Sonntag, 14. Dezember 2008

Irgendwas fehlt mir heute



Die Beißer fischte ich in der Nacht aus einem Papierkorb und drapierte sie kunstvoll mit einer Scheibe Toast für den Tagdienst.

Wo sind wir geblieben?


Heute Nacht zählten meine Kollegin und ich, wir sind etwa gleichaltrig, die Fernsehserien auf, die wir in unserer Kindheit und Jugend gern sahen und im laufenden Programm vermissen. Wir waren einer Meinung: Es flimmert so viel Schotter über die Kanäle, da könnten doch die Fernsehmacher öfter mal wieder gute alte Sachen ausgraben. Das TV kann inzwischen auf einige Jahrzehnte Geschichte zurückblicken, in denen sich einige Highlights ansammelten - im Vergleich zur heutigen Dutzendware immer noch sehenswert. Technische Professionalität kann Originalität und Phantasie nicht ersetzen. Okay, nicht alles ist Müll, was heute produziert wird, aber die Qualität verlor doch augenscheinlich gegen die Quantität. Schade, dass sich Marcel Reich Ranitzky bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises vor ein paar Wochen derart zum Affen machte, dabei hatte er völlig recht. Seine Kritik wurde vom Medienmoloch ausgeschlachtet und geschluckt. Er wurde selbst Opfer der TV-Fastfood-Mentalität. Aber was soll`s.
Meine Kollegin und ich hatten Spaß daran, in der Erinnerung an die ganzen alten Serien zu schwelgen, die sich mit einem ganzen Lebensabschnitt für uns verbinden - damals, als die Welt noch überschaubar war, insbesondere das Fernsehen: Drei Programme und ein Funkbild während der Nacht.
"Erinnerst du dich noch an "Die Leute von der Shiloh Ranch?" fragte ich meine Kollegin, "Trampas war meine Held. Und natürlich Little Joe bei Bonanza."
Sie lachte und sagte, dass ihr am Besten "Tarzan" gefiel, gespielt von Johnny Weissmüller.
Die einzige Serie, die später bis zum Erbrechen weiterlief, war "Raumschiff Enterprise". Wir freuten uns als Kinder schon im Voraus, wenn im Vorabendprogramm "Daktari" anstand oder "Rauchende Colts". Das war ein ganz anderer Fernsehgenuss.
"Oder erinnerst du dich an "Ein Herz und eine Seele?". Dieter Krebs startete damals seine TV-Karriere. Was war das für eine Zeit?" Wir schauten andächtig. Es hatte sich in den letzten vier Jahrzehnten eine Menge getan. "Verrückt", meinte ich. Meine Kollegin nickte.
"Nicht jeder Fortschritt ist wirklich ein Fortschritt."

Zwischen den Rundgängen saßen wir im Aufenthaltsraum der Station und zappten durch die Fernsehkanäle. Es kam wirklich viel Mist. Ich glaube, es ist leichter, sich an den Niveauzerfall zu gewöhnen als umgekehrt. Die Entropie schlägt in der Welt voll zu. Alles zerfällt irgendwie. Die Alten liegen in ihren Betten und warten, dass sie abgeholt werden. Manchmal zählen wir die Verstorbenen auf, die uns noch einfallen und wundern uns, wie viele es wurden - über die Jahre. "Kannst du dich noch an Frau M. erinnern? Oder Herrn H., der unten in Zimmer 17 lag?"
"Mein Gott, ja ..."
Und wie bei den alten Fernsehserien fallen uns noch eine Menge Bewohner ein, die von der endlosen schwarzen Nacht verschluckt wurden, die aber noch in unseren Köpfen und Herzen herumspuken.

"Ich würde gern wieder ein paar Folgen "Bonanza" sehen."
"Und ich "Die kleinen Strolche", entgegnete meine Kollegin.
"Oder "Dick und Doof."
""Die Adams Family"".
Wir lachten. Die Nacht ging in die zweite Kurve. Es war eine kalte Mondnacht. Die Erinnerungen wärmten uns.

ein literarisches Tagebuch

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