Mittwoch, 10. Dezember 2014

...

Ich verbeuge mich vor der 17-jährigen Friedensnobelpreisträgerin 2014 Malala Yousafzai.

Dreck


Große schwere Flocken fallen. Noch nicht Schnee, nicht mehr Regen. Ich blicke auf das Baugerüst vor meinem Fenster. Ich erfasse die Szenerie dahinter: Der Himmel ein schmutziges Leintuch über einem Berg von Dreck. Immergrünes Efeu umrankt den alten Baum, die Äste von Moos belegt - wie Adern zeichnen sich Äste und Zweige ab. Dazwischen Tannengrün und braune Blätter, die leblos an den Zweigen verharren. Baulärm dringt von der Straße hoch zu mir. Der Verkehr staut sich an einer provisorischen Ampel. Im TV läuft der Bundesparteitag der CDU. Ich schalte nicht um. Ich lasse die Reden über mich ergehen. Alles ist denselben Naturgesetzen geschuldet. Ohne Ausnahme. Selbst Krankheiten wie der Mensch (oder wie der CDU). Niemand kann das Schmuddelwetter abschaffen.
Ich nehme das beschriebene Blatt aus der Schreibmaschine, zerknülle es und schmeiße es in den Papierkorb zu den anderen Knäueln meiner heutigen Gedanken. Nein, doch nicht. Ich sitze am Computer. Ich lasse den Scheißdreck stehen. Ich hänge fest.

Der Orthopäde war ein Schwergewicht, groß und beleibt. Mitte Fünfzig schätzte ich ihn. Mein Rücken und meine Hüfte wurden (gestern) geröntgt. „Ich kann Ihnen bescheinigen, dass schwere körperliche Arbeit bzw. schweres Heben für Sie nichts ist“, sagte er. Ich hatte ihm im Vorfeld kurz von meiner jahrelangen Altenpflegetätigkeit und meiner derzeitigen Arbeitslosigkeit erzählt. Nachdem er mir in Fachchinesisch meine Rücken- und Hüftprobleme erklärt hatte, hob er auf meine persönliche Situation ab. Er fragte nach meinem Schulabschluss. „Sie sind als Altenpfleger geistig unterfordert. Machen Sie eine Ausbildung zum Pflegedienstleiter. Nehmen Sie keine zu lange Auszeit. Sie kommen sonst nicht mehr zurück in Ihren Beruf. Sie werden es nicht mehr schaffen. Das sagt die Statistik. Glauben Sie mir. Was wollen Sie denn sonst machen? Rufen Sie die Rentenversicherung an, denn die ist dafür zuständig. Lassen Sie es nicht schleifen. Natürlich bescheinige ich Ihnen, dass Arbeiten wie in der Pflege für Ihren Rücken Gift sind. Bis zur Rente wird es Ihr Rücken nicht durchhalten … Sie sprachen von Depressionen und Burnout. Gehen Sie zu einem Psychotherapeuten. Sie müssen sich entscheiden. Mehr Verantwortung übernehmen oder bis zur Rente buckeln und Popos wischen. Mir geht es doch nicht anders. Was wollen Sie denn sonst machen? Ein halbes Jahr – das sagt die Statistik … Ich meine es nur gut. Man muss sich ab und zu selbst in den Arsch treten.“
Ich hörte den Ausführungen des Arztes, die einer väterlichen Predigt ähnelten, geduldig zu, ohne großartig zu widersprechen. Mein Gott, der Typ war kaum ein paar Jahre älter als ich und sah aus wie Scheiße. Okay, er war nicht unsympathisch. Sicher meinte er es ehrlich. Ganz unrecht hatte er auch nicht. Versacken will ich schließlich nicht. Doch er weiß überhaupt nichts von mir – mal von den Röntgenbildern und den paar Sätzen, die ich ihm zu meiner Situation sagte, abgesehen. Soll er seine fuckin` Arbeit als Orthopäde machen!
Schön, das hatte ich also auch hinter mir. In meinem Kopf sausten die Gedanken hin und her.

