Freitag, 27. Mai 2011

Vier


Wird nun der Kachelmann verurteilt oder nicht? Fliegen wir auf den Mars? Pläne dazu gibt es. Die Erde wird kleiner und kleiner. Unschuldige und schuldige Prominente schwitzen Geld, und die Mediengeier schwirren im Blitzlichtgewitter um sie herum. Ich wäre sofort dabei, wenn ich mit auf den Trip zum Mars dürfte. Das Leben kommt mir oft vor wie ein Kaugummi, das wir schon zu lange im Mund haben, - nur noch lustlos drauf rumkauen. Aber es auszuspucken, trauen wir uns nicht. Lieber bilden wir uns ein, wie wunderbar es doch noch schmeckt. Die Erde ist eine Schöne vom Weltraum aus betrachtet. Sie ist wie eine Prinzessin im All. Aber hier unten, kaum zu glauben, ist dieser ganze Mief, den wir Menschen verbreiten. Dabei nehmen wir für uns in Anspruch, die klügsten Lebewesen zu sein, - die Krönung der Schöpfung.
Ich habe fünf Nächte im Altenheim hinter mir. Ich bin erschöpft. Ich kämpfe mit den Alten, die in ihren Betten liegen, um sie sauber zu kriegen, ihnen eine frische Windel anzuziehen. Sie verstehen überhaupt nicht, was ich will und wehren sich. Nicht alle, aber einige machen mir meine Arbeit sehr schwer. Am liebsten würde ich manchmal davonrennen, wenn sie kotverschmiert in ihren Betten liegen und mich mit großen Augen anschauen ...
Ja, es ist mein Job. Ich will nicht rumjammern. Bringt eh nichts. Es wäre halt schön, wenn ich bei den schwierigen Fällen ein Paar helfende Hände zur Seite hätte. Aber die sind für den Altenheimbetreiber zu teuer. Toll. Wir sollen einfach hinnehmen, dass das Leben grausam ist, und nach außen gute Miene zum bösen Spiel machen.
Ich spucke das Kaugummi aus. Ich weiß, warum ich aus der Kirche austrat, - nicht an den Gott glaube, den diese Pharisäer anbeten. Da bleibe ich lieber im Ungewissen. Nein, nein, nicht mißverstehen, - ich bin auch kein Engel. Nach fünf Nachtwachen allein wird man leicht überempfindlich und ungerecht. Die Nerven sind erschöpfter als der Körper.
Ich stelle mir vor, dass ich mit zum Mars fliege. Ich winke der Prinzessin Erde, als wir am Mond vorbeirauschen. "Wie schön du bist", sage ich und schicke ihr eine Kusshand zum Abschied.

ein literarisches Tagebuch

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