Sonntag, 12. Juli 2015

Zu echt, um echt zu sein


Manche Nacht träume ich derart intensiv, dass ich im Schlaf spreche. Damit erschrecke ich meine Partnerin – es muss sich gruselig anhören – ich selbst wache davon auf. Mein Empfinden schwankt zwischen Verblüffung und leichtem Horror. Für ein paar Momente durchbrach ich die Grenze zwischen der Wach- und der Traum-Welt. Dieser Umstand fasziniert mich mehr als der Inhalt des jeweiligen Traumes, und mehr als dieses schaurige, eigentümliche Gefühl bleibt auch nicht übrig.
Im Großen und Ganzen überlasse ich mich gern meinen Träumen…
Vielleicht sind Geistererscheinungen nichts anderes als sehr intensive Träume der Toten – dieser Gedanke kam mir vor Kurzem. Ich glaube nicht an Geister, aber es muss eine Dimension über oder unter der unsrigen, der Wach-Welt, geben. Oft erscheint mir alles auf eine geheimnisvolle Weise beseelt und miteinander verbunden. Nicht nur wir Menschen – es betrifft alle Dinge, die ich wahrnehme…
Ich kann mich nicht für ein 100%ig rationalistisches Weltbild entscheiden.

Der Wind rauscht durch das Laub der Bäume. Ich öffnete das Fenster, als ich nach Hause kam. O ist mit alten Bekannten verabredet. Der Nachbar, der über uns wohnt, ein Pole, klingelte unerwartet an der Wohnungstür. Er brachte ein Glas Gurken und eine Tomate vorbei. Er ist so ziemlich der einzige Nachbar, mit dem ich bisher ein paar Worte wechselte. Zu den Gurken sagte er „Selbstgemacht!“, und die Tomate hielt er mir vor die Nase, „Riechen Sie mal!“ Ich nahm die Sachen aus Höflichkeit entgegen, und er erklärte mir, wo er sein Geschäft hat.
„Und fühlen Sie sich schon als Berliner?“ fragte er abschließend.
Ich wollte erst positiv antworten, aber dann sagte ich: „Weiß nicht – wann fühlt man sich als Berliner?“
Er lachte, er stand dicht vor mir in der Tür, und ich roch seine Knoblauchfahne…

Inzwischen brachte ich den leeren Bierkasten zum nahen Spätkauf und holte einen neuen. Ich transportierte die Kästen auf dem Fahrrad, das ich die wenigen Meter schob. Erst mal ein paar Flaschen in den Kühlschrank gestellt. O. ruft mich an, wenn sie fertig ist. Es ist ein warmer, schwüler Tag. Der Himmel ist wie mit einem schmutzigen Bettlaken bezogen. Die Sonne spielt Blinde Kuh. Vorhin fielen ein paar Regentropfen. Ich warte darauf, dass das Bier kalt ist und höre Blues…

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