Inzwischen läuft im TV die Verleihung des Friedensnobelpreises. Pakistanische Musiker spielen auf. Die Preisträgerin ist die 17-jährige Malala. Das honorige Publikum klatscht. Der liebe Gott lächelt. Die Welt zieht sich eine Maske der Gutmütigkeit und des Verständnisses über. Wir sind alle eine große Familie. Ich fühle mich an Festreden im Altenheim erinnert. Mir wird schlecht …

Sonntag, 7. Dezember 2014

TV-Tipp:

"Ein fürsorglicher Sohn", 1 Uhr 55, ARD

Samstag, 6. Dezember 2014

WARNUNG!!!


Erpressungstrojaner sperrt Computer

Die Betrüger haben das sehr gut aufgezogen - ich bekam einen ganz schönen Schrecken.
Nun läuft erstmal ein Scan, um evtl. Schadsoftware zu entfernen.
Wahnsinn, mit welchen perfiden Methoden und wie aggressiv die Verbrecher im Internet vorgehen!

Freitag, 5. Dezember 2014

TV-Tipp:

"Léon - Der Profi", ZDFneo, 22 Uhr 10

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Es bringt nichts


Die Baustelle hält an. In der Wohnung und vor der Tür. Seit drei Wochen. Die Handwerker lassen sich Zeit, und mein Vermieter zuckt mit den Schultern: „Sie haben doch gewusst, als das Haus verkauft wurde, was auf Sie zukommt.“ Nein, das wusste ich eben nicht. Er sagte in den Vorgesprächen, dass die neuen Fenster und die neue Eingangstür eine Sache von ein oder zwei Tagen wären.
Mittags stehle ich mich aus dem Haus, bevor der Verputzer kommt. Gestern war er gar nicht da. Also heute dasselbe Spiel – in der Hoffnung, dass etwas gemacht wurde, wenn ich am Abend zurückkomme. Nachmittags treibe ich mich fast täglich in der Stadt herum. Ich laufe die „Idiotenrennbahn“, wie die Eingeborenen die Fußgängerzone nennen, einmal rauf und runter und steuere ein paar Stationen an, d.h. Kneipen. Einige Stunden kann ich damit verbringen. Der städtische Trubel hängt mir schon zum Halse raus. Es weihnachtet sehr! Zum Kotzen …, aber was bringt`s, wenn ich mich darüber aufrege? Es bringt ebenso wenig, mich darüber zu echauffieren, dass der Verputzer nicht da war. Mein Blutdruck ist zu hoch. Mein Hausarzt schrieb mich die dritte Woche krank. So komme ich um die Termine von der Agentur für Arbeit herum, die mir regelmäßig ins Haus schneien. Altenpfleger werden gesucht – selbst wenn sie halb tot sind.
Menschen hasten auf der Idiotenrennbahn aneinander vorbei, mit Einkaufstüten behangen. Ich laufe im Zick Zack, um nicht zu kollidieren. Ich werde auch zum Idioten: Tunnelblick, die Hände in den Taschen vergraben, die Gesichtszüge verkniffen, der Blick auf die Uhr. Wer treibt mich nur so?
Der Himmel ist grau. Die feuchte Kälte findet ihren Weg durch die Kleidung. Ein klammes Gefühl. Nur in Bewegung bleiben. Ablenkung. Die Gedanken abgehackt. Mein Herz sei hyperkinetisch, meinte der Kardiologe. Nichts dramatisches. Nehmen Sie mal einen Betablocker. In geringer Dosierung … Blicke treffen mich wie Nadeln. Ich schieße Nadeln zurück. Ein gezwungenes Lächeln, dann und wann. Ich denke an meine Nachtdienste. Den Druck bin ich los. Nein, ich bin ihn nicht los. Noch nicht. Ich rudere herum, will mich frei strampeln. Scheiß auf die Agentur für Arbeit!
Ich weiß: Das Altenheim ist nur Teil eines viel größeren Sumpfes. Ein Happyend verbietet sich. Überall lauern die Kräfte, die mich herunterziehen. Ich biege von der Idiotenrennbahn ab in eine Gasse. „Petit Paris“ heisst das Bistro. Ich steuere einen freien Platz an, suche den Blick der Bedienung ...

