Mittwoch, 11. Dezember 2013

4:1


Es lief darauf hinaus, dass ich mich für mein unangemessenes Verhalten auf dem Betriebsfest entschuldigen sollte. Darum extra eine Besprechung. Man sagte mir vorher nicht, worum es gehen würde. Ich war der Gegenstand – mehr musste ich nicht wissen - den Rest konnte ich mir denken. Aber natürlich grübelte ich Tag und Nacht und malte mir aus, wie ich den Chefs am Besten meine Meinung sagen könnte.
Als ich kam, lag Nebel um den Bergkamm, wo das Altenheim steht. Ich glaube, sie warteten schon auf mich. Oberchef und Chef begrüßten mich sogleich.
„Haben Sie den Nebel mitgebracht?“ fragte der Oberchef.
„Nein.“ Pause. „Ich glaube, es wird deutlich, wie hoch das Altenheim doch liegt.“
Ich sollte schon mal vorgehen. Kein Problem. Es gab sowieso kein Zurück mehr.
Kurze Zeit Später saßen wir da.
4:1.
Der Oberchef, der Chef (respektive Heimleiter), der Pflegedienstleiter, ein Kollege von der Mitarbeitervertretung und ich – der Gegenstand.
Ich will hier nicht auf die Einzelheiten des Gesprächs abheben. Logischerweise befand ich mich in der Defensive. Die meiste Kritik an meinem Verhalten brachte der Heimleiter vor. Ich wollte nicht widersprechen. Erst als angemerkt wurde, dass einige Kollegen und Kolleginnen (angeblich) äußerten, sie hätten an jenem denkwürdigen Abend Angst vor mir gehabt, bzw. ich hätte sie angeblich verbal beleidigt, kräuselte sich meine Stirn. Sie kräuselte sich erheblich …
Sogar der Kollege von der Mitarbeitervertretung, der gar nicht auf dem Fest war, bestätigte die Aussagen meiner Chefs. (Sie nannten freilich weder die Namen der Kollegen oder Kolleginnen, die sich von mir dumm angemacht fühlten, noch sagten sie mir um welche Beleidigungen es ging. Ich sollte also mehr oder weniger zugeben, dass ich betrunkener Weise all diese Sachen, die sie nicht nannten, sagte - was aber selbst dann, wenn ich betrunken bin, nicht mein Stil ist.)
Darum 4:1. Das war die Lage. Ich hatte kaum Zeit, mir irgendeine Strategie auszudenken. Offensichtlich war ich mir nicht klar darüber, wie ich auf meine Mitmenschen wirke, wenn ich dann mal so bin, wie ich bin. Also ohne Maske. Alkohol hin oder her. Mir blieb nichts anderes übrig, als diese Farce bzw. dieses Spiel mitzumachen. Ich konnte weder leugnen noch zugeben, was mir vorgeworfen wurde. Da ich ein netter Mensch bin – wirklich! - entschuldigte ich mich bei der (neuen) PDL und dem Heimleiter. Danach war die Geschichte auch für den Oberchef gegessen.
Sie meinten, ich müsse nun meinen Ruf im Altenheim wiederherstellen … hmmm …, also gegenüber meinen Kollegen und Kolleginnen. Nicht gegenüber den Alten. „Gott sei Dank erlebte sie keiner der Bewohner so“, sagte der Heimleiter noch.
Man kann die Heuchelei auf die Spitze treiben. Ich glaube an mich. Und ich glaube, dass niemand vor mir wirklich Angst haben muss. Die Alten am wenigsten.
Die neue und die alte PDL, der Kollege von der Mitarbeitervertretung und ich standen nach dem Gespräch noch eine kleine Weile auf der Terrasse im Nebel. Sie rauchten. Ich wünschte der alten PDL einen guten Ruhestand …
Ich lief hinunter zur Bushaltestelle.

Inzwischen überlegte ich mir, dass ich zur Entschuldigung zwei Pralinenschachteln kaufe, eine für jede Station, dazu eine Karte, auf der ich mich für mein unmögliches Benehmen auf dem Betriebsfest entschuldige. Ich bastele noch an dem genauen Wortlaut.
Ach ja, und was die Pralinen angeht – Arsen?

Mittwochs-Weisheit

Ich gehe nie wieder auf ein Betriebsfest.

ein literarisches Tagebuch

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