Sehr ominös das Ganze. Wie so oft in meinem Leben hatte ich das dumme Gefühl, dass etwas total an mir vorbei ging…
Warum können die Menschen nicht einfach sagen, was Sache ist? Scheiße!

Unnötig zu erwähnen, dass wir danach mit ziemlich unguten Gefühlen schlafen gingen. O. hatte Angst, und ich wusste nicht, was ich von all dem halten sollte.

Donnerstag, 21. September 2017

TV-Tipp

"Oliver Twist", 20 Uhr 15, Servus TV

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