Freitag, 11. September 2015

Katharsis


(Manchmal) denke ich, dass alles so passieren musste, damit ich heute hier bin, an diesem Platz, mit diesen Menschen… Der Weg war gewissermaßen vorgezeichnet, weil ich so bin, wie ich bin. Es war nur eine Frage der Zeit und Machbarkeit, ob ich irgendwann irgendwohin gerate, wo ich mich entfalten kann. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Aber gerade in den letzten ein bis zwei Jahren fühle ich mich geradezu ferngesteuert. Ich richte mich im Irrgarten des Lebens ein. Die Sackgassen können mir nichts mehr anhaben. Klar, ich ärgere mich nach wie vor. Aber ich weiß, dass alles weitergehen wird. Egal wie. Und ich werde nicht verlieren. Die Angst ist weg. Fast jedenfalls. Wenn ich sage, dass die Angst weg ist, meine ich diese beschissene Lebensangst und nicht die ganz profane Angst vor dem oder jenem…
Ich bewege mich weiterhin auf unsicherem Boden. Jeden Tag kann sich eine Tür öffnen, hinter der die Hölle wartet. Ich erlebte schon einiges. Das Schicksal meinte es gut, so dass ich es überlebte.
Vielen Menschen geht es wahrscheinlich ähnlich. Himmel und Hölle sind eine Illusion. Wir suchen oft (unser ganzes Leben lang) wie die Teufel… nach was auch immer, dabei liegt das Glück im eigenen Herzen. Das Schwierige ist nicht die Erkenntnis sondern der Weg dorthin.

Donnerstag, 10. September 2015

Gackern, bis der Arzt kommt


Acht Hühner und ich. Mit der Lehrerin, die „Medizinische Grundlagen“ unterrichtet sind es neun. Alle gackern. Vier mal 90 Minuten lang. Zwischen den ersten drei Doppelstunden haben wir zwei 15 Minuten Pausen, dann die halbstündige Mittagspause und die letzte Doppelstunde. 15 Uhr ist Schluss. Mein Schädel brummt danach wie ein Bienenschwarm. Die Augen drücken. Die Glieder schmerzen vom vielen Sitzen. Wir alle sind im Prinzip aus dem selben Grund in der Fortbildung: Wir hielten den Job in der Pflege physisch und psychisch nicht mehr aus. Ich frage mich indes, woher diese Hühner die Energie nehmen, so lange zu quatschen. Nach den Geschichten, die ich von ihnen hörte, sollte eigentlich jede gesundheitlich ein Wrack sein… Wenn sie gackern, blühen sie aber anscheinend auf. Vier Doppelstunden sind einfach zu viel! Erschwerend kommt hinzu, dass wir die Lehrerin durchgehend haben.
Die zweite Woche entpuppt sich als anstrengender als die erste. Keine Ahnung, woran es liegt. Ich habe nichts gegen meine Mitschülerinnen. Auch die Dozenten stellten sich bisher als kompetent, beredt und nett heraus. Vielleicht liegt es am Wetter. Oder am frühen Aufstehen. Jedenfalls bin ich nach der Schule ganz schön erledigt. Viel anzufangen ist nicht mehr mit mir. Zuhause lege ich mich vor die Glotze, gucke „M.A.S.H“, „Hör mal, wer da hämmert“, „Eine schrecklich nette Familie“ (RTLNITRO) und döse vor mich hin…
Wenn meine Partnerin 21 Uhr 30 von der Arbeit kommt, findet sie mich meist schon schnarchend im Bette vor.

Sonntag, 6. September 2015

Wo kommen die ganzen Seelen her?


Im Unterricht kamen wir auf den medizinischen Fortschritt zu sprechen, der uns Menschen nicht immer zum Segen gereicht. In der Klasse wurde munter diskutiert. „Ich wollte nicht ewig leben“, meinte eine Mitschülerin. Der Lehrer runzelte die Stirn und entgegnete: „Kommt auf die Qualität des Lebens an.“ Ich stimmte dem zu: „Wenn man die Altersmaläste im Griff hätte, warum nicht – ich habe mich inzwischen an mich gewöhnt und weiß, was ich an mir habe. Da ist es doch besser ewig zu leben als z.B. wiedergeboren zu werden… als was auch immer.“ Mein Einwurf ging im Durcheinander des allgemeinen Geredes unter. Die Klasse ist sehr lebhaft. Die Kommunikationstrainerin antwortete der Schulleiterin auf deren Frage, wie denn die neue Klasse so wäre: „Sehr kommunikativ.“ Die sieben Damen um mich herum sind wirklich nicht auf den Mund gefallen und recht mitteilungsbedürftig. Das ist mitunter anstrengend für mich (und sicher auch für die Dozenten, weil der Unterrichtsfluss oft unterbrochen wird), aber auf der anderen Seite ist immer was los, und es wird viel gelacht. Für mich überwiegt der positive Eindruck. Als Altenpfleger ist mir der Umgang mit (geschwätzigen) Damen nicht fremd. Zicken sind, hoffe ich, nicht unter meinen Klassenkameradinnen. Die erste Schulwoche verging flott. Als ich mich am Freitag auf den Heimweg ins Wochenende machte, fühlte ich mich regelrecht beschwingt. Die Sonne schien, und ich freute mich darauf, zweimal ausschlafen zu können.
Inzwischen hielt der Herbst Einzug in Berlin. Der Wind bläst kühl durch die Straßen. Dunkle Wolken treiben über den Himmel. Die feuchte Luft riecht nach Erde. Binnen einer Woche vollzog sich ein erheblicher Wandel – in der Natur und auch für mich.
...
Es ist komisch: manchmal habe ich das Gefühl, die gesamte Welt wäre beseelt und brüchig wie Glas. Ein falsches Wort, eine falsche Geste, und alles stürzt in sich zusammen. Wehmut und Traurigkeit nehmen von mir Besitz.

