Dienstag, 12. Oktober 2010

Patientenverfügung


Sich mit dem eigenen Tod und Sterben zu beschäftigen, ist schon ein recht mulmiges Gefühl. Ich druckte mir eine Patientenverfügung sowie Vorsorgevollmachten für Gesundheit und Betreuung aus. Die Sonne scheint zu mir ins Zimmer, und vor mir auf dem Schreibtisch liegen die Formulare: Erstens, Zweitens, Drittens usw. - ich überfliege die Punkte und fühle mich leicht gestresst von dem Juristen-Deutsch. Wieso ist alles so kompliziert, wo es doch nur um einen Akt der Menschlichkeit gehen soll? Ja, ich weiß, es dient der Absicherung für beide Seiten - da sind die behandelnden Ärzte - und ich, der nichts mehr äußern kann ... wegen schwerer Krankheit oder Unfall.
Ich frage mich, ob es überhaupt einen Menschen gibt, der auf alle Fälle am Leben erhalten werden will. Viel praktischer und ethisch sinnvoller wäre es doch, dass jene eine Patientenverfügung ausstellen sollten, die auf Teufel komm raus künstlich beatmet, ernährt und gepflegt werden wollen.
In gewisser Weise steht für mich die Welt auf dem Kopf, wenn ich diese "toten Formulare" ausfüllen muss, damit ich mir ein leichtes Sterben, bzw. einen gnädigen Tod erhoffen kann.

Ein schöner Oktobertag ist heute. Am Abend geht es zurück ins Altenheim. Ich werde die Nacht ganz nah an den alten Menschen verbringen, die einer nach dem anderen vom Sensemann abgeholt werden. Es liegt nicht mehr viel Zeit vor ihnen. Einige leben durch Alzheimer bereits in einer anderen Welt, zu der ich kaum noch vordringe; - werden künstlich ernährt und können nichts mehr selbst machen, außer die Augen jeden Tag wieder zu öffnen. Vielleicht wundern sie sich auch ..., - wie ich, der ihnen die Windeln wechselt und sie alle paar Stunden im Bett lagert. Wir schauen uns an und sind beide hilflos.

Ich lege den Stapel Blätter von Patientenverfügung und Vollmachten in mein Regal - unausgefüllt - und schaue zu, wie in der Nachmittagssonne der Staub auf sie herab rieselt.


Zur Patientenverfügung

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