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Born in the Asshole-World


In meinem letzten Beitrag schrieb ich überspitzt und platt von der Arschloch-Welt, ohne dies explizit zu erläutern. Ich wollte ihn als Glosse verstanden wissen.

Nun möchte ich einiges zur Begründung hinzufügen.
Natürlich ist mein Eindruck, dass die Menschen ohne Ausnahme Arschlöcher sind, in erster Linie subjektiv. Das bedeutet aber nicht, dass meine Einschätzung grundlos ist. Niemand will selbstverständlich als ein Arschloch gelten. Selbst die Menschen, welche unbestreitbar riesengroße Arschlöcher sind, werden sich wahrscheinlich nicht als selbige ansehen. Es liegt im Wesen des Menschen, dass er sein Handeln und seine Weltsicht nicht für arschlochmäßig sondern für gut und richtig hält - oder wenigstens für vertretbar. Alles hängt sich an der Frage auf, was gut oder schlecht ist. Theologen, Ethiker und Philosophen zerbrechen sich darüber nicht erst seit gestern den Kopf. Wir leben auf der Welt in kulturellen Wertemodellen. Einige ähneln sich, und andere stehen geradezu divergent, beinahe unvereinbar zueinander. Jeder Vertreter eines dieser Wertemodelle will Recht haben. Es ist egal, ob es um Religionen oder Ideologien geht. Immer werden Reibungskräfte zwischen den unterschiedlichen Meinungsführerschaften entstehen, welche früher oder später in Kriege münden, wenn Politik und Diplomatie versagen. Ich denke, dass dies im Kleinen wie im Großen gilt. Man muss nicht gleich an Konflikte zwischen Staaten denken. Der Segen kann nur im Kompromiss liegen, vorausgesetzt man ist an einer friedvollen Welt interessiert. Und nun kommt das Arschloch ins Spiel. Die Menschheitsgeschichte lässt mich an der Vernunftbegabung des Menschen stark zweifeln. Die Entwicklung der Vernunft erscheint mir als ein evolutionärer Prozess. Rein intellektuell sind wir schon lange dazu fähig, die Logik der Vernunft zu begreifen, aber in der Umsetzung sind wir nach wie vor Arschlöcher. Gewisse Fortschritte will ich nicht leugnen. Gerade Wissenschaft und Technik verhalfen dem Menschen zu gerechteren und zivilisierteren Gesellschaftssystemen. Auf der anderen Seite werden wir aber immer abhängiger von der Technik – wir sind informierter und doch in vieler Hinsicht unmündiger. Zudem zollen der zunehmende Wohlstand und Konsum ökologisch ihren Tribut. Vernunft ist mehr denn je gefragt, wenn wir den kommenden Generationen eine bewohnbare Erde hinterlassen wollen.
Wir alle verhalten uns aber im Alltag wie Arschlöcher. Mehr oder weniger. Wir fahren immer größere Autos; wir wollen auf Bequemlichkeiten nicht verzichten (ich meine die vielen technischen Applikationen im Haushalt etc.); wir sind gnadenlose Egoisten (wie gesagt: mehr oder weniger); wir fressen die billigen Nahrungsmittel, ohne uns darüber Gedanken zu machen, warum sie so günstig sind; dasselbe gilt für die Textilien, die wir kaufen; wir ergeben uns Jahr für Jahr dem weihnachtlichen Konsumrausch, der dem eigentlichen Weihnachtsgedanken diametral entgegensteht … Es ließen sich noch viele arschlochmäßige Verhaltensweisen aufführen. Jeder weiß es selbst, wenn er ehrlich ist, wo er als Arschloch in einer Arschloch-Welt eingebunden ist.
Ich wirkte über viele Jahre in dem Arschloch-System der Altenpflege mit. Schließlich hielt ich das Spagat zwischen meinen Ansprüchen und Vorstellungen und der Wirklichkeit im Betrieb nicht mehr aus. Am Meisten kotzte mich die Doppelmoral an, die besonders bei den Oberarschlöchern ausgeprägt ist.
Werden wir vielleicht alle bereits als Arschlöcher geboren? Ich weiß es nicht. Aber die Welt verlangt uns früher oder später ein Arschloch-Verhalten ab. Diejenigen, die etwas in ihrem Leben erreichen wollen, machen es sich zum Geschäftsmodell. Der Kapitalismus zieht Arschlöcher besonders gut an. Ebensolche Sammelbecken für Arschlöcher bieten alle Schwarzweißmalereien religiös oder ideologisch. Dort entstehen regelrechte Arschloch-Schulen.

