Mittwoch, 24. Dezember 2008

Zwei Weihnachtsgedichte

1


weise weihnacht


es starb niemand
an weihnachten 2002
ansonsten war alles wie immer
süßigkeiten standen auf den nachttischen
und manche altenheimbewohner kotzten
schokoladensoße
ich selbst aß eine menge kekse
und hörte die weihnachtswünsche
meiner kolleginnen
cool
wie immer
nach 6 nächten hatte ich die schnauze
gestrichen voll, und
kurz vor feierabend hatte der typ in
zimmer 128
durchfall
und die scheiße stand ihm bis zum
genick
wir wuschen ihn, zogen ein neues laken
aufs bett
ich bin müde nach diesen feiertagen
wie ich immer müde bin
der mann, der nicht mehr ins krankenhaus
sollte, überlebte die nacht
er hatte aspiriert
und schrie die ganze nacht trotz
beruhigungsmitteln
ich sagte zu meiner kollegin:
„stelle endlich den sauerstoff ab!“
er belüftet sich selbst
und er stirbt mit sicherheit nicht vor
seinem 90sten geburtstag
eine andere bewohnerin weinte
seit 2 wochen jede nacht, weil sie ein
kribbeln in den beinen verspürte
sie verlangte nach bonbons
und nach einem marmeladebrot, das ich ihr
richtete
sie sagte: „danke felix“
woher kannte sie meinen
namen?
jede tür birgt ein anderes geheimnis
hinter jeder tür treffe ich einen
menschen
das wird immer so bleiben
weihnachten hätten wir uns im altenheim
sparen können
liebe menschen, seid ihr euch dessen bewusst?
seid einmal ehrlich zu euch
gebt euch eine chance
wir haben nur dieses eine leben



(27.12.2002 21:12 von boma)



2


Fröhliche Weihnacht 2005


ab heute gehe ich in den Hungerstreik
als Protest gegen die Weihnachtsvöllerei
und die Verlogenheit des alljährlich
praktizierten Schenkens
sage ich das?
mir wäre danach
ein Jahr lang wollte ich hungern
bis zur nächsten Weihnacht
aber ich mache mir da keine Illusionen
bevor ich zum Schatten würde
würde ich zwangsernährt
wie man es mit den Alten tut
wenn sie sterben wollen
auf Gedeih und Verderb müsste ich
noch ein paar Weihnachten miterleben
wenn auch in einer elend langen
Agonie
am Rande des Wahnsinns
während der Wahnsinn in der Welt
fröhlich Karussell fährt, und nur wenige
versuchen abzuspringen
ich wünsche mir, daß ich in dieser Welt
nicht alt werde
ich habe sie satt
die Menschen, die in ihren goldenen
Käfigen rumflattern und sich bemitleiden
sie wollen die Freiheit nicht
wer weiß, was sie da draußen erwartet
sie bauen sich ihre Gefängnisse selbst
und führen sie voller Stolz vor
sie sind Angsthasen
am liebsten würden sie sich gegen den Tod
versichern
ich liebe den Tod
den großen Gleichmacher
ich finde es beruhigend, daß diese ganzen
Schreihälse sterben werden
mein Gott ist Nihil
ich bin satt von der Welt
noch ein paar Bier
heute
mich noch mal um den Verstand ficken
dann in Lethargie verfallen
bis nächste Weihnacht keine feste Nahrung
anrühren
falls ich das überlebe
wenn nicht
wünsche ich euch schon jetzt eine
fröhliche Weihnacht 2005



(26.12.2004 11:13 von boma)

ein literarisches Tagebuch

Kontakt



User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

alien-lösung? da ging...
alien-lösung? da ging was an mir vorbei. ist aber eh...
bonanzaMARGOT - 17. Nov, 13:08
richtig. ich dachte nur,...
richtig. ich dachte nur, dass ich es meinen lesern...
bonanzaMARGOT - 17. Nov, 13:05
Wo ist denn das Problem?...
Wo ist denn das Problem? Durch die „Alien-Lösung” von...
C. Araxe - 7. Nov, 22:06
Wenn du ohnehin eine...
Wenn du ohnehin eine neue Blogheimat gefunden hast...kann...
rosenherz - 2. Nov, 13:51
Liebe Leser(innen)
Dieser Blog ruht fortan. Leider ist die Resonanz hier...
bonanzaMARGOT - 02. Nov. 19, 13:39
Zu den Rubriken (3)
28.10.2016 - ... 2019 - Reisen Back from Greifswald Aufgefangen Let zter...
bonanzaMARGOT - 14. Sep. 19, 08:36

Archiv

Dezember 2008
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 2 
 3 
 4 
 5 
 7 
 8 
10
12
13
15
16
17
18
19
20
22
23
25
26
27
28
31
 
 
 
 
 

Neues in boMAs prosaGEDICHTE-Blog

Suche

 

Extras



prosaGEDICHTE (... die Nacht ist gut für die Tinte, der Tag druckt die Seiten ...)

↑ Grab this Headline Animator


Von Nachtwachen und dicken Titten

↑ Grab this Headline Animator



Status

Online seit 6063 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09