Samstag, 5. September 2015

TV-Tipp:

"Eine Leiche zum Dessert", 20 Uhr 15, Servus TV

Freitag, 4. September 2015

Der Einstieg




...ist geschafft!

Mittwoch, 2. September 2015

Mittwochs-Weisheit

"Please mind the gap between the platform and the train!"
(alte U-Bahn Weisheit)

Dienstag, 1. September 2015

Der erste Schultag


Der erste Schultag. Allein unter sieben Frauen, die jüngste Vierzig, die Ältesten Mitte Fünfzig. Ich gehöre zu den älteren, aber komme mir jünger vor. Ob es den anderen auch so geht? Oder erscheint es mir so, weil die meisten verheiratet sind, zum Teil bereits erwachsene Kinder haben(?) - eine ist bereits Oma.
Die Klassengröße ist angenehm klein. Als einziger Mann fühle ich mich erstmal als Außenseiter. Die Frauen kommen schnell miteinander ins Plaudern. Ich halte mich mit der Kontaktaufnahme zurück.
Der Tag ist sehr warm und schwül. Nach dem Organisatorischen, was uns die Niederlassungsleiterin ausführlich vermittelt, spüre ich bereits, wie meine Konzentration nachlässt, dabei habe ich erst eine Stunde hinter mir. Ich spüre Unsicherheit in mir hochkommen, ob das wirklich das Richtige für mich ist. Ich schaue mir meine Mitschülerinnen an…, die mir noch fremd sind.
Nach der Einweisung durch die Schulleiterin übernimmt für den Rest des Tages (der Unterricht geht immerhin täglich bis 15 Uhr) eine Dozentin, die uns Schüler näher zusammenbringen soll. Sie ist Psychologin, denke ich. Ich vergaß, was sie bei ihrer Vorstellung sagte. Wenigstens finde ich ihre Ausstrahlung sympathisch. Ihre Hauptarbeit besteht darin, uns einfach reden zu lassen, über uns und warum wir hier sind…
Die meisten Mitschülerinnen kommen wie ich aus der Altenpflege – kaputt gearbeitet eben. Über das Thema Pflege wird darum sehr lange intensiv geredet. Jeder versucht seine Erfahrungen einzubringen. Langsam wird die Atmosphäre unter uns lockerer. Trotzdem bin ich froh, als endlich Mittagspause ist, eine halbe Stunde. Zügig marschiere ich zur Sonnenallee, um im Bierbaum ein Bier zu trinken.
Nach der Mittagspause hat niemand mehr richtig Lust. Wir stöhnen unter der schwülen Hitze. Alle haben jetzt Konzentrationsprobleme – außer der Dozentin. Sie schlägt uns für die letzten 90 Minuten ein Spiel vor: „Stadt, Land, Fluss“. Irgendwie muss die Zeit aufgefüllt werden. Immerhin kam es dabei zu ein paar lustigen Wortwechseln – und das sollte wohl auch das Ziel der Übung sein.
Morgen haben wir sie noch einmal, den ganzen Tag lang – ich bin gespannt, was sie dann mit uns vorhat. Der Fachunterricht beginnt erst übermorgen.

Resümee: Am Meisten machte mir das konzentrierte Zuhören und das stundenlange Sitzen Probleme. In der Kneipe zu sitzen ist eben was anderes.
Ich versuche möglichst lange durchzuhalten. Was ist schon ein Jahr?

Sonntag, 30. August 2015

Ende August


Bei der Rentenversicherung meldete sich kein Schwein. Ich versuchte den Reha-Fachberater ans Telefon zu kriegen. Die Schule benötigt noch sein Okay für die Kostenübernahme. Übermorgen geht`s los mit dem Unterricht.
O. ist zurück aus Russland. Ihre Arbeit beginnt bereits morgen. Wir genießen noch mal das Sommerwetter, fahren an den See. Unsere Freizeit wird merklich abnehmen. Vor allem für mich wird sich der Tagesablauf ändern. Vor der Schule selbst habe ich keine Angst, es erfüllt mich nur mit Sorge, wie O. und ich den neuen Alltag meistern, so dass wir noch Zeit für uns haben. O. zerstreut meine Bedenken. Sie hat in solchen Dingen eine wesentlich positivere Einstellung… Nun müssen wir es erst mal auf uns zukommen lassen. O. hat recht. Am Wichtigsten ist doch, dass sie Arbeit in Berlin fand, und es bei mir auch irgendwie beruflich weitergeht.

Nachdem wir gestern auf dem Schlachtensee Ruderboot fuhren, wollen wir heute zur Abwechslung wieder mal zum Wannsee-Bad fahren. Es ist ein wunderbarer Sonntag Ende August. Die Wespen schwirren herum wie verrückt. Die Tage werden merklich kürzer, und das Laub wird sich bald herbstlich bunt verfärben. Mein erster Sommer in Berlin nähert sich seinem Ende.

ein literarisches Tagebuch

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