Wem der hier verwendete Begriff Arschloch nicht gefällt, kann ihn ersetzen durch z.B. „Idiot“ oder „Zombie“. Ich finde, dass „Arschloch“ gut zusammenfasst, was ich meine.
Gott vertrieb Adam und Eva aus dem Paradies. Er hatte seine Gründe.

Dienstag, 2. Dezember 2014

Der Arsch der Welt ist überall


Die Welt leidet unter dem Arschloch-Syndrom. Wir sind ihm ausgeliefert. Gleichsam als Opfer und Täter. Sowieso sind wir alle mit unserem ganz persönlichen Arschlochsein konfrontiert. Ich schaue ungern in Spiegel. Aber das ist Geschmackssache. Am Schlimmsten sind die Ober- und Spitzenarschlöcher. Es scheint ein Wettbewerb unter ihnen stattzufinden. Völlig grenzenlos. Egal wo. Ich möchte nicht überall Arschlöcher sehen. Sie nehmen mir die Luft. Mein Ruhepuls erhöht sich, und mein Blutdruck steigt. Wieso sind diese Arschlöcher so krampfhaft bemüht, noch größere Arschlöcher zu werden? Ich finde keine Antwort.
Ich will gar nicht speziell auf Arschlochthemen wie Religion, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft abheben. Ein paar Minuten Nachrichten im TV reichen aus. „Ich bin zu alt für so`nen Scheiß.“ Diese Welt macht einen müde. Es hört nicht auf. Neue Menschen erblicken jeden Tag das Licht der Welt. Willkommen in der Arschlochkultur! Der Wettlauf beginnt.

Und nun Weihnachten. Das Arschloch-Spitzenereignis am Ende jeden Jahres. Es ist gerade so, als würde die Welt an Weihnachten die Pobacken besonders weit spreizen. Schaut nur genau hin!

Freitag, 28. November 2014

TV-Tipp:

"The Big Lebowski", 2 Uhr 35, ZDF

ein literarisches Tagebuch

Kontakt



User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

alien-lösung? da ging...
alien-lösung? da ging was an mir vorbei. ist aber eh...
bonanzaMARGOT - 17. Nov, 13:08
richtig. ich dachte nur,...
richtig. ich dachte nur, dass ich es meinen lesern...
bonanzaMARGOT - 17. Nov, 13:05
Wo ist denn das Problem?...
Wo ist denn das Problem? Durch die „Alien-Lösung” von...
C. Araxe - 7. Nov, 22:06
Wenn du ohnehin eine...
Wenn du ohnehin eine neue Blogheimat gefunden hast...kann...
rosenherz - 2. Nov, 13:51
Liebe Leser(innen)
Dieser Blog ruht fortan. Leider ist die Resonanz hier...
bonanzaMARGOT - 02. Nov. 19, 13:39
Zu den Rubriken (3)
28.10.2016 - ... 2019 - Reisen Back from Greifswald Aufgefangen Let zter...
bonanzaMARGOT - 14. Sep. 19, 08:36

Archiv

April 2024
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 

Neues in boMAs prosaGEDICHTE-Blog

Suche

 

Extras



prosaGEDICHTE (... die Nacht ist gut für die Tinte, der Tag druckt die Seiten ...)

↑ Grab this Headline Animator


Von Nachtwachen und dicken Titten

↑ Grab this Headline Animator



Status

Online seit 6062 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09